Vierbeinige Freunde
einen Polar-Eisbären vor, eingehüllt in einen dicken, warmen Pelz, so dick, daß ein Bad bei der grimmigsten Kälte für ihn nur eitel Freude bedeutet. Und nun soll dieser Mischka (in der Sowjetunion nennt man den Bären „Mischka“ = Verkleinerungsform von Michail) nicht etwa im hohen Norden, inmitten unendlicher Flächen ewigen Eises leben, sondern im Zentrum Moskaus, in den gut geheizten Zimmern einer menschlichen Wohnung!
Fomka wußte vor Hitze nicht wohin. Seine einzige Rettung war die Badewanne. Man ließ ihm die Wanne voll Wasser laufen, und Fomka stieg hinein, strampelte, tauchte und patschte mit den Pfoten auf das Wasser.
Bei solch einem Bärenbad flogen die Spritzer ringsumher, und der Fußboden war mit Pfützen bedeckt.
Hatte Fomka dann zur Genüge gebadet, stieg er aus dem Wasser und begann auf dem gewachsten Parkett wie auf dem Eise herumzuschlittern. Oder aber er kroch, so naß wie er war, ins Bett oder aufs Sofa – es war kein Fertigwerden mit ihm! Ilja Pawlowitsch versuchte es immer wieder, schließlich rief er den Zoo an und bat, man möchte doch den Bären abholen. „Kommt! Erlöst mich! Ein Eisbär weiß sich in einer Menschenwohnung nicht zu benehmen!“
Ich wurde ausgesandt, Fomka abzuholen.
Als ich ankam, schlief Fomka. Er lag in der Mitte eines großen Herrenzimmers auf dem Fußboden. Alle viere hatte er breit von sich gestreckt und sah aus wie ein kleiner Teppich. Er schlief so fest, daß er gar nicht aufwachte, als ich ihn auf den Arm nahm.
Erst unten auf der Straße weckte ihn das Geschrei einer alten Frau:
„Du liebe Güte! Die trägt einen Bären!“
Fomka brüllte auf, riß sich los und stürzte direkt auf ein Auto los – er hielt es wohl für ein Flugzeug. Es war nicht unser, sondern ein fremdes Auto. Fomka griff mit den Vordertatzen nach der Türklinke und zerrte daran. In dem Auto befanden sich Fahrgäste. Den eindringenden Eisbären sehen, zur anderen Seite aus dem Wagen springen und schreien – das war eins! Fomka erschrak noch mehr, erhob ein Mordsgebrüll und zerrte wild an der Klinke! Die Tür hielt einer solchen Kraft nicht stand und ging auf. Ich hatte gar nicht Zeit, Luft zu holen, da war mein Bär schon im Auto auf dem Sitz. Kaum saß er, war er auch sofort ganz ruhig, dafür aber schrien die Eigentümer des fremden Wagens jetzt um so lauter. Sie verlangten, man solle den Bären aus ihrem Wagen herausschaffen. Leicht gesagt – herausschaffen, wenn der Bär um keinen Preis den Wagen zu verlassen gewillt ist. Ich zerrte und zog an ihm, er aber stemmte sich, kratzte und brüllte.
Auf den Lärm hin erschien die Miliz, hörte sich alles aufmerksam an und meinte schließlich ganz unerwartet: „Werte Bürger, statt hier einen solchen Lärm zu schlagen, sollten Sie lieber helfen, das Tier in den Zoo zu bringen!“
Die Worte des Verkehrsreglers taten ihre Wirkung. Die Eigentümer des Wagens beruhigten sich und boten mir in höchst liebenswürdiger Weise an, ihren Wagen zu benutzen, während sie uns dafür in unserem, dem Wagen des Zoologischen Gartens, folgen wollten.
Außer den Wagen mußten aber auch die Fahrer ausgetauscht werden, denn der Fahrer des fremden Autos weigerte sich, den Bären zu fahren.
Den ganzen Weg über saß Fomka ruhig auf seinem Platz und schaute aufmerksam zum Fenster hinaus. Die Passanten blieben verwundert stehen und blickten uns lange nach: Wie kommt ein Eisbär in das Auto?
Wir langten wohlbehalten im Zoo an. Fomka wollte zwar absolut nicht aus dem Wagen heraus, doch da half uns der Zootechniker. Die Gelegenheit abpassend, ergriff er blitzschnell den Bären am Schlafittchen und bugsierte ihn in den Käfig.
Das Geheimnis der Krankheit
Die neue Umgebung beeindruckte Fomka nicht im geringsten. Er besichtigte den Käfig, beschnupperte alles, kroch dann in sein Häuschen und schlief sofort darin ein. Während Fomka schlief, bereitete ihm Tante Katja, die Wärterin der Jungtierabteilung, sorgfältig seine Mahlzeit. Wir hatten noch niemals einen jungen Eisbären in unserer Abteilung gehabt, und so wollte jede von uns dem Neuankömmling etwas besonders Schmackhaftes zurechtmachen. Schließlich einigten wir uns auf Milchbrei und ein Stück Seehundsspeck. Tante Katja fügte von sich aus noch eine Möhre und einen Apfel hinzu.
Als alles fertig war, war auch Fomka bereits erwacht. Man hätte sehen müssen, mit welchem Stolz wir ihm die erste Mahlzeit brachten! Voraus ging die Praktikantin Lipa und trug den Milchbrei, ihr folgte Tante Katja
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