Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)
Einige seiner Freunde schafften den Sprung in den Profikader, und er, der ohne Ball viel intelligenter war als mit, hatte die glorreiche Idee, ihnen bei ihren ersten Verträgen zu helfen. Er nutzte aus, dass er mit seinen blonden Haaren und seinem Engelsgesicht wie ein liebenswerter Idiot wirkte. Und kaum hatte er drei oder vier passable Verträge ausgehandelt, war er bereits Spielerberater. Von da an ging es steil bergauf. Nach einigen glänzenden Abschlüssen war er endgültig im Fußballolymp angelangt, und in den folgenden sechs oder sieben Jahren kurvte er mit Autos und Motorrädern durchs Viertel, die man in Castelar Süd bis dahin nur auf Fotos gesehen hatte. Begleitet wurde er normalerweise von kurvenreichen Schönheiten, die man bis dahin ebenfalls nur auf Fotos gesehen hatte, auf Fotos anderer Art allerdings. In der Clique unterhielten sie sich ab und zu darüber. Fernando, zum Beispiel, fand es merkwürdig, dass Salvatierra bei all der Kohle, die er scheffelte, so viel in einem Viertel rumhing, in dem die Häuser niedrig und die Hausfrauen ängstlich waren. Mauricio war der Meinung – und die anderen schlossen sich ihm bald an –, dass Polaco nur hier, in seinem Viertel, seiner Erfolgsstory epische Größe verleihen konnte. An jedem anderen Ort war er ein junger Typ, der viel Geld für luxuriöse Autos und teure Frauen ausgab. Mehr nicht. Aber innerhalb der vier Blocks, die sein Viertel bildeten, erinnerten sich noch alle an das unscheinbare Haus, in dem er aufgewachsen war, an die dröhnende Stimme seiner Mutter, an sein Billigfahrrad ohne Bremsen und Schutzblech, das er selbst dann noch fuhr, als es ihm längst zu klein geworden war und er darauf aussah wie ein Riesenbaby. Es war dieser Vergleich, der ihn zur Legende machte. Mauricio war sich sicher: Salvatierra kehrte einzig und allein deshalb so oft ins Viertel zurück, weil er nur hier zur Schau stellen konnte, wie weit er es gebracht hatte.
Dann plötzlich, quasi über Nacht, verschwand Salvatierra. Im Viertel ging man davon aus, dass er immer noch Fußballer managte, und tatsächlich tauchte sein Name von Zeit zu Zeit im Zusammenhang mit einem Transfer ins Ausland auf oder mit einem Konflikt zwischen einem Spieler und seinem Club. Doch eines Morgens meldeten die Nachrichtensender, dass Salvatierra in Haft saß. Angeblich war er Teil einer Bande, deren Vergehen von Drogenhandel bis Autodiebstahl reichten, mit vielen Abstufungen dazwischen. Im Laufe der Monate änderte sich die Story immer wieder, drehte sich im Kreis, kehrte an ihren Ausgangspunkt zurück, bis sie sich schließlich erschöpft hatte. Zwei Jahre nach dem Skandal wurde Salvatierra wieder auf freien Fuß gesetzt, aber da war er nur noch ein Schatten seiner selbst. Um seine Anwälte zu bezahlen, hatte er seine Autos und Motorräder verkaufen müssen. Seine Frauen hatten ihm alle den Laufpass gegeben, ebenso seine Kunden aus der Welt des Fußballs.
Mono traf ihn irgendwann in der Metzgerei, wo sie sich mit dem Unbehagen zweier Menschen begrüßten, die vor langer, langer Zeit der gleichen Welt angehört hatten. Sie plauderten ein bisschen über dies und das, während der Metzger Schnitzel aus der Oberschale schnitt, schön dünn, so, wie Salvatierras herrische Mutter es gern haben wollte. Über Umwege kamen sie auf seine frühere Tätigkeit zu sprechen. Taktvoll vermied Mono das Thema Gefängnis, und Salvatierra dankte es ihm, indem er ihm von seinen spektakulärsten Deals erzählte und einige pikante Details aus dem Leben berühmter Spieler zum Besten gab. Die beiden Querstraßen bis zum Haus der Spanierin legten sie noch gemeinsam zurück, gaben sich dann die Hand und vereinbarten, sich bald mal wieder zu treffen.
14
Nach zehn Monaten vergeblicher Mühe entschließt Fernando sich zu einer totalen Kehrtwende. Es reicht. Er hat die Nase voll von schlecht gekleideten und noch schlechter gepflegten Typen, deren Scheitern, deren Unfähigkeit und Unlust ihm geradezu entgegenschreien.
Nein danke. Er muss noch mal von vorn anfangen. Jetzt, wo er abgehärtet ist, wo er das Timing beherrscht, die Kriegslisten kennt, die möglichen Fallen, muss er wieder zurück auf Start und an die großen Türen klopfen, muss die entscheidenden Leute dazu bringen, ihm aufzumachen. Schließlich bietet Fernando keine Gammelware an, so wie die anderen. Fernando hat Mario Juan Bautista Pittilanga unter Vertrag. Einen Jungen im besten Alter. Einen Stürmer, der in der C- und B-Jugend Tore wie am Fließband
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