Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)
wissen, dass Menschen im Herbsthaus verschiedene Wesen gesehen haben … und sogar mit diesen Wesen in Kontakt getreten sind. Aber es gibt absolut keine Anhaltspunkte dafür, dass von diesen Wesen eine konkrete, physische Gefahr ausgeht. Ich habe Sie immer für einen Forschergeist gehalten, Frau Pander.”
Was soll ich darauf sagen? Dass mir mein Forschergeist längst in die Hose und unten raus gerutscht ist? Als die Worte dann kommen, da bin ich selbst erstaunt über meinen Mut.
„Okay Herr Strauss, ich werde mir den Keller anschauen. Sind Sie im Laufe des Tages erreichbar?”
„Ja, bin ich. Vielen Dank Frau Pander. Lassen sie mich noch kurz erzählen, was ich in der Zwischenzeit herausgefunden habe. Wie gesagt: Der erste Bericht über paranormale Phänomene, der mir vorliegt, stammt aus dem Jahr 1986, das war dieser Mann, der nächtens von der großen, tierähnlichen Gestalt angesprochen wurde, der wohl auch Sie begegnet sind. Herr Schlechter hat dieses Wesen im Gespräch mit mir ja als Affen bezeichnet … aber egal, jedenfalls wusste ich bisher nichts über die Zeit vor 1986, mittlerweile bin ich aber schlauer. 84 und 85 lebte eine vierköpfige Gastarbeiter-Familie in der Wohnung, die das Zentrum der Phänomene zu sein scheint, das weiß ich von einem älteren Herrn, der in den Siebzigern und Achtzigern Hausmeister des Herbsthauses war. Diese italienisch-stämmige Familie ist ausgezogen, weil der jüngste Sohn unter Alpträumen und wohl auch unter Panikattacken litt. Und wissen Sie was, ich habe mit diesem Mann telefoniert, also mit dem jüngsten Sohn, der ehemalige Hausmeister wusste noch den Namen. Ist das nicht großartig?”
„Ja, ähm-”
Strauss spricht einfach weiter.
„Und dieser Mann hat mir erzählt, dass er und sein Bruder die Wohnung damals in sichere und unsichere Bereiche aufgeteilt hatten … es gab also Zimmer, in denen man sich aufhalten konnte, und Zimmer, die den Kindern gefährlich erschienen. Das Kinderzimmer war unglücklicherweise das gefährlichste Zimmer, das große Wohnzimmer hingegen relativ harmlos. Der Mann hat mir erzählt, dass er und sein Bruder nie zum Spielen ins Kinderzimmer gegangen sind, immer nur ins Wohnzimmer. Und wenn die Eltern nicht darauf bestanden hätten, dann hätten die Jungen in diesem Zimmer auch nicht geschlafen.”
„Und haben diese Kinder irgendwas gesehen?”
„Nein, da war nur dieses diffuse Gefühl der Bedrohung und des Beobachtet-Werdens, das auch mehrere andere Bewohner beschrieben haben. Auch in den Alpträumen, die der Mann damals hatte, kamen keine Wesen vor. Das waren Angstträume, wie sie Kinder häufig haben. Man kann das Gleichgewicht nicht halten und stürzt in die Tiefe … oder man ist eingesperrt und merkt, dass man nicht alleine ist, solche Dinge eben. Was aber wichtig ist: Die Kinder waren sich ganz sicher, dass die Angstgefühle und auch die Alpträume mit der Wohnung zusammenhängen. Die haben sogar in einem Bett geschlafen, obwohl jeder sein eigenes hatte. Und schließlich brachten sie ihre Eltern dazu, mit ihnen die Wohnung zu verlassen.”
„Ich verstehe nicht ganz, wie uns das hilft. Dass verschiedene Menschen es nicht lange in dieser Wohnung aushielten, das wissen wir doch schon.”
„Nun ja, es könnte sein, dass Ihre Nachbarwohnung nicht nur das Zentrum der paranormalen Phänomene ist, vielleicht gibt es ja auch in der Wohnung eine Art Zentrum … eben dieses Kinderzimmer, das für die beiden Jungs der unsicherste Raum war. Vielleicht könnten Sie sich dieses Zimmer noch einmal genauer ansehen … und vielleicht auch ein paar Stunden darin verbringen.”
Ich verspreche Strauss, noch einmal in das Zimmer zu gehen und mich dort umzuschauen. Es müsste der Raum sein, in dem dieser Schaukelstuhl steht … nein, liegt. Aber zuerst in den scheiß Keller. Zum Glück hat Strauss mich nicht gebeten, in dem ehemaligen Kinderzimmer zu übernachten.
„Einen Moment, Frau Pander. Ich habe noch herausgefunden, dass vor dieser Familie eine alleinstehende Frau in der Wohnung lebte, und zwar mehrere Jahrzehnte. Sie ist wohl in den fünfziger Jahren dort eingezogen und hat bis Anfang der 80er in der Wohnung gelebt. Anscheinend ist in diesem Zeitraum nichts passiert, was sie hat vergraulen können.”
„Oder diese Frau hat selbst mit diesen Phänomenen zu tun“, wende ich ein. „Sie haben mir doch erzählt, dass jemand eine alte Frau gesehen hat, die sich über ein Kinderbett gebeugt hat.”
„Ja, das stimmt. Allerdings weiß
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