Vilja und das Raeuberfest
P-Westen verstecken und ihre Wunden gesund pflegen lassen«, fuhr Gold-Piet fort. » Und von denen gibt’s ’ne ganze Menge.«
» Das ist auch das einzig Gute an den Steuerzahlern«, meinte Hele, » also, dass man sich bei denen gut verstecken kann. Zumindest wenn man an das › sich verstecken‹ glaubt!«
Ich dachte über ihre Worte nach und zu welcher Gruppe ich wohl gehörte – zu der Gruppe der Räuber oder zu den Steuerzahlern. Irgendwie gehörte ich ein bisschen zu beiden. Aus dem Grund hätte ich auch etwas beleidigt sein müssen, zumindest aus der Sicht der Steuerzahler -Gruppe. Doch ich dachte lieber über die Sache mit den Zeitungsannoncen nach.
Bis zu diesem Zeitpunkt war ich davon ausgegangen, dass die Räuberei überhaupt nichts mit der normalen Welt zu tun hatte. Die Tatsache, dass sich der Räuberalltag in die normale Welt der Steuerzahler hineinschlich, indem sie irgendwelche Dinge in der Zeitung veröffentlichten, und überall in Finnland Schlupfwinkel für sich reservierten, war ein geradezu lustiger Gedanke.
» Das ist natürlich nicht so sicher wie das Internetportal«, sagte Hele ohne zu merken, dass mir gerade eine Menge durch den Kopf ging. » Aber die armen Savo-Stopper wissen ja nicht einmal, was ein Breitbandanschluss ist. Weißt du, Vilja, bei öffentlichen Benachrichtigungen gibt es natürlich auch gewisse Risiken. Einmal bekam die Pärnänen zum Beispiel einen Anruf, weil irgendjemand Stickstoffdünger für sein Feld kaufen wollte«, erinnerte sie sich. » Aber davon abgesehen ist nie etwas schief gegangen.«
» Dann hat wohl die Pärnänen in den Hörer gefurzt und gesagt, dass die Rechnung nachgeschickt wird«, knurrte Gold-Piet.
Einen kurzen Augenblick hörte man auf dem von der Sonne aufgeheizten Schotterweg Heles und Gold-Piets gackerndes Gelächter. Dann brachen wir zum verabredeten Treffpunkt auf, kamen aber nur sehr langsam voran. In der drückenden Hitze machten unsere verschwitzten Füße in den Schuhen schmatzende Geräusche, so als hätten wir Gummistiefel an. In Piets Händen baumelte die Kühltasche. Endlich mal jemand, der es hingekriegt hatte, frischen Fisch vom Markt zu kaufen. Aber von der Zeitschrift keine Spur, sodass wir trotzdem das Gefühl hatten, mit leeren Händen zurückzukommen.
» Ich will ja nicht neugierig sein«, sagte Gold-Piet zu Hele. » Aber hast du schon angefangen, mit dem Boss zu trainieren? Weil ich gar nix gehört hab, obwohl ich schon die ganze Zeit meine Ohren spitze.«
» Noch nicht«, antwortete Hele überraschend schnell. Sie wurde blass und auf ihren Wangen tauchten plötzlich rote Flecken auf.
» Ich hab gedacht, dass ich lieber dich frag. Weil sich der Boss ja immer so schnell aufregt …«, murmelte Gold-Piet. » Also solltet ihr nicht vielleicht so langsam mal …«
» Psst«, zischte Hele. » Darüber wird nicht geredet!«
» Geredet worüber?«, fragte ich und blieb stehen.
» Also, da im Finale gibt’s so ’ne Disziplin, die heißt Gau…«, begann Piet.
» Nee, jetzt kann ich einfach nicht reden – überhaupt nicht!«, unterbrach ihn Hele und wechselte in einen leichten Laufschritt. Sie war eindeutig schneller als wir zwei, und flugs war das Gespräch beendet, weil Piet und ich atemlos hinterherhetzten.
Obwohl wir alle in dieselbe Richtung rannten, sah ich zum ersten Mal in meinem Leben, dass Hele vor etwas flüchtete!
Kapitel 13
Ein kurzes Kapitel,
in dem ein schrecklicher Betrug
ans Tageslicht kommt
F isch!« Hilda klatschte in die Hände, als wir endlich dazu kamen, das Abendessen im Lager vorzubereiten. » Endlich Fisch! Von der Spitze des Stocks! Jetzt ist wirklich Sommer!«
Dann ging jeder seinen eigenen Beschäftigungen nach: Die Männer holten in aller Seelenruhe die Übernachtungssachen aus dem Bus heraus, Hele machte einen kleinen Spaziergang, um die Gegend und mögliche Gefahren auszukundschaften, Hilda bereitete das Abendessen vor, und Kalle und ich suchten Brennholz in dem vertrockneten, halb abgestorbenen Wald.
Wir kehrten zurück, als Hilda die Kühltasche öffnete und den in Zeitung eingewickelten Fisch herausholte. Zufrieden wog sie sein Gewicht in ihren Händen. Dann ließ sie den Fisch auf den Tisch sinken und öffnete das Päckchen. Im gleichen Augenblick änderte sich ihr Gesichtsausdruck. Ungeduldig schob sie den Fisch vom Einwickelpapier an den Tischrand, und begann, das feucht gewordene Papier mit beiden Händen auszustreichen. Kalle bemerkte das Ganze gar nicht, weil er gerade dabei
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