Vier Morde und ein Hochzeitsfest
kommen. Ich will noch einen guten Platz in der ersten Reihe kriegen, und wahrscheinlich wird es brechend voll, weil der Verstorbene erschossen wurde. Ihr wisst doch, wie neugierig die Leute sind.«
Schweigen am Tisch. Niemand wagte es, eine Bemerkung zu machen.
»Na ja«, meinte Grandma schließlich, »vielleicht bin ich ja auch ein bisschen neugierig.«
Nach dem Essen legte ich einige Stücke Lammfleisch, ein paar Kartoffeln und etwas von dem Gemüse auf einen Wegwerfteller aus Aluminiumfolie.
»Für wen ist das?«, wollte Grandma wissen.
Ich tat noch Plastikgabel und Plastikmesser dazu. »Für den streunenden Hund bei den Kerners.«
»Frisst der Hund mit Messer und Gabel?«
»So was darfst du mich nicht fragen«, erwiderte ich.
7
Das Beerdigungsinstitut Stiva war m einem weißen Haus in der Hamilton Street untergebracht. Kurz vorher hatte es im Keller gebrannt, und weite Teile des Hauses waren umgebaut und neu eingerichtet worden. Neuer grüner Kunstfaserteppich auf der Veranda; neue, eierschalenfarbene Tapeten an den Wänden; neue blau-grüne strapazierfähige Auslegware im Foyer und in den Schauräumen.
Ich stellte meine blaue Bombe auf dem Gästeparkplatz ab und hakte Grandma unter, die auf den schwarzen Kunstlederpumps, die sie gewöhnlich zu abendlichen Aufbahrungen trug, ins Haus watschelte.
Constantine Stiva stand in der Mitte des Foyers und dirigierte den Besucherstrom. Mrs. Balog in Ruheraum drei. Stanley Krienski in Ruheraum zwei. Und Martha Deeter, die eindeutig die Attraktion des Abends werden sollte, war in Ruheraum eins aufgebahrt worden.
Vor nicht allzu langer Zeit war ich mit Constantines Sohn Spiro aneinandergerasselt, was besagten Brand und das geheimnisvolle Verschwinden von Spiro zur Folge gehabt hatte. Zum Glück war Constantine der perfekte Bestattungsunternehmer, hatte sich immer in der Gewalt, hatte ein einnehmendes Lächeln und eine Stimme, weich wie Vanillecreme. Über den hässlichen Zwischenfall verlor er nie auch nur ein Wort. Schließlich war ich ein potenzieller Kunde. In meinem Job eher früher als später. Ganz zu schweigen von Grandma Mazur.
»Und zu wem möchten Sie heute Abend?« fragte er. »Ach ja, Ms. Deeter schlummert in Raum eins.«
Schlummert? Hm.
»Dann wollen wir mal«, sagte Grandma, nahm mich an die Hand und zog mich hinter sich her. »Anscheinend kommen hier immer eine Menge Leute zusammen.«
Ich ließ meinen Blick über die Gästeschar schweifen. Ein paar bekannte Gesichter, Myra Smulinski und Harriet Farver. Einige Leute, die wahrscheinlich bei der RGC arbeiteten und sich nur versichern wollten, dass Martha auch bestimmt tot war. Viele Leute in Schwarz, die in der Nähe des Sarges standen, vermutlich Familienangehörige. Vertreter aus dem Big Business ließen sich keine ausmachen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Mafia Onkel Fred und die Leute von der Müllabfuhr erledigt hatte, wie mein Vater meinte… trotzdem konnte es nicht schaden, die Augen aufzuhalten. Irgendwelche Aliens konnte ich auch nicht erkennen.
»Jetzt sieh sich einer das an«, sagte Grandma. »Der Sarg ist ja geschlossen. Schöne Bescherung. Da mache ich mich schick und komme extra her, um mein Beileid zu bekunden, und dann kriege ich nicht einmal was zu sehen.«
Martha Deeter war erschossen und eine Autopsie an ihr vorgenommen worden. Man hatte ihr das Gehirn herausgenommen und es gewogen. Nachdem man sie wieder zusammengeflickt hatte, sah sie wahrscheinlich wie Frankenstein aus. Ich persönlich war ganz froh, dass der Sarg geschlossen war.
»Ich werfe mal einen Blick auf die Blumen«, sagte Grandma. »Mal sehen, wer hier der Müllabfuhr gefallen will.«
Ich schaute mich noch mal unter den Besuchern um und entdeckte Terry Gilman. Na so was! Vielleicht hatte mein Vater ja doch Recht. Es ging das Gerücht, dass Terry Gilman für ihren Onkel Vito Grizolli arbeitete. Vito war Familienvater und besaß eine chemische Reinigung, in der nicht nur schmutzige Wäsche gewaschen würde. Wie ich von Connie, die in der Sache irgend’ wie mit drinhing, allerdings ohne Gewinnbeteiligung, erfahren hatte, hatte Terry mit Schutzgeldeintreiben angefangen und kletterte nun die Karriereleiter hoch.
»Terry Gilman«, sagte ich, eher feststellend als fragend, und streckte die Hand aus.
Terry war schlank und blond und war während der gesamten Schulzeit mit Morelli zusammen gewesen. Das machte sie mir nicht sympathischer. Sie trug ein teures graues Kostüm und passende Stöckelschuhe. Ihre
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