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Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Titel: Vier Jungs auf einem Foto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduardo Sacheri
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das gibt sich wieder. Spätestens morgen. Und dann häng ich mich so richtig rein.«
    Von der Treppe her ist Getrampel zu hören, dazu eine Frauenstimme, die zur Vorsicht mahnt. Dann steckt jemand einen Schlüssel ins Schloss und öffnet die Tür. Ruso steht auf, ebenso Mario. Ruso stellt sie einander vor. Er weiß, dass dieser unerwartete Gast Mónica nicht stört. Hätte er Fernando, Mauricio oder Cristo mit nach Hause gebracht, hätte er tödliche Blicke geerntet. Von Pittilanga aber hat sie schon so viel gehört, dass sie garantiert neugierig ist. Die Mädchen geben ihm und Pittilanga zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange.
    »Sind das Zwillinge?«
    »Ja. Hab eben einen ganz besonderen Saft.«
    »Du Ferkel!«, schimpft Mónica und dreht sich entschuldigend zu Pittilanga um. »Diese geschmacklose Bemerkung macht er jedes Mal.«
    Ruso ignoriert sie mit majestätischer Würde und geht ins Bad, um sich die Hände zu waschen. Er muss nicht in sich hineinhorchen, um zu wissen, dass seine Traurigkeit nachlässt, dass er bald wieder der Alte sein wird. Ein Idiot, aber eben der alte Idiot. So mag er sich jedenfalls lieber. Er hört, wie Pittilanga anbietet, den Tisch zu decken. Und plötzlich fällt es ihm wieder ein. Er freut sich so sehr darüber, dass er aus dem Bad rennt, ohne sich die Hände abzutrocknen.
    »Jetzt weiß ich’s wieder! Lazatti! Der Goldjunge hieß Lazatti!«
    43
    Fernando betrachtet aufmerksam die Riesenpfütze und versucht sich zu erinnern. Auf dem Hinweg ist er rechts an ihr vorbeigefahren. Er legt den ersten Gang ein und dreht am Lenkrad. Der Wagen steuert nach links und schaukelt leicht, als er das Wasserloch umkurvt. Zwei Querstraßen weiter hält er überrascht an, weil er Ruso die asphaltierte Straße entlanggehen sieht. Er hüpft von einer trockenen Stelle zur nächsten, um sich nicht dreckig zu machen. Fernando lächelt. Er fährt näher an den Rand heran und stellt den Motor ab. Ruso hat ihn nicht bemerkt, weil er die Augen auf den Boden gerichtet hält, auf den Schlamm. Gerade hat er wieder eine trockenere Stelle entdeckt, aber dann stellt er fest, dass es von dort aus nirgendwo weitergeht. Fernando greift nicht ein, sondern beobachtet ihn amüsiert. Ruso hat ihn immer noch nicht bemerkt. Er nimmt Anlauf, um sich über eine Pfütze zu katapultieren. Fernando kann den Sprung nicht sehen, aber offensichtlich ist etwas schiefgegangen, denn Ruso rudert wild mit den Armen, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. Fast wäre er gestürzt, aber er kann sich gerade noch in der Vertikalen halten. Mitten in seinem filigranen Rettungsmanöver hebt er den Kopf und sieht Fernando, der dreißig Meter entfernt in seinem Auto sitzt und sich fast totlacht. Ruso winkt ihn zu sich. Fernando gehorcht, hält sich aber in der Straßenmitte, damit er nicht steckenbleibt. Als er bei Ruso ankommt, bremst er und kurbelt das Fenster herunter.
    »Hallo, Rusito.«
    »Das Hallo kannst du dir sparen. Fahr lieber näher ran.«
    »Komm du lieber zu mir.«
    »Mach schon, sonst versinke ich noch bis zu den Eiern im Schlamm. Los, fahr ein bisschen näher ran.«
    »Geht nicht. Komm du! Sonst stehen wir noch den ganzen Tag hier.«
    Ruso zögert noch, als wollte er sich vergewissern, dass Fernando es ernst meint. Dann macht er sich auf den Weg.
    »Achtung, Graben«, warnt ihn Fernando.
    »Hab ich gesehen«, antwortet Ruso kurz angebunden.
    Er tastet sich mit den Füßen vorwärts, sucht die Steinbrocken, die aus dem Wasser ragen. Einige sind groß und ruckeln nicht, andere aber geben unter seinem Gewicht nach und rutschen weg.
    »Ich flieg gleich auf die Schnauze.«
    »Soso.«
    Als einer der Steine besonders wackelt, wäre er tatsächlich beinahe gestürzt. Er reißt die Arme auseinander und umklammert den Kotflügel wie eine Zange. Schließlich schafft er es bis zur Tür, die Fernando bereits geöffnet hat. Er öffnet sie vollends und gleitet auf den Beifahrersitz.
    »Langsam, Ruso. Bevor du endgültig einsteigst, zeig erst mal deine Schuhe her.«
    »Was ist mit meinen Schuhen?«
    »Lass mal sehen. Hab ich’s mir doch gedacht! Zieh die Dinger sofort aus.«
    »Wieso?« Ruso sieht an sich herunter. »Verdammter Mist! Guck nur, wie ich aussehe!«
    Unter den Sohlen pappt glänzender Schlamm, so dick, dass er bis zum Oberleder der Mokassins reicht. Auch der Saum der Jeans ist nass und verdreckt.
    »Guck nur, wie ich aussehe«, äfft Fernando ihn mit Flötenstimme nach. Er legt den ersten Gang ein und fährt genauso vorsichtig los

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