Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)
die Mauer.
Der Pilot bestätigte.
Über Funk brach der Chef den Einsatz des Fliegers ab.
Keine Freigabe zum Bombenabwurf, der Feind ist schon zu lange ruhig, meldete er.
Verdammt!, rief Hardy aus seiner Stellung auf dem Grab.
An diesem Abend saßen Muli, Hardy, TJ, Mica und ich hinter unserem Dingo auf dem Boden.
Sollen wir es wirklich machen?, fragte Muli in die Runde.
Naja, du hast immer gesagt, dass unser Fahrzeug unauffällig bleiben muss. Mica sah ihn fragend an.
Da meldete sich Hardy zu Wort. Ach los jetzt. Wir ham nichts zu verbergen.
Ich stand auf, hatte einen dicken schwarzen Edding in der Hand.
Kurze Zeit später hatte ich ein kleines Strichmännchen mit Turban und Kalaschnikow, eine Kuh, eine Bretterbude, wie Mica sie bei dem schlimmen Nachtgefecht zerstört hatte, und eine Straßenbombe hinten auf unser Fahrzeug gemalt. Hinter die Figuren machte ich dicke schwarze Striche. Bei der Bombe waren es zwei.
Wir verstecken uns nicht mehr, sagte TJ und grinste grimmig.
Am nächsten Morgen war mein linker Ellenbogen so dick wie eine Pampelmuse.
Ich rollte mich aus dem Schlafsack und ging in den Hof. Dort klopfte ich an die Tür der Sanitäter. Diese schienen nicht überrascht zu sein.
Schleimbeutelentzündung, lautete das knappe Urteil des Arztes, der mich untersuchte. Hatten Sie eine Wunde am Ellenbogen?, wollte er wissen.
Ich überlegte kurz. Einen Pickel, der ist aufgegangen. Aber der war winzig, beteuerte ich.
Das tut nichts zur Sache, klärte mich der Arzt auf. Es reicht schon eine kleine Wunde in der Haut. Die Bakterien in dieser unsauberen Umgebung besorgen dann den Rest.
Als ich mit einer Schlinge um den Arm zurück zum Schlafraum ging, begegnete mir Muli, der auf einem Müsliriegel herumkaute.
Was ’n mit dir los?, nuschelte er mit vollem Mund.
Ich erklärte es knapp. Schleimbeutelentzündung. Ich muss den Arm ruhigstellen und ’n Antibiotikum nehmen. Ich fall für ein paar Tage aus.
ZWANGSPAUSE
In den folgenden Tagen fuhr Golf eins ohne mich auf die Westplatte, ich wurde stattdessen für die Wachen im Polizeihauptquartier eingeteilt. Für die Beobachtung vom Turm reichte ein Arm.
Und so kam es, dass die nächste große Fußpatrouille ohne mich stattfand. Ich genoss die Ruhe, obwohl mich mein dicker Ellenbogen schon ziemlich nervte. Dennoch war es ein ziemlich mieses Gefühl, mein Team allein rausfahren zu sehen.
Ich dachte immer noch über meine Reaktion während des Gefechtes vor Quatliam nach. Warum hatte ich mich nicht sofort aufraffen können, um Muli zu unterstützen? Warum war mir so schlecht geworden? Es war schließlich nur eines von vielen Gefechten gewesen, die wir schon erlebt hatten.
Während ich Zeit hatte, über meine Reaktion in der Ruine nachzudenken, plante der Chef eine Fußpatrouille an die Ausläufer von Qara Yatim. Die Ortschaft, wo wir nachts vor ein paar Wochen in eine Falle gelockt worden waren und fast nicht mehr heil herausgekommen wären. Es sollte nur eine harmlose Gesprächsaufklärung stattfinden, der Chef wollte ein Gefühl für die Stimmung im Dorf erhalten. Weil ich ausfiel und wir wegen Kruschka sowieso unterbesetzt waren, sollte Golf zwei diesmal die Führung übernehmen. Brandys Gruppe freute sich auf die Aufgabe und bereitete sich mit Feuereifer darauf vor. Unsere Gruppe sollte auf der Hauptstraße bleiben und die Fahrzeuge bewachen.
Ich ließ mich für eine Wachschicht während dieser Zeit einteilen, um mit dem Funkgerät auf dem Turm alles verfolgen zu können.
Der Morgen schien entspannt zu beginnen und das Wetter versprach einen kühleren Tag als sonst. Die Fahrzeuge hatten das Polizeihauptquartier schon früh verlassen, und die Bedingungen für eine Fußpatrouille schienen günstig. Auf der Straße war noch nicht viel los, die Händler gegenüber öffneten gerade erst ihre Bretterverschläge. Ich saß auf einem wackeligen Plastikstuhl und versuchte, durch den Dunst die Dörfer und Bäume in der Umgebung zu erspähen.
Doch es dauerte nicht lange, da hörte ich die ersten Schüsse. Sofort saß ich kerzengerade im Stuhl. Ich hatte Mühe, meine Aufmerksamkeit auch auf die anderen Seiten zu lenken, immer wieder zog es meinen Blick in die Richtung, aus der ein immer lauter werdender Gefechtslärm zu mir drang.
Ich konzentrierte mich auf das Funkgerät.
Hier Brandy, liege mit meiner Gruppe unter massivem Feindbeschuss.
Tak Tak Tak von Maschinengewehren. Ich hörte es aus dem Funkgerät und gleichzeitig in einiger Entfernung im Dorf.
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