Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)
damit er nicht aufstehen muss. »Wenn ihr mich fragt, ist dieser Prieto ein totaler Langweiler.«
»Stimmt. Aber die Leute mögen seine Sendung. Auch wenn es kaum zu glauben ist«, erwidert Fernando.
»Moment, Moment, von Fußball hat er wirklich Ahnung«, mischt sich Ruso ein.
»Ach was.«
»Doch, Fer. Er mag zwar ekelhaft sein wie eine Riesenkakerlake, aber er hat Ahnung.«
Fernando macht eine abschätzige Handbewegung und versucht sich wieder auf die Sendung zu konzentrieren, aber in diesem Moment zieht Cristo den Mülleimer heran und veranstaltet damit einen Höllenlärm.
»Willst du nicht auch noch vor meinen Ohren mit Zellophanpapier rumrascheln? Ich mein ja nur, falls es dir hier zu still ist.«
»Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?«
»Gar keine, du Blödmann. Ich versuche nur zuzuhören, während ihr ständig rumquasselt.«
Ruso und Cristo sehen sich an und sind sich wie immer einig: lieber die Klappe halten. Schließlich hat Fernando die Drecksarbeit erledigt. Erst den Journalisten schmieren, dann den Audi verhökern und es schließlich Mauricio verklickern. Aufgaben mit steigendem Schwierigkeitsgrad. Und als Zugabe musste er auch noch diesem Halunken Prieto das Geld vorbeibringen, der ihn behandelt hat wie der König einen Untertanen. Nicht mal nachgezählt hat er das Geld. Das war am Dienstag. Und bis jetzt hat er Pittilanga noch mit keinem Wort erwähnt.
»Und du hast dir die Sendung wirklich jeden Tag angehört, Ruso?«
»Ja. Am Montag hat er die Spiele vom Wochenende kommentiert. Am Dienstag ewig über Boca gequatscht.«
»Und gestern war das mit der Größe der Tore dran, richtig?«
»Genau. Woher weißt du das?«
Fernando überlegt, ob er seinen Freund darüber aufklären soll, was für ein falscher Fuffziger Prieto ist. Er entscheidet sich dagegen. Dann ertönt der Ein-Uhr-Piep, und es kommen die Nachrichten. Missmutig rutscht Fernando auf seinem Stuhl hin und her.
»Immer mit der Ruhe. Die Sendung geht ja noch eine Stunde«, versucht Ruso ihn aufzumuntern.
»Schon. Aber mein Gefühl sagt mir, dass es wieder nichts wird.«
»Heute Abend ist auch noch eine Sendung«, erinnert Cristo. »Vielleicht sagt er es ja da.«
»Ich kann es mir nur so erklären, dass er den Hals nicht vollkriegt und mehr Geld will«, sagt Fernando düster.
»Nein, Fer. Er steckt doch kein Geld ein und hält sich dann nicht an die Vereinbarung. Nein, er will uns nur ein bisschen zappeln lassen.«
Sie sehen sich ratlos an.
»Hast du noch mal mit Mauricio gesprochen?«, fragt Ruso schließlich – mehr, um das Gespräch wieder in Gang zu bringen, als um von der allgemeinen Verunsicherung abzulenken.
»Nein. Seit Samstag im Tennisclub nicht mehr. Hat er sich bei dir gemeldet?«
Ruso muss an die stumme Wut in Mauricios Augen denken, als er ihn am Montag in der Kanzlei besucht hat. Er selbst hatte am Schreibtisch gelehnt, während Mauricio sich an ein Bücherregal gepresst hatte. Vorwürfe hatte er ihm keine gemacht, jedenfalls nicht direkt. Er hatte ja keine Beweise gegen ihn, weil Fernando darauf geachtet hatte, ihn da nicht mit reinzuziehen. Trotzdem ging Mauricio wahrscheinlich davon aus, dass er Bescheid wusste. Aber er hatte keine Beweise, und wenn er keine Beweise hatte, setzte seine Anwaltsdenke ein und bremste ihn (gerade eben so, aber sie bremste ihn). Er hatte sich damit begnügt, über Fernando zu schimpfen, so erbittert und geduldig zu schimpfen, dass Ruso es als Aufforderung interpretiert hatte, als sein Sprecher zu fungieren, der seine Vorwürfe und Drohungen Wort für Wort wiedergeben sollte. Doch entgegen seinen Gewohnheiten behält Ruso diesmal lieber alles für sich.
»Gestern hab ich noch mal mit ihm telefoniert, und da hat er mir gesagt, dass er den Wagen als gestohlen gemeldet hat«, sagt Ruso nur. Mauricio hatte noch hinzugefügt: »Hoffentlich finden sie das verschrottete Auto, damit ihr alle in den Knast wandert, angefangen mit diesem Arschloch, den du deinen Freund nennst.« Aber auch das behält Ruso lieber für sich.
»Wahrscheinlich ist der Wagen längst in Paraguay.«
»Oder ausgeweidet.«
»Genau. Oder ausgeweidet. Ich glaub eher, sie haben ihn nach Paraguay geschafft. War ja funkelnagelneu.«
Ruso sieht Fernando an. Er kennt die Symptome seiner Nervosität: an der Daumenkuppe knabbern, auf den Tisch klopfen, als wäre er ein Klavier, aber mit der kindischen Vorgabe, nie angrenzende Finger zu benutzen, also: Daumen, Ringfinger, Zeigefinger, kleiner Finger,
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