Vier Morde und ein Hochzeitsfest
drei waren Muskelpakete. Keiner hatte ein Gramm Fett zu viel am Leib. Keiner sah aus wie ein Innenausstatter.
Ich schnallte mich auf dem Beifahrersitz neben Ranger an. »Ist das dein Innenausstatterteam auf dem Rücksitz?«
Ranger lachte und fuhr in dem Licht der frühmorgendlichen Dämmerung von dem Parkplatz herunter.
»Ich trage als Einziger andere Klamotten«, stellte ich fest.
Vor der Ampel an der Hamilton hielt Ranger an. »Hinten liegen eine Jacke und eine Weste für dich.«
»Also geht es doch nicht um Innenausstattung.«
»Es gibt alle möglichen Arten von Innenausstattungen, Babe.«
»Und die Weste?«
»Kevlar.«
Kevlar-Westen sind kugelsicher. »Schweinebande«, sagte ich. »Ich kann’s nicht leiden, wenn auf mich geschossen wird. Du weißt genau, dass ich das nicht leiden kann.«
»Reine Vorsichtsmaßnahme«, sagte Ranger. »Wahrscheinlich wird gar nicht auf uns geschossen.«
Wahrscheinlich ?
Wir fuhren schweigend durch die Innenstadt. Ranger war in seinem Reich, in seine ureigenen Gedanken vertieft. Die Typen auf dem Rücksitz sahen aus, als wären sie zu keinem anständigen Gedanken fähig. Und ich dachte daran, bei der nächsten Ampel aus dem Wagen zu springen und zurück zu meiner Wohnung zu laufen. Gleichzeitig, und das war das Verrückte, hielt ich mit einem Auge Ausschau nach Fred. Er ging mir nicht aus dem Kopf. Genauso wie meine Katze Katherine. Sie ist seit fünfzehn Jahren weg, aber ich gucke immer zweimal hin, wenn ich irgendwo eine schwarze Katze vorbeihuschen sehe. Ich kann mich einfach nicht damit abfinden, dass sie für immer weg ist.
»Wo fahren wir hin?«, fragte ich schließlich.
»Zu einem Wohnhaus in der Sloane. Da ist der Hausputz fällig.«
Die Sloane Avenue ist zwei Straßen weiter, von der Stark Street aus gesehen, und verläuft parallel zu ihr. Die Stark Street ist die schlimmste Straße in der City, jede Menge Verzweiflung, Drogen und Wohnsilos. Je weiter südlich man kommt, desto solider wird das Wohnumfeld, wobei die Sloane eine Art Demarkationslinie zwischen den Gesetzlosen und den Gesetzestreuen darstellt. Es ist ein beständiger Kampf, diese Linie zu halten, die Drogenhändler und Prostituierten von der Sloane Avenue fern zu halten. Seit einiger Zeit, heißt es, sei die Sloane Avenue dabei, den Kampf zu verlieren.
Ranger fuhr auf der Sloane drei Straßen weiter und hielt an. Er deutete mit einem Kopfnicken auf ein gelbes Backsteingebäude gegenüber, zwei Häuser weiter. »Da wären wir. Es ist im zweiten Stock.«
Das Gebäude war dreistöckig, und vermutlich befanden sich auf jeder Etage zwei, drei kleine Wohnungen. Im Erdgeschoss war die Fassade mit Graffiti besprüht. Die Fenster waren dunkel. Auf der Straße herrschte kein Verkehr. Vom Wind zusammengefegter Müll war im Rinnstein hängen geblieben oder hatte sich in Hauseingängen gesammelt.
Ich wandte meinen Blick von dem Haus ab und sah Ranger an. »Ist das auch wirklich legal?«
»Der Vermieter hat uns damit beauftragt«, sagte Ranger.
»Betrifft der Hausputz auch Menschen, oder nur… Sachen?«
Ranger sah mich an.
»Man muss sich an das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren halten, wenn man Personen und ihren Besitz aus einer Wohnung räumen will«, sagte ich. »Zum Beispiel einen Räumungsbescheid vorlegen, und -«
»Die Mühlen der Justiz mahlen bekanntlich langsam«, sagte Ranger. »Und in der Zwischenzeit werden die Kids in diesem Haus weiter von den Leuten belästigt, die sich in der Nachbarwohnung 3C einen Schuss setzen.«
»Sehen Sie es doch mal so: Wir leisten tätige Nachbarschaftshilfe«, sagte einer der Männer auf dem Rücksitz.
Die anderen beiden nickten. »Ja, genau«, stimmten sie ein. »Tätige Nachbarschaftshilfe.«
Ich knackte mit den Fingern und kaute auf der Unterlippe.
Ranger glitt vom Fahrersitz herunter, ging nach hinten und machte die Klappe des Range Rover auf. Er reichte jedem eine kugelsichere Weste und dazu eine schwarze Windjacke, auf der hinten in großen weißen Buchstaben SECURITY stand.
Ich zurrte die Weste fest und sah, dass sich die anderen ihre schwarzen Allzweckgürtel aus Nylon und eine Pistole umschnallten.
»Lass mich raten«, sagte Ranger und legte einen Arm um meine Schultern. »Du hast deine Pistole vergessen.«
»Innenausstatter gebrauchen normalerweise keine Pistolen.«
»In diesem Viertel schon.«
Die Männer standen in einer Reihe vor mir.
»Meine Herren«, sagte Ranger. »Darf ich vorstellen, Ms. Plum.«
Der Mann unbestimmter Herkunft
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