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Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Titel: Vierter Stock Herbsthaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Susami
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ich nicht, in welchem Alter diese Dame war, als sie Anfang der Achtziger ausgezogen ist.”
    „Ach so, die ist ausgezogen.”
    „Genau, sie ist also nicht in der Wohnung gestorben … falls Sie sich das gerade gefragt haben. Wir müssen versuchen, uns von den Alltagsvorstellungen zu distanzieren, die wir so haben. Es wäre zu einfach, anzunehmen, dass Leute irgendwo sterben und dann an diesem Ort umgehen. Außerdem war diese alte Frau an dem Kinderbett ja nur eine von ganz verschiedenen Erscheinungsformen. Was ist mit dem kleinen Mädchen? Oder diesem großen Tier, das Sie und andere beschrieben haben? Oder mit dem Wesen, das Herr Schlechter im Gespräch als seine Geliebte bezeichnet hat? Vorerst haben wir keine Erklärungen für das, was in diesem Haus vor sich geht. Wir können aber zumindest annehmen, dass dieses Phänomen an einen bestimmten Ort gebunden ist … vielleicht geht es ja sogar von einem bestimmten Zimmer aus.”
    Ich verspreche Strauss ein weiteres Mal, mir das Zimmer genauer anzusehen. Als wir uns schon verabschiedet haben, fällt mir noch etwas ein.
    „Herr Strauss … sind Sie noch da?”
    „Ja, bin noch in der Leitung.”
    „Sie meinten doch, dass bis 2005 jemand in der Wohnung lebte, oder?”
    „Ja … ähm … sogar bis 2007, wenn ich mich recht erinnere.”
    „Also ich war ja vorhin in der Wohnung und die sieht aus, als wäre sie seit Jahrzehnten nicht mehr bewohnt, also richtig alt und zerfallen, sogar die Tapeten kommen schon von den Wänden. Und ähm … also ich wollte eben nur sagen, dass die Wohnung so wirkt, als hätte da seit Ewigkeiten niemand mehr was gemacht. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass da noch vor sechs Jahren jemand gelebt hat … obwohl ja noch Sachen rumstehen. Es riecht auch muffig und irgendwie sauer.”
    „Hm … haben sie Ungeziefer gesehen? Irgendwelche Tiere?
    „Nein, das nicht. Aber bei uns im Schlafzimmer liegen oft tote Fliegen herum. Und ähm … ja, also in dem Schlafzimmer bei Frau Diehl, da waren auch ein paar tote Fliegen. Hat das was zu bedeuten?
    „Nein, wahrscheinlich nicht. Man findet nur in der Literatur des Öfteren Beschreibungen von Spukphänomenen, die mit dem Auftreten von Ungeziefer einhergehen … und generell mit Verfall und Unrat. Diese Verbindung findet sich schon in sehr alten Quellen, was aber natürlich nichts heißen muss. Vielleicht liegt diese Verbindung einfach nur nahe. Der Spuk folgt dem Tod genau wie das Ungeziefer. Wie dem auch sei, wir können die toten Fliegen ja mal im Hinterkopf behalten.”
    Strauss macht eine Pause und mir fällt nichts mehr ein. Tote Fliegen im Hinterkopf, eine unappetitliche Vorstellung.
    „Würden Sie mich bitte anrufen, nachdem Sie im Keller waren?
    „Ja natürlich. Dann bis später.“
    „Vielen Dank Frau Pander. Bis später.“
    Ich lege auf und schaue mich im Zimmer um. Woher soll ich überhaupt wissen, welcher Keller zu welcher Wohnung gehört? Sind die beschriftet? Wie aus dem Nichts kommt mir ein Gedanke: Wenn hier irgendetwas ist, eine Art Präsenz, dann hat dieses Etwas vielleicht auch mein Gespräch mit Dr. Strauss mitgehört. Vielleicht saß es ja die ganze Zeit neben mir. Ein Schauer läuft mir über die Haut, lässt mich zittern. Ich mache den Fernseher an, einfach damit es hier nicht so verdammt still ist. Der Keller muss warten … obwohl, wahrscheinlich ist es da unten sicherer als hier oben in der Wohnung. Runter will ich trotzdem nicht, schon als Kind hatte ich Angst davor, alleine in den Keller zu gehen. Das hat immer mein älterer Bruder übernommen. Sollte ich ihn anrufen und fragen, ob er kommt?
     
    ***
     
    Aber ich bin kein kleines Kind mehr, ich bin erwachsen. Ich studiere Medizin und werde in wenigen Jahren Leben retten. Außerdem war ich gerade in der verdammten Geisterwohnung, was soll mich da ein blöder Keller erschrecken.
    Auf einmal eine meiner inneren Stimmen, klein Lena spricht: Aber da unten ist wahrscheinlich kein Strom mehr, also auch kein Licht. Und denk an den Mann, der sich an dem Heizungsrohr aufgehängt hat. Was, wenn der dort unten rumschleicht … mit raushängender Zunge und Glotzaugen? Und wer weiß schon, ob nicht die Taschenlampe einen versteckten Defekt hat, einen furchtbar fiesen Defekt, der nur dann auftritt, wann man das Ding wirklich ganz ganz dringend braucht. Vielleicht geht die plötzlich aus und dann findest du nicht zurück zur Kellertür. Dann irrst du da unten herum und dann, dann stößt du plötzlich mit dem toten Mann

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