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Vier minus drei

Titel: Vier minus drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Pachl-Eberhart
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befangen und unsicher sind, damit hatte ich nicht gerechnet.
    Irgendwann, nach Stunden, ist es dann doch vorbei. Noch einmal habe ich jeden Einzelnen zum Abschied umarmt.
    »Du kommst also morgen mit dem Zug nach Wien?«
    Meine Eltern wollen mich ungern allein lassen. Aber ich habe mich entschieden.
    »Ja, morgen. Heute will ich noch im Haus schlafen. Gute Fahrt.«
    »Gute Nacht.«
    Das Haus ist leer. Es ist dunkel geworden. Um das Lagerfeuer sitzen die letzten Gäste, jemand spielt Gitarre. Ich hocke mich dazu.
    »Gibt es noch etwas zu essen? Ich habe heute noch keinen Bissen im Mund gehabt.«
    Eine Freundin springt auf, läuft in den Keller, wo die Gulaschkanone steht, und kehrt sogleich mit betretenem Gesicht und einem Kanten Schwarzbrot zurück.
    »Das ist alles, was noch da ist.«
    Geschwind denke ich darüber nach, ob ich weinen, verzweifeln oder mich gar beklagen soll.
    Es wäre passend, würde fast einer Art Klischee entsprechen. Zehn Tage, in denen kaum Tränen geflossen sind, und dann endlich der Zusammenbruch, ausgelöst durch die banale Tatsache, dass kein Gulasch mehr im Topf ist.

    Aber ich weine nicht. Ich schaue nur stumm ins Feuer, zwinge mich zu einem Lächeln und denke bei mir, dass ein Kanten Brot doch genau das Richtige ist, um diesen absurden Tag zu beenden. Morgen wird ohnehin alles anders sein.

Hommage
    Clown Heli.
     
    Was erzählt man über einen verstorbenen
Clown?
Doch eigentlich nur, wie er die Kinder zum La-
chen brachte.
Wie er sich schminkte und zwinkerte
und eine große rote Nase
auf die eigene setzte.
     
    Was sagt man über einen verstorbenen Clown?
Doch nur, dass er immer weiterleben wird.
In jedem Lächeln eines Kindes,
im Duft einer Blume,
im Tanz der Blätter.
     
    Christine Teichmann, eine Freundin
    Im August 2005
     
    Auf der Bühne steht ein zarter Mann mit roter Nase, in dunkelgrauen Socken. Waldemar. Gerade eben noch saß er irgendwo im Zuschauerraum, doch er hat es nicht lange ausgehalten auf seinem Platz.
    Seine Schuhe hat er, eine Entschuldigung murmelnd, ausgezogen und sorgfältig nebeneinandergestellt. Dann ist er umständlich auf die Bühne geklettert, in dem auffälligen Bemühen, nicht aufzufallen.
    Was ihn dort oben interessiert, ist dieser rote Luftballon, der da liegt. Vorsichtig nähert sich der Clown dem Ballon. Doch als er ihn aufheben will, hüpft dieser davon.
    Waldemar kratzt sich am Kopf. Versucht es noch einmal, den Ballon zu erwischen, natürlich klappt es wieder nicht. Das verflixte Ding will sich nicht fangen lassen.
    Aber irgendwie muss es doch klappen. Waldemar schleicht sich vorsichtig an, umrundet das Objekt seiner Begierde, versucht es zu locken, stürzt sich zu Boden, doch alles vergebens. Ein Fußtritt schließlich, und da: Der Ballon fliegt hoch in die Luft.
    Waldemar wendet sich ans Publikum und murmelt mit fistelnder Stimme so etwas wie:
    »Hmmm. Jajaja, dassss, hmmmm, kann man nix machen, das ist, hmmm.«
    Er gestikuliert, breitet die Arme aus – und der herunterfallende Ballon landet genau in seinen Händen. Applaus!
    Waldemar jubelt nicht »Juchhu!« Er zeigt auch keinen Stolz. Er ist stattdessen ganz verwundert darüber, was da
vom Himmel gefallen ist. Fasziniert untersucht er den Ballon, erklärt ihn dem Publikum, in seiner Sprache.
    »Dassss, oooh, ja. Sososo. Aaaaah.«
    Wir verstehen kein Wort. Und doch verstehen wir alles, jedes Gefühl, wir verstehen sein Staunen, seine Neugier und seine Begeisterung über das rote Ding in seinen Händen.
    Man kann den Ballon also hochheben und drehen, man kann ihn vors Gesicht schieben und daran vorbeischauen. Man kann an seinem Zipfel ziehen. Man kann hineinrufen.
    »Schööön!«
    Aber dann ist er auch wieder gar nicht so wichtig. Äh, was wollte Waldemar eigentlich auf der Bühne? Er zuckt die Schultern und lässt den Ballon fallen, ohne ihm weiter nachzuschauen.
    Das Publikum lacht und erkennt sich selbst: Man kämpft mit allen Mitteln um eine Sache, schließlich fällt sie einem von selbst zu. Und dann? Warum haben wir eigentlich darum gekämpft? Was wollten wir eigentlich? Wir wissen es nicht so genau. Und suchen uns gleich ein neues Ziel.
     
    Heli, der Clown. Ich habe meinen Mann als Clown auf der Bühne kennengelernt, und in meiner Erinnerung trägt er oft eine rote Nase.
    Immer wieder bin ich Menschen begegnet, die mir kategorisch mitteilten:
    »Ich hasse Clowns.«
    Die Clowns in ihrer Fantasie sind grell geschminkt und tragen rote Plastikperücken. Sie machen Späße, die

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