Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vierbeinige Freunde

Vierbeinige Freunde

Titel: Vierbeinige Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wera Tschaplina
Vom Netzwerk:
freiheitliebender Fuchs und brachte es fertig, aus jedem Käfig auszureißen.
    Das erste Mal entwischte Stummelschwanz vierzehn Tage nach seiner Einlieferung. Als Wärter kam, um den Käfig zu säubern, war Stummelschwanz nicht mehr da.
    Lange konnte Onkel Ljonja nicht begreifen, wo Stummelschwanz geblieben war. Der Käfig war heil, alle Füchse waren zur Stelle, nur Stummelschwanz war weg. Schließlich kam Onkel Ljonja dahinter. Innerhalb des Käfigs, dicht am Gitter, stand ein Baum. Oben, wo der Baum nach außen durchwuchs, war ein Loch eingeschnitten, und durch dieses Loch war Stummelschwanz entkommen. Und wie schlau hatte er das angefangen! Er hatte sich mit dem Rücken gegen den Baum gestemmt – es waren ordentlich Haare an der Rinde hängengeblieben –, und mit den Pfoten hatte er in das Gitter gegriffen. So war er wie auf einer Leiter hinausgestiegen.
    Onkel Ljonja schüttelte nur den Kopf. Ein solch schlauer Fuchs war ihm bis jetzt noch nicht begegnet.
    „Bloß’n Tier, und hat doch Verstand!“ meinte Onkel Ljonja bewundernd.
    Nach ungefähr zwei Tagen bekamen wir Stummelschwanz wieder zurück. Man brachte ihn in einem mit einem Tuch umwundenen Korb. Den Korb trug ein Mann, und um ihn herum drängten sich so an die zehn Kinder. Einige der Kinder hatten zerbissene Hände und wunderten sich daher nicht wenig, als Onkel Ljonja ohne weiteres Stummelschwanz auf den Arm nahm und dieser ihm nichts tat. Ja, er biß ihn nicht einmal, als Onkel Ljonja ihn für das Ausreißen tüchtig am Ohr zog.
    Man setzte Stummelschwanz wieder in denselben Käfig, allerdings war die Öffnung, durch die er seinerzeit hinausgeschlüpft war, inzwischen dicht gemacht worden. Das hinderte ihn aber nicht, ein zweites Mal zu entwischen.
    Diesmal schlüpfte er ganz einfach zur Tür hinaus, Onkel Ljonja war noch nicht richtig zum Käfig hereingekommen, als Stummelschwanz blitzschnell zwischen seinen Beinen hindurchwischte, mit seinem Schwanzstummel einmal ausschlug und im nächsten Moment den Blicken entschwunden war.
    Eine Strafexpedition wurde ausgesandt, um den Flüchtling zu suchen. Es gelang aber nicht, Stummelschwanz zu fangen. Nicht umsonst hatte er sich mit allen Ein- und Ausgängen des Zoo bekannt gemacht. Man hatte sich schon damit abgefunden, daß Stummelschwanz verloren war; auch seine Rationen wurden gestrichen.
    Noch einige Tage vergingen, da verschwanden bald auf dem einen, bald auf dem anderen Teich des Parkes Enten. An Hand von Spuren war der Räuber nicht festzustellen; denn der Schnee war so zertrampelt, daß keine Spur darauf zu erkennen war.
    Wen verdächtigte man nicht alles! Man mißtraute sogar den Wächtern.
    Der nächtliche Dieb wurde ganz unerwartet entlarvt.
    Eines schönen Tages kommt Onkel Ljonja frühmorgens zur Arbeit und sieht gleich, daß mit seinen Füchsen etwas nicht in Ordnung ist. Alle haben sich dicht am Gitter zusammengedrängt und bemühen sich, etwas aus dem Schnee außerhalb des Gitters herauszuholen. Sie strecken die Pfoten durchs Gitter und balgen sich.
    Onkel Ljonja geht näher heran und sieht eine Ente im Schnee stecken. Sollte das die Ente sein, die seit der vergangenen Nacht auf dem Teich fehlt? denkt sich Onkel Ljonja und schafft seinen Fund zum Verwalter. Der Verwalter besieht die Ente und stellt fest, daß es die nämliche ist, die in der Nacht verschwunden ist. Ebenso wird festgestellt, daß ein Fuchs die Ente umgebracht hat. Und nun fiel der ganze Verdacht natürlich auf Stummelschwanz. Bald sollte sich diese Mutmaßung auch bestätigen. Es hatte geschneit, und auf dem frisch gefallenen Schnee fanden sich Fuchsspuren am Teich. Die Suche nach Stummelschwanz wurde wiederaufgenommen. Es stellte sich aber heraus, daß es durchaus keine leichte Aufgabe war, den Flüchtling zu finden. Es war unbekannt, wo sich Stummelschwanz verbarg. Man suchte ihn überall – und konnte ihn nirgends finden. Es wurde mit einem Hund Jagd auf ihn gemacht, man ging seinen Spuren nach, stellte ihm Fallen und lauerte ihm ganze Nächte lang auf. Es war alles vergeblich: Stummelschwanz blieb unsichtbar. An den Teichen aber fand man Nacht für Nacht einen gerissenen Vogel.
    Schließlich kam Stummelschwanz von selber heim, und zwar ganz einfach: Als der Wärter morgens zum Aufräumen erschien, empfing ihn Stummelschwanz, harmlos schmeichelnd, als wäre nichts gewesen, am Eingang des Käfigs.
    Offensichtlich hatte er die Heimatlosigkeit satt und fand sich eben wieder ein. Während Onkel Ljonja den Käfig

Weitere Kostenlose Bücher