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Vier Tage im August

Vier Tage im August

Titel: Vier Tage im August Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvio Blatter
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abgehakt.
    Schwamm drüber, urteilte Tom.
    Ivo Blume beherrschte sich:
    Wenn es so leicht ginge…
    Paul Fontana ist endgültig ausgestiegen, ebenso René Spring, fasste Tom zusammen.
    Mit Paul blieb ich zunächst ja unfreiwillig in Kontakt, die ganze Schererei mit Iris, das kennst du ja, trotz allem ist Paul schließlich mein Freund geblieben, und deine Mutter ist mir immer wichtig gewesen, auch jetzt noch …
    Der Vierer, Alice Braun?
    War bald kein Thema mehr. Wir haben uns mit dem Unabänderlichen abgefunden. Glaub es mir, Tom. Wir haben die leidige Geschichte begraben müssen, erklärte Ivo und legte eine Hand auf Toms Arm.
    Man kann sich nicht ewig Asche aufs Haupt streuen.
    Bleibt René Spring.
    René Spring hat sich nach der Meisterschaft zurückgezogen, er soll Mathematik und Physik studiert und im Engadin ein Büro aufgebaut haben, das sich mit Statik beschäftigt.
    Und dieser Leo Zimny?
    Kontakt abgebrochen, mit allen heillos zerstritten, schon vor der Katastrophe. Er war ein Berserker.
    Ihr habt ihn ausgebootet?
    Er hatte sich damals verletzt, Elmar fand dann, René passe besser ins Boot. Elmar war unser Boss. Paul und ich waren mit seinem Schiedsspruch einverstanden. Alice hat sich für Leo Zimny eingesetzt. Könnte sein, dass er mit ihr angebandelt hatte, dass sie verliebt war. Ich habe Leo Zimny aus den Augen verloren.
    Und Alice Braun?
    Wir haben unsere Steuerfrau im Stich gelassen, gestand Ivo und schaute weg.
    Wieder in der Stadt, verteilte Tom Flyer für ein Musical, spazierte nach Art der Maskottchen durch die Straßen zum Hirschenplatz, froh um das aufgemalte, freundliche Gesicht, das sein eigenes verbarg und seine Gedanken auch, wie sie kamen und gingen und in seinem Kopf herumschwirrten, der bestens geschützt war in dem anderen Kopf aus Pappmaschee.
    Bevor er in seinem Lancia losfuhr, war Tom kurz auch am Zwinger gewesen, bei Geoff und seinem Pfleger Felix. Das verletzte Tier kam ihm jetzt, während er als Clown unterwegs war, in die Quere, er glaubte, selbst wie ein Trüffelhund unterwegs zu sein. Statt rarer Trüffel suchte er die Wahrheit. Tom atmete tief durch und steuerte auf der Rathausbrücke mit seinen Flyern auf eine Gruppe Passanten zu; ein Halbwüchsiger machte ihm eine lange Nase, der Clown verbeugte sich tief. Ein Tourist, ein begeisterter Amerikaner, der Shorts mit Streifen und Sternen trug, fotografierte den Clown zusammen mit seiner dicken Frau. Ein Boxerhund lief auf den Clown zu, wollte die feuchte Nase zwischen seine Beine stecken. Tom zuckte zurück. Er mochte große, fremde Hunde nicht.
    Ruhig bleiben.
    Jara bot sich einmal mehr als Vorbild an, und er meisterte die Lage. Seine Jara war jetzt auf Kontrollgang, ihre Wege hatten sich hier, in der Nähe der Hauptwache, auch schon zufällig gekreuzt. Jara würde es auf keinen Fall dulden, wenn er als Maskottchen eines seiner Späßchen mit ihr triebe, damit das Publikum auf Kosten der Polizei etwas zum Lachen hatte. Tom bewunderte Jara für die taktische Begabung und Klugheit, auf alles, was geschah, mit Gleichmut und furchtlos zu reagieren. Spott überhörte sie, Beleidigungen perlten an ihr ab. Sie verknüpfte Polizeidienst und Nächstenliebe, erledigte nicht irgendeinen Job, Jara hatte den Eid auf die Verfassung geleistet und deren Werte verinnerlicht wie das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser. Sie diente dem Staat und sie diente Gott. Tom war weder in Staatskunde noch in Religion sattelfest. Jara zuliebe hatte er einmal versucht, das alte Gebet mitzubeten, bis zum abschließenden:
    Und führe uns nicht in Versuchung…
    Jara hatte den Kopf geschüttelt. Warum sollte der Herr uns in Versuchung führen wollen? Das hat er doch nicht nötig. Dafür ist der Teufel zuständig. Der Schluss lautet:
    Und führe uns in der Versuchung… Amen.
    Dass Tom sich gern verführen, aber in der Versuchung nur ungern führen ließ und in einem Kriminalfall selbstherrlich recherchierte, trüge ihm Jaras Missbilligung ein. Zum Glück wusste sie nicht, wie viel er wusste, und dass er telefonierte, SMS verschickte, mit verschiedenen Informanten Gespräche führte, statt sich an die zuständige Polizeistelle zu wenden. Jara würde genau dies von ihm fordern. Tom, es geht um Mord. Er sah das ein. Ihre Zuversicht, die Polizei unternehme stets das Richtige zur richtigen Zeit, war unerschütterlich. Er beneidete sie um das Talent zu glauben, ihr generelles Vertrauen, ihr Gottvertrauen und das besondere Vertrauen in Behörden, auch wenn sie ihn

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