Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)
billig, wenn dieser Nicolás das Desaster kostenlos beheben würde. Stattdessen ist er so blöd, diesem Pfuscher ein Hintertürchen zu öffnen.
»Wie gesagt, ich würde dafür diese Jungs dazuholen, die von der anderen Produktionsfirma. Ich denke, mit tausend, tausendfünfhundert sind wir dabei.«
»Wie viel?!«
»Ich stell dir gar nichts in Rechnung, nur damit das klar ist. Aber die Jungs wollen natürlich Kohle sehen.«
Fernando schluckt. Atmet tief durch. Denkt nach. Und wenn es wieder nicht hinhaut? Aber er ist so verzweifelt, dass er sich darauf einlässt. Sie verabschieden sich und legen auf. Fernando wendet sich wieder der Klassenarbeit von Murúa zu. Er muss nur die ersten Antworten lesen, um zu wissen, dass Vallejo – oder Vallejos – im Vergleich zu Murúa im Reich des Wissens ein Gigant ist.
Nationale Technische Universität
Eigentlich wollte sich Mono an der Universität von Buenos Aires in Ingenieurswissenschaften einschreiben, aber der Zug, in den er und Ruso in Castelar einstiegen, kam nur bis Liniers. Als sie den Bahnsteig entlanggingen, wurde über Lautsprecher verkündet: »Verspätung aufgrund eines schweren Unfalls am Bahnhof Floresta.« Ruso schlug vor, nach Castelar zurückzufahren, aber Mono wollte an diesem Tag unbedingt ein Erfolgserlebnis, also fragten sie an einem Kiosk nach dem richtigen Bus. Als der Bus die Primera Junta hinter sich gelassen hatte und gerade in die Rosario einbog, schlug Mono eine weitere berufliche Pirouette. Entschuldigungen murmelnd kämpfte er sich bis zur Tür und stieg aus, bevor die Ampel auf Grün sprang. Wohl oder übel folgte ihm Ruso.
»Mann, welche Tarantel hat dich denn jetzt schon wieder gestochen?«, fragte Ruso, während er seine Kleidung zurechtzog.
»Ich werde hier studieren, an der Technischen.«
»Wollten wir nicht zur UBA ?«
»Ja, aber mir ist egal, wo ich studiere. Und Systemingenieur, das gibt’s hier bestimmt auch.«
»Woher willst du das wissen?«
»Sagt doch schon der Name: Nationale Technische Universität.« Mono zeigt auf das Schild über dem Eingang. »Was soll man hier sonst studieren können? Gastronomie?«
Ruso blieb nichts anderes übrig, als sich dieser eisernen Logik zu beugen. Nachdem Mono also Ruso für seine Sache gewonnen hatte, schrieb er sich für den Studiengang Systemanalytiker ein. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er nur einmal mit Computern zu tun gehabt, wie ihn Fernando an jenem Abend, als Mono und Ruso die anderen auf den neuesten Stand brachten, voller Skepsis erinnerte: als er in der Spielhalle SACOA in Mar del Plata alle elektronischen Spiele durchprobiert hatte. Doch zu seiner eigenen und auch aller anderen Überraschung machte Mono mit achtundzwanzig tatsächlich sein Ingenieursdiplom.
11
Bevor Mauricio anklopft, kontrolliert er im Spiegel, ob der Knoten seiner braunen Krawatte richtig sitzt und ob das ebenfalls braune Taschentuch in der oberen Sakkotasche schön gefaltet ist. Mariela hatte Recht: Es war eine gute Idee, Krawatte und Taschentuch aufeinander abzustimmen. In diesen Dingen hat seine Frau einen untrüglichen Geschmack. Er vertraut ihr blind. Umgekehrt hält sie es genauso, auf Gebieten, die er weniger trivial findet als Kleidung. Sie ergänzen sich gegenseitig, und darin liegt das Geheimnis einer guten Ehe. Bereiche, Sphären, Zuständigkeiten: Wenn man die schön auseinanderhält, vermeidet man unnötigen Streit.
Er klopft an und horcht. Die Antwort lässt auf sich warten. Er zögert. Soll er noch mal anklopfen, auch auf die Gefahr hin, übereifrig zu wirken? Oder soll er abwarten, was womöglich verzagt rüberkommt? Vielleicht hat Williams es auch einfach nicht gehört. Schwierig.
»Herein«, sagt Williams schließlich, und Mauricio ist froh, dass er gewartet hat.
»Guten Tag, Humberto.«
»Komm rein, Mauricio.« Williams fordert ihn auf, Platz zu nehmen, aber seine Geste hat wie immer etwas Träges, als wollte er sie mit dem geringstmöglichen Aufwand ausführen, mit einem Minimum an Energie, nur so viel, dass sie gerade zustande kommt. »So dringend ist es nun auch wieder nicht.«
Mauricio setzt sich, zieht leicht an seiner Hose, damit sie keine Falten wirft, und schlägt die Beine übereinander, sorgfältig darauf bedacht, es sich nicht wirklich bequem zu machen. In diesem Büro darf es sich nur einer bequem machen, und das ist Williams.
»Möchtest du einen Kaffee?«, sagt Williams und drückt den Knopf der Gegensprechanlage. »Elena, zwei Kaffee, meiner wie immer, und für
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