Vier Morde und ein Hochzeitsfest
Festnahmebestätigung abholen.«
»Fahren Sie nicht so schnell. Irgendetwas stimmt mit meinem Getriebe nicht. Wenn ich über sechzig fahre, gibt es ganz üble Geräusche von sich.«
Ich sah ihm hinterher, als er zu seinem Wagen ging. Ich glaubte ziemlich genau zu wissen, was er in Wirklichkeit war, jedenfalls kein Buchmacher. Ich wusste nur nicht, warum er sich an meine Fersen heftete.
Costanza und Big Dog führten Briggs durch den Hintereingang zu dem Beamten, der die Prozessliste führte.
Der Mann hinter dem Schreibtisch sah hinüber zu Briggs. »Verdammt noch mal, Stephanie«, sagte er und grinste, »was haben Sie mit dem armen kleinen Kerl gemacht? Was hat Sie denn so in Rage gebracht?«
Juniak schlurfte vorbei. »Sie können noch von Glück reden«, sagte er zu Briggs. »Normalerweise jagt sie die Leute gleich in die Luft.«
Briggs hatte keinen Sinn für Humor. »Ich bin hereingelegt worden«, sagte er.
Ich holte mir die Festnahmebestätigung für Briggs ab, dann ging ich nach oben und machte meine Aussage zu der Schießerei in der Sloane Street. Ich rief Vinnie an und sagte ihm, ich hätte Briggs abgeliefert, Amerika könne jetzt wieder beruhigt schlafen. Dann fuhr ich zur RGC, Bunchy immer dicht hinter mir.
Kurz nach drei war ich in der Water Street. Im Laufe des Tages waren Wolken aufgezogen, schwer und tief hängend; der Farbe und der Konsistenz nach zu urteilen, sahen sie aus wie Schweineschmalz. Ich spürte förmlich, wie sie auf das Dach des Buick drückten, mein Vorwärtskommen verlangsamte sich, und meine Gehirnaktivitäten stumpften ab. Meine Gedanken schweiften von Onkel Fred zu Morelli, von Morelli zu Charlie Chan. Charlie Chan hatte ausgesorgt. Der wusste einfach alles.
Zwei Straßen vor der RGC erwachte ich aus meinem Halbschlaf. Ein Stück weiter vorne auf der Straße war irgendwas los. Vor dem Gebäude der RGC stand Polizei. Jede Menge. Der Wagen des Gerichtsmediziners war auch da. Kein gutes Zeichen. Ich stellte meinen Wagen ein paar Häuser davor ab und ging den Rest des Weges zu Fuß. Bunchy folgte mir wie ein treuer Hund. Ich suchte in der Menge nach einem vertrauten Gesicht, ohne Glück. Am Rand der Menge drängten sich einige RGC-Angestellte in Uniform, wahrscheinlich waren sie gerade ihren Müllwagen entstiegen.
»Was ist los?«, fragte ich einen der Männer.
»Jemand ist erschossen worden.«
»Wissen Sie wer?«
»Lipinski.«
Der Schock muss sich in meinem Gesicht widergespiegelt haben, denn der Mann fragte: »Kannten Sie ihn?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin nur hergekommen, um die Rechnung meiner Tante zu begleichen. Wie ist es passiert?«
»Selbstmord. Ich habe ihn gefunden«, sagte ein anderer Mann. »Ich bin früher als sonst mit meinem Wagen zurückgekommen und bin ins Büro gegangen, um mir meinen Lohn abzuholen. Und da lag er, das Gehirn weggeblasen. Muss sich die Pistole in den Mund gesteckt haben. Widerlich, überall klebte Blut und Gehirnmasse an der Wand. Hätte man gar nicht gedacht, dass Lipinski so viel Grips hatte.«
»Sind Sie sicher, dass es Selbstmord war?«
»Da lag ein Zettel, den habe ich gelesen. Lipinski sagt, er hätte Martha Deeter umgebracht. Sie hätten gestritten, es wäre um ein Kundenkonto gegangen, dabei hätte er sie erschossen. Und dann hätte er versucht, es so aussehen zu lassen, als sei sie überfallen worden. Er hätte mit der Belastung nicht länger leben können, deswegen wollte er abtreten.«
Mann, o Mann.
»So ein Quark«, sagte Bunchy. »Das stinkt doch zum Himmel.«
Ich sah mich noch ein bisschen um. Erst verließ der Gerichtsfotograf die Szene, danach auch die meisten Polizisten. Die Angestellten der RGC gingen einer nach dem anderen, und dann ging auch ich, wieder mit Bunchy im Schlepptau. Er war still geworden, nachdem er das mit dem Quark gesagt hatte, der zum Himmel stinkt. Und er war sehr nachdenklich.
»Zwei RGC-Leute tot«, sagte ich zu ihm. »Warum?«
Wir sahen uns einen Moment lang in die Augen, dann schüttelte er den Kopf und ging.
Ich sprang schnell unter die Dusche, trocknete mir die Haare und zog einen kurzen Jeansrock und ein rotes T-Shirt an. Ich begutachtete meine Frisur, entschied, dass ich etwas nachhelfen musste und legte die elektrischen Lockenwickler ein. Danach gefiel mir meine Frisur immer noch nicht besonders, also trug ich zusätzlich Wimperntusche auf. Stephanie Plum, ein Meister der Ablenkungsmanöver. Wenn dir deine Haare nicht gefallen, kürz dir den Rock und trag Wimperntusche
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