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Vierbeinige Freunde

Vierbeinige Freunde

Titel: Vierbeinige Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wera Tschaplina
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manchmal etwas weiter weg, doch brauchte ich nur so zu tun, als ginge ich fort, sogleich kam er zurück.
    Die Reißzähne des Wolfes
    Dank der guten Pflege und der vielen Spaziergänge entwickelte sich Argo gut.
    Im Sommer streckte er sich und glich einem großen Hund. Im Winter war er dann erwachsen. Er war jetzt ein starker, gefährlicher Wolf. Das war er aber nur für andere, für mich war er der frühere Jungwolf Argo geblieben. Was habe ich mit ihm nicht alles angestellt! Ich zauste ihm sein buschiges Fell, zog ihn an den Pfoten und am Schwanz, und es kam nicht ein einziges Mal vor, daß er nach mir geschnappt hätte.
    Einmal bekam Argo ein Ekzem. Das ist eine wenn auch nicht gefährliche, so doch sehr schwierige Erkrankung. Auf dem Körper erscheinen schorfige Stellen, die das Tier dann wundkratzt. Argo wurde von diesem Übel befallen. In knapp einem Monat verlor er das dichte, buschige Fell, während sich die entzündete Haut mit schorfigen Wunden überzog. Er mußte mit Salbe eingerieben werden. Das Einreiben besorgte ich. Die Salbe war scharf und brennend. Wenn ich Argo einrieb, legte er sich vor Schmerz auf den Rücken, fiepte und griff mit seinen Zähnen nach meinen Händen.
    Seine riesigen Reißzähne preßten sich weich in meine Hand und verursachten mir niemals Schmerzen. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß Argo nicht beißen konnte. Seine Backenzähne zermalmten förmlich die Knochen, während seine Reißzähne imstande waren, nicht nur Fleisch zu zerreißen. Im Winter hatte ihn einmal ein Hund angefallen. Es war ein sehr großer Hund, viel größer als Argo – er hatte diesen wohl für einen Schäferhund gehalten. Als er aber näher herangekommen war, erkannte er den Wolf. Er sprang zurück, es war aber bereits zu spät. Argo war ihm mit einem Satz gefolgt. Der Hund lief in nervösen Sprüngen, brach im Schnee ein, arbeitete sich wieder heraus … Sicher, in weit ausholendem Galopp verfolgte ihn Argo. Vergeblich schrie ich ihn an, rief ihn zurück. Er war so vom Jagdeifer gepackt, daß er anscheinend nichts hörte. Er kam dem Hund immer näher und näher … er holt ihn gleich ein … hat ihn eingeholt … Mit einer vom Hals bis zum Schulterblatt klaffenden Wunde flog, sich überschlagend, der Hund zur Seite, Argo aber, der halbwüchsige Wolf, kehrte ohne einen einzigen Kratzer zurück.
    Der Haß des Wolfes
    Zu Fremden ging Argo nicht, biß auch nicht, wenn man ihn in Ruhe ließ. Er tat überhaupt so, als bemerke er niemanden.
    Einmal war folgendes passiert: Ich ließ Argo hinaus ins Gehege und ging fort. Ich kam nach einer halben Stunde zurück und sah, daß der Wolf nicht da war. Ich erschrak. Wenn er nur nichts anstellte, niemanden biß! Es war gerade Sonntag, eine Menge Besucher waren da. Im Laufe spähte ich überall umher, ob nicht der Ausreißer zu sehen wäre. Ich fand ihn beim Adlerkäfig. Argo kam mit den Leuten daher, schaute nach rechts und nach links, lief aber so ruhig, daß es nicht einmal dem Publikum auffiel, daß er ein Wolf war.
    Gut, daß Argo nicht dem Wärter begegnet war, den er nicht leiden mochte, ja, mehr noch, den er haßte. Dabei war die Ursache hierzu eine Geringfügigkeit. Dieser Wärter mußte Argo einmal in einen anderen Käfig überführen. Damit ihn der Wolf nicht beißen konnte, schnürte er ihm das Maul mit einem Strick zu. Diese Gewalttat schürte in Argo einen tiefen Haß gegen den Wärter.
    Der Wolf hat ein gutes Gedächtnis, und so war es nicht verwunderlich, daß fast ein halbes Jahr später Argo um ein Haar mit seinem Feind abgerechnet hätte. Das kam so: Ein Jak war aus seinem Gehege ausgebrochen. Mehrere Mitarbeiter machten sich auf, ihn wieder hineinzutreiben. Sie mußten an Argo vorbei, der in letzter Zeit an die Kette gelegt war. Als Argo inmitten der Ankommenden den Mann, der ihm so verhaßt war, erblickte, stürzte er nicht sogleich auf ihn los. Er legte sich hinter seine Hütte und lauerte ihm auf wie die Katze der Maus. Irregeführt durch das Benehmen des Wolfes, fühlte sich der Wärter sicher, beachtete die Gefahr nicht mehr und kam dadurch im Vorübergehen dem Wolf zu nahe. Einige Male hatte der graue Leib Argos schon gezuckt. Er hatte auch jedesmal eine kaum merkliche Bewegung in Richtung auf den ihm so verhaßten Menschen gemacht, war aber doch auf seinem Platz liegengeblieben. Argo kannte nämlich die Länge seiner Kette ganz genau. Wie oft schon hatte er sich die Zeit mit Spatzenfangen vertrieben! Er fing sie schnell, ohne fehlzugreifen.

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