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Vier minus drei

Titel: Vier minus drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Pachl-Eberhart
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nachträglich darauf bestehen, gefeiert zu werden. Meine Begeisterung angesichts der vielen Geschenke stand der eines Geburtstagskindes nicht nach.
    Die Freude begann langsam wieder in meinem Herzen Fuß zu fassen. Behutsam, auf zarten, leisen Sohlen. Ich nahm sie gern wieder bei mir auf, meine guten alten Freunde. Das Lächeln, das manchmal sogar zum Lachen wurde. Die strahlenden Augen. Das warme Gefühl im Bauch.
    Irgendetwas in mir schien hungrig, auf der Suche nach Anlässen, Schönes zu erkennen. Dankbar zu sein, lachen zu können und sich zu freuen. Die Freude war mein Überlebensmotor. Ich brauchte sie, um weiterzumachen. Ihretwegen stand ich morgens auf.
    Und als hätte sich diese Tatsache herumgesprochen, als hätten sich alle verabredet und den Plan gefasst, mir möglichst
dauerhaft und regelmäßig Vergnügen zu schenken, kamen die Briefe und Pakete in einem fast beabsichtigt scheinenden, verblüffenden Rhythmus. Zwei, drei pro Tag trudelten ein und waren für mich wie Tropfen aus einer Wasserleitung, die stetig und im richtigen Maß das Wasser des Lebens schenkt.
    »Ich fand erst jetzt den Mut zu schreiben.«
    »Ich schreibe spät, hoffentlich nicht zu spät.«
    Mit Worten dieser Art beginnt so mancher Brief. Noch heute muss ich beim Lesen lächeln. Nein, kein Brief kam je zu spät. Jeder erreichte mich zur rechten Zeit, in dem einen Moment, der für ihn passend und genau richtig war.
    An Barbara
    Meine liebe Babsi … seit ich denken kann, habe ich mich unglaublich zu dir hingezogen gefühlt, ich hatte als Kind quasi »einen Narren an dir gefressen.« Ich habe dich unglaublich bewundert, wollte immer so sein wie du – vielleicht bin ich dir damit das eine oder andere Mal ziemlich auf die Nerven gegangen …
    Ich habe mich nie gefragt, was mich so zu dir hinzieht oder warum ich dich so bewundere. Es war auch nicht wichtig für mich.
    In der letzten Zeit habe ich Antworten erhalten auf die Fragen, die ich nie gestellt habe … In der schwersten Zeit deines Lebens findest du noch tröstende Worte für andere. Du strahlst eine Stärke aus, dass man fast gegen das Bedürfnis ankämpfen muss, sich auf dich zu stützen, statt dir
eine Stütze zu sein. Ich habe dich angesehen und so viel Liebe und Wohlwollen in deinem Gesicht gelesen, dass ich mich meiner eigenen Trauer und vor allem meiner Wut auf das Schicksal ein bisschen geschämt habe.
    Nie hätte ich geglaubt, dass in einer so kleinen, zierlichen Person eine solch unfassbare Kraft stecken kann – und ich wünschte (leider bin ich so kleinlich), das alles wäre nie passiert und ich wüsste nichts von all der Kraft, die mich schon immer so angezogen hat …
    Du warst eine tolle Mutter und bestimmt auch eine großartige Begleiterin für deine Familie und
    Du bist ein guter Mensch, Charly Brown
    Und ich hab dich unendlich lieb.
    Deine Kusine Valerie
    »Weißt du noch …?«
    Wie selten machen wir einander dieses Geschenk: einander mitzuteilen, was man im anderen sieht. Was man an ihm schätzt, was ihn für uns auszeichnet.
    Meine Kusine, meine Tante und einige alte Freunde schenkten mir wertvolle, wertschätzende Erinnerungen an längst vergangene Zeiten. Briefe, in denen ich mich wiederfinden durfte, erkannt, gesehen durch die liebenden Augen eines anderen Menschen. Zeilen, die mich innerlich wachsen und strahlen ließen.
    Ich lege den Brief meiner Kusine auf meinen Schreibtisch, neben drei munter flackernde Kerzen, die ich ebenfalls wenige Tage nach dem Unfall geschenkt bekommen
habe und deren warmes Licht mich stets mit der Gegenwart meiner drei Engel verbindet.
    Ich schaue in die Flammen und träume ein wenig vor mich hin, in Gedanken bei all den Engeln im Himmel und bei jenen auf Erden, die so wunderschöne Briefe schreiben und Herzensgeschenke machen.
    Ein Schluck Tee, dann wende mich wieder der bunten Unordnung auf meinem Fußboden zu.
    Ein Bündel Briefe und Postkarten, zusammengehalten von einer großen Büroklammer, fällt mir ins Auge. Es mögen an die dreißig sein. Sie alle stammen von derselben Absenderin, einer alten Freundin, die ich in den letzten Jahren etwas aus den Augen verloren hatte.
    Karin schrieb mir, seit sie vom Tod meiner Familie erfahren hatte, in regelmäßigen Abständen. Monatelang. Oft schickte sie nur wenige Zeilen, verziert mit selbstgemalten Smileys, dann wieder verfasste sie lange Schreiben, voll von Gedanken und Erinnerungen.
    In ihren Briefen erzählt Karin, wie der frühe Tod ihrer Mutter ihr Leben geprägt hat. Sie

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