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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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ein.
    TJ fuhr dazwischen. Ich würde das gerne für euch tragen, wenn ich dafür mitkommen dürfte. Aber ich muss beim Fahrzeug bleiben, das kotzt mich an.
    Ich muss auch beim Fahrzeug bleiben und find’s auch scheiße, sagte Hardy.
    Ach, keine Angst, ihr dürft noch oft genug mit, versuchte Jonny zu besänftigen.
    TJ war jetzt sauer. Ist mir scheißegal, ich will mit und dabei sein, euch unterstützen.
    Denkt dran, heute schon genug zu trinken, das habt ihr dann morgen als Reserve, sagte ich.
    Keiner antwortete, alle arbeiteten weiter an ihrer Ausrüstung.
    Es lag eine merkwürdige Spannung in der Luft. Monatelang hatten wir uns auf diesen Moment vorbereitet. Jeder wusste, dass das auf ihn zukommen würde. Aber was genau würde auf uns zukommen? War es das Gefecht, das wir erwarteten? Das fremde Land war schon schwierig genug zu begreifen. Aber hier herrschte Krieg, auch wenn wir bisher nichts davon gesehen hatten. Ich dachte an Filme, die ich kannte, dramatisch und laut. War das der Krieg? Und was war mit meinem Bedürfnis, den Menschen in diesem Land zu helfen, das ich ganz klar spürte? Manche waren wegen des zusätzlichen Geldes hier, wegen der Suche nach Abenteuern oder wegen sonst was. Viele auch wegen der Kameraden. Aber dafür in den Krieg ziehen?
    Ich sah mich um und blickte die anderen an. Wie sie da saßen und locker waren. Sie quatschten ganz entspannt und arbeiteten an ihren Westen, füllten die Taschen mit Munition, die Trinksäcke mit Wasser. Wie würde es sein, wenn der Erste verletzt wurde? Ich denke zu viel nach, dachte ich. Ich machte mir mit dem Nachdenken selbst zu viel Druck, anstatt einfach den Kopf auszuschalten. Wizo hatte mal gesagt, bei langen Märschen schalte er einfach ab und laufe. Dann könne er hundert Kilometer marschieren, ohne Problem. Ich dagegen dachte beim Marschieren nur daran, dass ich jetzt marschieren musste. Und beim Fallschirmspringen musste ich immer an meine Höhenangst denken. Ständig. Es war eine Grenzerfahrung.
    Eigentlich Irrsinn, dass ich mit dieser wahnsinnigen Angst den festen Entschluss gefasst hatte, Fallschirmjäger zu werden. Dass diese Angst mich nicht lähmte, war mir immer wieder ein Rätsel. Trotzdem kostete sie mich viel Kraft. Und was würde morgen sein? Wieder dachte ich über etwas nach, das ich nicht beeinflussen konnte. Die Ungewissheit, was kommen würde, beschäftigte mich sehr. Und der frühe Zeitpunkt. Warum musste es schon morgen so weit sein? Wir würden noch oft draußen sein, die Aussicht störte mich nicht. Aber warum schon morgen, am dritten Tag?
    Ich ging nach draußen, wo es inzwischen etwas kühler geworden war. Der letzte hellblaue Schleier lag entfernt am Horizont, und über mir breitete sich eine große Weite aus wunderschönem Dunkelblau wie ein Tuch aus. Einzelne Sterne blitzten bereits daraus hervor. Ich ließ meine Gedanken kreisen und sah in den dunkler werdenden Himmel, als mich Muli rief.
    Was ist los?, wollte er wissen.
    Ich denke, sagte ich nachdenklich, dass ich absolut keine Angst vor der Patrouille morgen habe. Aber wir sind einfach noch nicht bereit.

57 GRAD
    Ich war von Dämmerlicht umgeben. Es polterte, und ich wurde mal nach rechts oder links, mal in den Sitz gedrückt. Wir waren zur Patrouille aufgebrochen. Saßen uns gegenüber, eingepfercht in dem engen Transportpanzer. Rechts neben mir drückte sich ein Beinpaar an meine Schulter. Nossi, der durch die Luke hinten rechts herausschaute, hatte wenigstens frische Luft um sich. Weiter vorne war eine weitere Luke geöffnet, in der Russo stand.
    Ich sah mich um. In dem Wechsel aus Licht und Schatten saß die ganze erste Gruppe. Ein dicht gedrängter Haufen Soldaten, mit gesenkten Köpfen, die Helme mit geöffneten Riemen. Jeder hatte seine Waffe so gut es ging zwischen die Beine geklemmt und drückte die Schulterstütze auf den Boden. Die Rucksäcke lagen in der Mitte des engen Kampfraumes oder auf unseren Füßen und Knien. Zwei Panzerfäuste hingen in schwarzen, engmaschigen Netzen von der Decke. Hinter uns befanden sich die restlichen Fahrzeuge. Die zweite Gruppe, Mü, der Chef mit den Übrigen. Und ein Jammer, der möglichst immer mitkam, wenn es nach draußen ging. Dabei handelte es sich um einen umgebauten Transportpanzer mit Abwehrausstattung, um das Zünden von handygesteuerten Straßenbomben zu verhindern. Haltet euch von seinen Antennen fern, hatte Nossi uns geraten. Die grillen euch die Eier.
    Wir waren erst ein paar Meter gefahren, aber die Luft war

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