Vier Morde und ein Hochzeitsfest
gemeint?«
»Das weiß ich nicht. Das hat er mir nicht gesagt.«
»Na gut«, erwiderte ich. »Gib mir Bescheid, wenn er dich wieder belästigt.«
Ich fragte im Büro nach, ob irgendwelche neuen NVGler aufgetaucht waren. Kein Glück. Ich rief meine beste Freundin an, Mary Lou, aber sie hatte keine Zeit zum Plaudern, weil ihr jüngstes Kind erkältet war und der Hund einen Strumpf gefressen hatte und ihn gerade auf den Wohnzimmerteppich ausgeschissen hatte.
Ich betrachtete Rex’ Suppendose mit neuerlicher Hingabe, als das Telefon klingelte.
»Ich hab’s«, rief Grandma. »Ich habe einen Namen für dich. Ich war heute Morgen zur Rundumbehandlung im Schönheitssalon, und Harriet Schnäble war auch da, zur Auffrischung ihrer Dauerwelle. Sie sagte, sie hätte beim Bingo gehört, Fred hätte mit einer Winnie Black angebändelt. Harriet ist keine, die sich so etwas aus den Fingern saugt.«
»Kennst du diese Winnie Black?«
»Nur über den Seniorenklub. Sie fährt manchmal bei den Ausflügen im Bus nach Atlantic City mit. Sie und ihr Mann Axel. So lernt Fred vermutlich die meisten von seinen Liebchen kennen… bei den Seniorentreffen. Da gibt es viele Frauen, die scharf wie Nachbars Lumpi sind, wenn du verstehst. Ich habe sogar Winnies Adresse«, sagte Grandma. »Ich habe Ida Lukach angerufen. Sie ist die Vereinsvorsitzende. Sie weiß alles.«
Ich notierte mir die Adresse und bedankte mich bei Grandma.
»Ich persönlich kann nur hoffen, dass es Außerirdische waren«, sagte sie. »Andererseits kann ich mir nicht vorstellen, was die mit einem solchen Langweiler wie Fred anfangen können.«
Ich stülpte meine neue Mütze über die Keksdose mit den Braunbärchen und tauschte meine Jeans gegen ein beiges Kostüm und Stöckelschuhe. Ich kannte Winnie Black nicht, ich hielt es daher für angebracht, wie ein echter Profi auszusehen. Manchmal reagieren Menschen auf ein Kostüm freundlicher als auf Jeans. Ich schnappte mir meine Umhängetasche, schloss die Wohnung ab und gesellte mich zu Mrs. Bestier in den Aufzug. »Hat er sie gefunden?«, wollte sie wissen.
»Wer soll mich gefunden haben?«
»Da war ein Mann, der hat nach Ihnen gefragt. Sehr höflich. Ich habe ihn im ersten Stock herausgelassen, das war vor zehn Minuten.«
»Es hat keiner an meine Tür geklopft. Ich hätte es bestimmt gehört. Ich war fast die ganze Zeit in der Küche.«
»Ist ja seltsam.« Die Aufzugstür öffnete sich zum Hausflur, und Mrs. Bestier lachte. »Erdgeschoss. Handtaschen, Damenschmuck.«
»Wie sah der Mann aus?«, fragte ich Mrs. Bestier.
»Oje. Er war ziemlich groß. Sehr groß. Und hatte dunkle Haut. Afroamerikaner.«
Jedenfalls nicht der Mann, wegen dem Mabel angerufen hatte. Der Kerl war klein und ein Weißer.
»Hatte er langes Haar? Hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden?«
»Nein. Er hatte fast gar keine Haare auf dem Kopf.«
Ich ließ meinen Blick durch die Eingangshalle schweifen. Es lauerten keine großen Männer in den Ecken. Ich verließ das Gebäude und sah mich auf dem Parkplatz um. Hier war auch niemand. Mein Besucher war verschwunden. Schade, dachte ich. Ich hätte zu gerne einen Vorwand gehabt, um nicht diese Winnie Black aufzusuchen. Ich hätte mich an einer Meinungsumfrage beteiligt, ich hätte mit einem Staubsaugervertreter geredet, ich hätte mich sogar auf eine Diskussion mit einem Zeugen Jehova eingelassen. Alles lieber als Winnie Black. Schlimm genug, beigebracht zu bekommen, dass Onkel Fred, der alte Geizkragen, eine Freundin hatte. Aber sie auch noch besuchen zu müssen, war wirklich das Letzte. Ich hatte nicht die geringste Lust, Winnie Black meine Aufwartung zu machen. Wenn ich mir vorstellte, dass sie mit dem entenbeinigen Fred ins Bett ging… Winnie wohnte in einem kleinen Bungalow in der Low Street. Weiße Schindeln, blaue Fensterläden, rote Tür. Sehr patriotisch. Ich stellte meinen Wagen ab, ging zur Haustür und klingelte. Ich hatte keine Ahnung, was ich der Frau sagen sollte. Vielleicht: Entschuldigen Sie, halten Sie Händchen mit Onkel Fred?
Ich wollte gerade noch mal klingeln, als die Tür geöffnet wurde und Winnie Black den Kopf heraussteckte.
Sie hatte ein freundliches, rundes Gesicht und einen rundlichen Körper, und sie sah nicht so aus, als würde sie fremder Leute Onkel vernaschen.
Ich stellte mich vor und reichte ihr meine Karte. »Ich bin auf der Suche nach Fred Shutz«, sagte ich. »Er wird seit Freitag vermisst, und ich dachte, Sie könnten mir vielleicht ein paar
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