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Vier Mäuse und ein Todesfall

Vier Mäuse und ein Todesfall

Titel: Vier Mäuse und ein Todesfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Mae Brown
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Auch der Staat Virginia schickte einen Berg Papierkram. Sie war der Ansicht, dass sie ihre Zeit entweder mit dem Ausfüllen von Formularen oder mit Farmarbeit verbringen konnte, und sie zog die Farmarbeit vor.
    Während sie zusah, wie mit den Lebensmitteln verfahren wurde, fragte sie sich, wie weit Yancy sich verbiegen musste, um sein Geschäft am Laufen zu halten. Harry vertraute den Menschen größtenteils, aber aus einem unerfindlichen Grund misstraute sie Yancy. Vielleicht, weil er sich gar so untadelig gab.
    Als sie auf dem Parkplatz zu ihrem alten Transporter kam, wurde ihr bewusst, dass sie nicht leben wollte, ohne ihren Mitmenschen zu trauen, auch dann nicht, wenn sie einen Mord vor Augen hatte. Sie musste wachsam sein, auf Charakterzüge achten, aber sie wollte keine Zynikerin werden, obwohl sie in zynischen Zeiten lebte.
    Um sich aufzumuntern, fuhr sie zu Keller & George, dem eleganten Juweliergeschäft, das seit 1875 in Charlottesville ansässig war.
    Sie stieß die Glastür auf. Gayle Lowe und Bill Liebenrood sahen auf.
    »Hallo, ich bin gekommen, um meine Perlen zu besuchen«, begrüßte Harry die zwei.
    Bill lächelte. »Ich habe meiner Enkelin ihre ersten Perlen gekauft, als sie noch keine Woche alt war. Da hast du einiges aufzuholen, Mädel.«
    Gayle trat hinter die beleuchtete Vitrine, in der eine doppelte 9 -mm-Perlenkette lag, nach der es Harry seit zwei Jahrzehnten gelüstete. Jedes Mal, wenn die Kette verkauft wurde, rief Bill an, um ihr die traurige Nachricht mitzuteilen. Innerhalb von etwa sechs Wochen traf dann eine neue Doppelkette mit herrlichen Perlen ein.
    »Deine Perlen sind heute gekommen. Sie sind phantastisch«, frotzelte Gayle dann am Telefon.
    Die Ellenbogen auf die Vitrine gestützt, betrachtete Harry liebevoll ihren Traumschmuck. Die prachtvollen Perlen erinnerten sie an den Spruch ihrer Mutter: »Trage das Beste, das du dir leisten kannst, und mache nicht auf dich aufmerksam. Protzen tun nur Neureiche.«
    Es bestand herzlich wenig Aussicht, dass Harry je zum alten oder neuen Geldadel gehören würde, aber die Ermahnung ihrer Mutter, ja nicht anzugeben, war haften geblieben.
    Ehe Bill auf Harry zukommen und sie auffordern konnte, die Perlen anzuprobieren, ging die Tür auf.
    »Harry«, begrüßte Victor Gatzembizi sie lächelnd. »Ich fass es nicht.«
    »Oh«, gab sie mit dünner Stimme zurück.
    Bill verschwand kurz in seinem kleinen Büro und kam mit einem Päckchen zurück. Er öffnete eine grüne Keller & George-Schachtel, nahm eine Halskette heraus, die einen blenden konnte, und legte sie auf ein Tuch aus schwarzem Samt.
    Victor strahlte. »Harry, kommen Sie, seien Sie mein Modell.«
    Harry trat zu ihm, betrachtete den birnenförmigen Diamanten an der Platinkette, und es verschlug ihr den Atem. »Oh mein Gott. Ich habe noch nie einen so großen Diamanten gesehen.«
    Bill kam hinter dem Ladentisch hervor und legte Harry geschickt die Kette um. »Göttlich.«
    Die Hand am Kinn, murmelte Victor: »Wenn Sie auch bloß ein T-Shirt anhaben, Harry, der Diamant sieht toll an Ihnen aus. Ich kann’s nicht erwarten, ihn meiner Frau zu schenken und ihn direkt auf ihrem Busen zu sehen.«
    Gayle, Harry und Bill lächelten stumm. Natürlich würde der Diamant dort grandios aussehen, und natürlich war das die Stelle, an der eine Frau ihn haben wollte, aber das behielt man am besten für sich.
    Victor scherte sich nicht um solcherlei Feinheiten. Er war dermaßen begeistert von dem Diamanten, dass er noch überschwänglicher wurde. »Ich habe mir vorgenommen, ihren vierzigsten Geburtstag zum tollsten Geburtstag ihres Lebens zu machen. ›Du bist schön‹, werde ich zu ihr sagen. ›Vierzig, das ist gar nichts.‹« Er betrachtete die Kette noch einmal, nickte, und Bill nahm sie Harry ab, die sich an den Hals griff.
    »Für zwei Minuten war ich eine Diva!«, sagte sie schwärmerisch.
    Bill legte den Diamanten in die grüne Schachtel zurück. »Soll ich ihn als Geschenk verpacken?«
    »Nein. Ich will sie damit überraschen und ihn ihr um den Hals legen, wenn sie sich heute Abend schminkt, um zum Essen auszugehen. Ihr habt mich nicht enttäuscht. Der Diamant ist eine perfekte Birne.«
    Als Victor mit dem Geschenk in der Hand die Tür öffnete, rief Gayle ihm nach: »Bitte warnen Sie Ihre Frau, dass sie Autounfälle verursachen wird, wenn sie ihn tagsüber trägt.«
    Er blieb in der Tür stehen. »Gayle, sie wird den Verkehr so oder so zum Erliegen bringen.«
    Als die Tür zufiel, meinte

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