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Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Titel: Vierter Stock Herbsthaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Susami
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ich bring ihm das Telefon ans Bett.”
    Ich höre ihre Schritte, dann eine Tür … Zeit zum Nachdenken. Wieso liegt Strauss um diese Zeit noch im Bett? Geht es so rapide abwärts mit ihm? Liegt da nur noch ein hohläugiges, vom Krebs zerfressenes Gerippe?
    Geflüsterte Worte, dann ein Knistern und Knarzen, das Telefon wechselt von einer Person zur anderen. Strauss räuspert sich, bevor er spricht.
    „Hallo Frau Pander, ich hab' schon gewartet, dass Sie mal anrufen. Wie geht es Ihnen?”
    Falls ich gerade mit einem Gerippe spreche, dann mit einem, das sich erstaunlich frisch anhört.
    „Ganz gut so weit. Ich hoffe Ihnen geht es auch gut … also den Umständen entsprechend.”
    „Ja, den Umständen entsprechend … das trifft es. Haben sie Neuigkeiten für mich?”
    Ich erzähle Strauss, was ich weiß. Ich erzähle ihm von dem Mädchen mit den Verbänden und davon, dass das Herbsthaus bei den Kindern der Gegend früher als Spukhaus bekannt war. Ich erzähle ihm auch von dem leeren Schlafzimmer Frau Diehls, von meinem Blick durchs Schlüsselloch und davon, dass mich von der anderen Seite aus etwas angeschaut hat.
    „Sind Sie sicher, dass Sie etwas angesehen hat?”
    „Nein, nicht hundert Prozent. Aber auf jeden Fall wurde es plötzlich dunkel und … nun ja, ich hab mir eben eingebildet, dass ich eine Bewegung wie von einem Augenlid gesehen habe, also wie so ein Blinzeln.”
    „Und das Zimmer war völlig leer?”
    „Ja, absolut. Und dieses Zimmer grenzt eben direkt an die Wohnung, die das Zentrum des Ganzen zu sein scheint, genau wie unser Schlafzimmer.”
    „Waren Sie mittlerweile mal in dieser Wohnung? Sie haben doch den Generalschlüssel.”
    „Ja, das war ich … gerade eben erst.”
    Ich erzähle Strauss von meiner ängstlichen kleinen Wohnungserkundung, beschreibe ihm die fast leeren Räume und finde sogar Worte für die seltsame Verkommenheit, die diese Wohnung ausstrahlt. Das klebrige Gefühl, als ich den Schaukelstuhl berührte, die sich wellenden Tapeten, von denen man glaubt, dass sie jeden Moment von den Wänden fallen, der muffige, leicht bittere Geruch … Strauss scheint enttäuscht darüber zu sein, dass mir in der Wohnung nichts passiert ist, dass ich keine Begegnung mit Was-auch-immer hatte.
    „Und sie haben wirklich nichts gesehen? Oder irgendwie wahrgenommen … also gehört oder gespürt?”
    „Nein, absolut nichts.”
    „Gibt es in der Wohnung noch Schränke, in denen etwas sein könnte. Vielleicht einen Wandschrank?”
    „Nein … also es gibt so einen Abstellraum. Aber der war völlig leer. Möbel stehen überhaupt nicht mehr herum, nur dieser Schaukelstuhl und die Reste einer Küche.”
    Strauss macht eine Pause. Was überlegt er?
    „Gehört zu der Wohnung nicht auch ein Keller?”
    „Ja … vermutlich schon.”
    „Würden Sie sich bitte den Keller anschauen? Vielleicht finden wir dort irgendwelche Hinweise.”
    In mir sträubt sich alles. In den Keller bin ich bisher nur einmal zum Waschen gegangen, sogar das war unheimlich. Ich habe absolut keine Lust, mich durch irgendwelche verstaubten Kellerabteile zu wühlen. Irgendwo dort unten war ja auch dieses Kleid, dieses Kleid aus meinem Traum, das dann plötzlich real war, mit dem mich Paula fast zu Tode erschreckt hat.
    „Frau Pander, sind Sie noch da? Könnten Sie sich diesen Keller anschauen?”
    Ich möchte nein sagen, sage aber ja. Scheiße verdammte. Was bitte soll da unten sein außer altem Schrott? Vielleicht ja dieser Kerl, der sich am Heizungsrohr erhängt hat? Hallo junge Frau, schön dass Sie mich hier unten mal besuchen, dann muss ich nicht zu Ihnen nach oben kommen ...
    „Könnten Sie das heute noch machen?”
    „Was machen?” Strauss hat mich aus meinen Gedanken gerissen.
    „In den Keller gehen. Vielleicht finden Sie dort unten etwas, irgendwelche Hinweise.”
    „Was meinen Sie mit „Hinweise”?”
    Strauss überlegt. Im Hintergrund Kindergeschrei. Ist seine Verwandtschaft da, um sich von ihm zu verabschieden? Ach Quatsch, dafür hört er sich noch zu kräftig an.
    „Frau Pander, ich weiß doch selbst nicht. Ich bitte Sie einfach, sich umzusehen, die Augen offen zu halten. Vielleicht finden Sie ja dort unten etwas Interessantes.”
    „Und wenn dort unten irgendetwas mich interessant findet?”
    Strauss atmet tief durch. Es klingt fast genervt.
    „Wie gesagt: Es ist nie einer Frau etwas passiert. Und mir liegen auch keine Berichte vor, dass jemals jemand tätlich angegangen oder gar verletzt wurde. Wir

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