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Vierbeinige Freunde

Vierbeinige Freunde

Titel: Vierbeinige Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wera Tschaplina
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sträubte er plötzlich sein Fell so, daß er aussah wie eine Kugel; er hopste wie ein aufziehbares Spielzeug oder wälzte sich nach Hundeart auf dem Rücken und balancierte dabei einen Scherben oder irgendein Steinchen in den Vorderpfoten.
    Die Zeit ging hin. Durch die Fenster des Löwenzwingers schimmerte schon längst ein schmaler Streifen der Morgendämmerung. Doch keiner der jungen Burschen war auch nur eingenickt. Mit einem Dachs ist an Schlaf nicht zu denken!
    Nun aber rasselten Schlüssel an der Tür. Bei diesem Geräusch spannte der Dachs. Dann schnaufte er plötzlich und lief eilends zur Bank hin, kletterte auf das Gesims und gelangte auf dem altgewohnten Weg, durch die an der Decke auseinandergeschobenen Eisenstäbe, in seinen Käfig zurück. Der Käfig ersetzte ihm seinen Bau, hier fühlte er sich sicher. Kaum war er verschwunden, da betraten die Wärter das Haus. Beim Anblick der Unordnung und der Jungen, die unter den Käfigen hervorkrochen, zuckten sie bloß die Schultern. Einander ins Wort fallend, erzählten nun die Jungen den Wärtern von den nächtlichen Abenteuern des Dachses.
    „Den ‚Kobold‘ haben wir nun doch nicht zu Gesicht bekommen“, meinte zum Abschluß einer der Jungen.
    Alle lachten. Onkel Pawel jedoch stellte sich vor den Käfig des Dachses, sah sich aufmerksam die auseinandergebogenen Eisenstäbe an und durchflocht sie sorgfältig mit Draht. Von diesem Tage an herrschte wieder Ordnung im Raum, und Onkel Pawel glaubte nicht mehr an Kobolde.
     

ARGO
    Der gezähmte Wildling
    Als ich den Käfig betrat, verkroch sich das Wolfsjunge in eine Ecke und schielte vor Schrecken. Mit seinem leicht fuchsigen Fell und der runden Stirn mochte ich es auf den ersten Blick. Hauptsächlich deshalb gefiel es mir, weil es bei meinem Näherkommen die gefletschten Zähne aufeinanderschlug und zur Seite sprang.
    Solche Jungwölfe liebe ich. Sie sind schwer zu zähmen, wenn es aber gelingt, vergessen sie ihren Herrn nie. Ich besuchte Argo jeden Tag, brachte ihm Knöchelchen und Fleischstückchen, doch das Wolfsjunge lehnte alles ab und blieb unzugänglich. Viel Mühe und Geduld mußte ich aufwenden, bis er mir erlaubte, ihn zu streicheln. In diesem Augenblick schien er wie versteinert zu sein: Das Schnäuzchen in die Pfoten vergraben, lag er regungslos da, während seine scheinbar erloschenen Augen auf einen Punkt hinstarrten. Obwohl er die Liebkosungen geduldig ertrug, suchte er sie nie von sich aus. Dafür aber werde ich auch nie den Tag vergessen, an dem er mir das erste Mal schmeichelte.
    Das war ganz unerwartet gekommen. Ich war krank und ungefähr zwei Wochen lang nicht im Zoo gewesen. Als ich dann wieder zu arbeiten anfing, suchte ich Argo auf. Ich erwartete nichts anderes, als daß er, nach der langen Trennung wieder scheu geworden, mich vergessen hätte und sich nicht mehr anfassen lassen würde.
    Aber das Gegenteil war der Fall. Ich öffnete die Tür des Käfigraumes und trat ein. Ein Jungwolf warf sich im Käfig umher, wedelte mit dem Schwanz, strebte zu mir hin und fiepte.
    Ich kannte zwar Argo ganz genau, doch diesmal glaubte ich, mich getäuscht zu haben. Im Nachbarkäfig saß noch ein Jungwolf. Dieser hieß Lobo. Lobo war ganz zahm, und ich glaubte, daß er es sei. Ich sah im anderen Käfig nach. Nein, Lobo saß ruhig auf seinem Platz. Argo aber, der unbändige Argo, war nicht wiederzuerkennen: Er kroch auf dem Bauch, fiepte und schmeichelte, als wäre er sein ganzes Leben lang zahm gewesen.
    Von diesem Tage an nahm alles seinen gewohnten schnellen Gang, und bald konnte ich Argo an einem Riemen ausführen. Natürlich erst allmählich. Anfangs war er sehr ängstlich, drückte sich an meine Beine, zerrte zur Seite oder sprang plötzlich rückwärts, wenn er einen Schreck bekam. Das war aber nur die erste Zeit, und bald ging er genau wie ein Hund an der Leine.
    Im Sommer wurde Argo zu Lobo in den Käfig gesetzt. Die beiden Jungwölfe, die einander im Charakter so gar nicht ähnelten, verband bald eine feste Freundschaft. Wenn einer von ihnen hinausgebracht wurde, grämte sich der andere und strebte zu seinem Freunde hin. Meist wurden sie zusammen ausgeführt. Ljalja Rumjanzewa mit Lobo und ich mit Argo – so spazierten wir auf den Wegen des Zoologischen Gartens. Wenn einmal kein Publikum da war, ließen wir die Jungwölfe frei. Spielend und einander jagend, tummelten sie sich ganz wie junge Hunde. Immer aber hielten sich die Jungwölfe in unserer Nähe auf. Der selbständigere Argo lief

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