Vier zauberhafte Schwestern und die fremde Magie
ihre magischen Fähigkeiten nachts eingesetzt hatte. Als sie an diesem Abend die Wohnwagentür abschlossen und in ihre Schlafsäcke krochen, war Flora fest entschlossen, Skys Verschwinden kein zweites Mal zu verschlafen. Und tatsächlich, mitten in der Nacht hörte Flora ihre kleine Schwester aus dem Bett krabbeln, die Turnschuhe aufheben und die Tür des Wohnwagens öffnen.
Ein paar Minuten, nachdem Sky die Tür wieder hinter sich geschlossen hatte, folgte Flora ihr. Im Mondlicht entdeckte sie die Spur, die Sky im feuchten Gras hinterlassen hatte. Sie konnte sehen, dass Sky über den Rasen zur Vorderseite des Wohnhauses gelaufen war. Dann hörten die Fußabdrücke mitten auf dem Rasen auf. Wo ist sie hin?, rätselte Flora und sah sich nach allen Seiten um. Einen schrecklichen Moment lang dachte sie, etwas hätte ihre Schwester verschlungen und in die Nacht entführt. Mit klopfendem Herzen blickte Flora nach oben, ihre Augen suchten den Himmel ab, von rechts nach links und von oben nach unten. Die Nacht war klar und der Mond schimmerte in einem kräftigen Orange, wie oft um diese Jahreszeit. Endlich sah sie ihre kleine Schwester hoch über dem Haus mit ausgebreiteten Armen. Im Flug. Flora war so perplex, dass sie auf den Hintern fiel. »O mein Gott«, sagte sie, im feuchten Gras sitzend. Sie blieb eine Weile dort und beobachtete Sky, die noch nicht bemerkt zu haben schien, dass sie beobachtet wurde, vielleicht weil Flora sich im Schatten der Bäume aufhielt.
Nach ein paar Minuten stand Flora auf und huschte im Schutz der Dunkelheit zum Wohnwagen zurück.
Hoch oben schoss Sky hierhin und dorthin. Ihre magische Kraft hatte sich weiterentwickelt, sie flog elegant und sicher.
Es ist einfach himmlisch, dachte sie, während sie durch die Luft glitt.
Im selben Moment fiel ihr Blick auf den Wilden Wald. Ihr Herz stolperte, als sie sich fragte, ob die dunkle Gestalt wohl wieder dort stand. Sky schwebte langsam näher an die schlanken Kiefern heran. Auf der anderen Seite der Mauer war weit und breit nichts von einer Gestalt zu sehen. Doch zwischen den Bäumen blickten Hunderte Paare großer gelber Augen zu ihr hoch. Jedes dieser Augenpaare fixierte sie mit seinem Blick. Sie hatten etwas Widerwärtiges an sich, und Sky lief ein Angstschauer über den Rücken.
Konzentriere dich, befahl sie sich. Ich darf nicht fallen, ich darf nicht fallen! Sie gewann an Höhe und bewegte sich in Richtung des östlichen Randes des Wilden Waldes. Die Blicke folgten ihr. Sie bewegte sich zurück nach Westen und die Blicke wanderten mit ihr, als wären sie an ihr festgeklebt. Was waren das für Wesen? Sie kehrte im Sturzflug auf den Rasen zurück und landete mit einem solchen Schwung, dass sie sich Schürfwunden an Gesicht und Händen zuzog.
So schnell sie konnte, rappelte Sky sich auf und rannte zum Wohnwagen. Sie riss die Tür auf – und da saß Flora auf ihrem Bett und hielt sich eine Taschenlampe unter das Kinn. Im Strahl der Lampe sah ihr bleiches Gesicht wie das eines Geistes aus.
»Mann, Flora!«, schrie Sky, die Tür hinter sich zuknallend. »Spinnst du?!« Sie ließ sich auf ihr Bett fallen und brach in Tränen aus.
»Was ist passiert?«, fragte Flora und ließ die Taschenlampe sinken. Sie krabbelte auf Skys Bett und richtete den Strahl der Lampe auf Skys Gesicht und Hände. »Hey, du blutest ja. Bist du zu hart gelandet?«
Sky nickte. Sie holte zitternd Luft. Dann richtete sie sich auf, bis sie neben Flora saß, und wandte sich zu ihrer Schwester um. »Da waren diese Augen«, flüsterte sie. »Garstige Augen, die mich angesehen haben.« »Hey, ganz ruhig«, sagte Flora, die einen Arm um Sky gelegt hatte. »Erzähl mir einfach, was passiert ist. Von Anfang bis Ende.«
»Und du wirst nicht sauer?«, flüsterte Sky.
»Das weiß ich noch nicht. Vielleicht. Aber ich finde, du solltest es mir trotzdem erzählen«, sagte Flora liebevoll.
Sky sah ihre Schwester mit dem kastanienfarbenen Schopf und den sanften braunen Augen an. »Also gut«, sagte sie schniefend. »Ist die Tür abgeschlossen?«
»Ich glaube nicht«, erwiderte Flora und stand auf, um dafür zu sorgen. »Hast du Angst, da draußen könnte jemand sein?«
Sky nickte und schniefte wieder. »Ich habe gestern Nacht jemanden auf dem Pfad auf der anderen Seite der Mauer stehen sehen.«
»Wer könnte das gewesen sein?«
Sky schüttelte ratlos den Kopf. »Ich konnte bloß erkennen, dass es jemand Großes war.«
Einen Moment stand Flora reglos da, dann drehte sie den
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