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Vilja und das Raeuberfest

Vilja und das Raeuberfest

Titel: Vilja und das Raeuberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siri Kolu
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sowohl der Wilde Karlo als auch Hele stumm und abweisend geradeaus.
    Singend fuhren wir weiter. Einen Lagerplatz suchten wir erst, als am Vormittag der Berufsverkehr auf den Straßen schon wieder abgenommen hatte und wir alle fix und fertig waren. Nach der langen Fahrt, die eine Ewigkeit gedauert zu haben schien, fanden wir endlich einen leeren Strand in der Nähe der Straße. Ein kleines Wäldchen schützte uns vor neugierigen Blicken anderer Autofahrer. Der Strand lag ganz einsam und verlassen da, und es gab nichts außer einem Steg, dessen Bretter schon ziemlich morsch aussahen.
    Unser Brunch war wie immer ein Festmahl. Hilda saß in ihrem Stuhl wie ein Zombie, während wir anderen kochten. Die auf dem offenen Feuer gebratenen Hähnchensteaks schmolzen förmlich im Mund. Wir hatten sie auf einem glatten Felsen plattgeklopft und sie dann zu einer Rolle gedreht. Innen drin war Schmelzkäse und obendrauf wunderbar knuspriger Speck in Form einer Schleife. Mir war bewusst, dass wir so ausgiebig schlemmten, um neue Kräfte zu tanken. Vor uns lag noch eine unendlich lange Fahrt, bevor wir endlich am Ziel wären. Ich überlegte, ob wir erst wieder gegen Abend weiterfahren würden, denn Hilda sah aus, als würde sie es nicht einmal mehr schaffen, die Bustür aus eigener Kraft zu öffnen.
    » Jetzt wird’s blutig – oder nicht, Boss?«, fragte Gold-Piet und schüttete über sein Hähnchensteak eine Riesenmenge » Viili«, eine köstliche finnische Dickmilch.
    » Was, ist das Fleisch roh?« Hilda spuckte das Stück, auf dem sie gerade noch herumgekaut hatte, zurück auf ihren Teller. Ihr Gesichtsfarbe wurde grün-grau, und sie sah aus, als sei ihr richtig schlecht. Sie ließ ihren Teller auf dem Tisch stehen und schwankte zum Räuberbus. Bestimmt, um sich schlafen zu legen.
    » Ich mein’ ja nur, dass die Disziplinen bei dem Sommerfest superwichtig sind, obwohl das alles jetzt schon so unfair gelaufen ist«, sagte Gold-Piet. » Ihr müsst im Finale einfach euer Bestes geben! Egal wie stark die Gegner sind! Traut euch!«
    Einen Moment waren wir alle still, dann sprintete Hele zum Kofferraum des Busses, um den Zeltbeutel zu holen: » Jetzt aber Beeilung! Wollen wir wetten, dass Hilda gleich am frühen Morgen wieder auf die Straße will, wenn es noch kühl ist?!«
    Was um Himmels willen konnte nur passiert sein, dass sich die unerschrockene Hele Räuberberg so sehr fürchtete?
    » Hele!«, hielt sie der Wilde Karlo zurück. » Ich hab mir in der Nacht eine Rede überlegt. Jetzt müssten wir nur noch diese eine Sache üben. Es scheint, als hätten wir beide diese eine Sache bis zum heutigen Tage immer auf die lange Bank geschoben, aber so langsam müssen wir echt mit dem Training für diese eine Sache beginnen.«
    Er war ganz gelb im Gesicht. Seine Tochter schluckte, und ich merkte, wie sie ihren Körper anspannte, um nicht zu zittern.
    » Kö… könnte Vilja nicht?«, stammelte sie. Ihre Zähne klapperten, und sie sah absolut fluchtbereit aus.
    » Könnte sie nicht!«, entgegnete der Räuberhauptmann streng. » Schließlich bist DU die Vizekapitänin!«
    Das Räubermädchen seufzte und schüttelte dabei den Kopf. Dann gingen sie gemeinsam los, weg vom Lager.
    Sobald sie aus unserer Sichtweite waren, sah ich Kalle streng an: » Jetzt erzähl schon! Was um alles in der Welt muss Hele denn machen? Wovor hat sie so eine Riesenangst?«
    Kalle, der seiner Schwester und seinem Vater hinterherschaute, schwieg lange und schien darüber nachzudenken, wie er die Sache am besten erzählen könnte. » Das ist die wichtigste Disziplin von allen und diejenige, die ganz zum Schluss drankommt«, sagte er schließlich. » Es wird mit Charisma gekämpft, und die Fähigkeit, ob man sein Publikum mitreißen kann, wird bewertet. Ob man andere beeinflussen und motivieren und sich selbst gekonnt in den Mittelpunkt stellen kann. Das sind die Fähigkeiten, die für einen Chef am allerwichtigsten sind! Deswegen kämpfen dort nur die Anführer der Räubergruppen und die Zweitkapitäne, beziehungsweise die Zehner- oder Vizekapitäne.«
    Hele musste also mitmachen, dämmerte es mir allmählich. Das erste Mal hatte ihr Verlangen nach den Kapitänsaufgaben unangenehme Konsequenzen.
    » Ich muss wohl nicht sagen, wie viel Druck das für diejenigen bedeutet, die eine Gruppe anführen«, fügte Kalle hinzu. » Zu Zeiten von Helmeri Kvist hieß es noch › Sumpflied‹, aber heutzutage hat sich die Technik weiterentwickelt – die Disziplin ist natürlich

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