Villapark - Koestlbachers zweiter Fall
äußerte sie sich zu dem angeblichen Gerechtigkeitswahn
ihres Vaters. Er habe schon so manchen ihrer Freunde anonym bei der Polizei
angeschwärzt und dabei aber nur von seinen eigenen Machenschaften ablenken
wollen.
»Und wenn du mich nicht für alle Zukunft in Ruhe lässt, werde ich einmal
die sein, die ans Anschwärzen denkt. Was meinst du würde die Polizei tun, wenn
ich denen einen Hinweis gäbe?
Wie der Köstlbacher diese Zeilen gelesen hat, da war ihm bewusst, wie tief
der Abgrund für diese verletzte Seele gewesen sein musste.
Dieser Brief reichte vielleicht, um einen Bernd Münzer zu verhaften. Ein
Haftrichter würde darüber zu befinden haben. Aber er war zu allgemein geschrieben,
um ihn damit auch länger festzusetzen. Kaum Fakten, denen man auf den Grund
hätte gehen können! Und die Verfasserin, die ja leider tot!
»Wie kam dieser Brief in Ihre Hände?«, fragte der Köstlbacher die
Gabelsberger, als er zu Ende gelesen hatte.
»Vor gut 3 Jahren, als die Doris von zu Hause ausgezogen ist, da hat der
Bernd den Brief mit ins Büro in der Prüfeninger Straße gebracht und wollte
ihn dort wahrscheinlich im Tresor deponieren. Warum er ihn nicht vernichtet
hat, weiß ich nicht. Jedenfalls kam an dem Tag plötzlich irgendein
Geschäftstermin dazwischen. Der Brief blieb verdeckt von einem Stapel
Geschäftspost liegen. Mir fiel er beim Aufräumen auf, weil ich ihn da
nicht hingelegt hatte. Aus Neugierde sah ich hinein. Verschlossen war er ohnehin
nicht mehr«, sagte die Gabelsberger.
»Und weiter?«, fragte der Köstlbacher, weil die Gabelsberger mitten im
Sprechen innegehalten hatte, als würde sie die Szene von damals Revue passieren
lassen.
»Ich hab’ den Brief an mich genommen und den Bernd am nächsten Tag zur Rede
gestellt. Er geriet zuerst in Rage und drohte, mich umzubringen. Erst als ich
ihm sagte, dass ich den Brief zusammen mit einem Begleitschreiben bei einem
Notar hinterlegt habe, ließ er von mir ab. Wir arrangierten uns. Eigentlich änderte
sich gar nichts. Nur wusste ich jetzt, dass er mich nicht mehr aus seinem Boot
stoßen würde. Und das war mir nur recht!«
»Wieso hatten Sie den Brief heute plötzlich doch wieder im Büro?«, fragte
der Köstlbacher.
»Er war nie irgendwo anders. Das mit dem Notar hatte ich nur gesagt, um
mich zu schützen!«, sagte die Gabelsberger.
»Und heute waren Sie so dumm, ihm den Brief unter die Nase zu halten?«,
stellte der Köstlbacher fragend fest.
»Ich habe den Druck einfach nicht mehr ausgehalten! Als Sie dann gestern
auch noch bei mir aufkreuzten, da schob ich Panik. Den Staat zu bescheißen ist
eine Sache, aber Mitwisser von etwas zu sein, wogegen Rechnungen und Bilanzen
schönen Kavaliersdelikte sind, das war mir zu viel. Verstehen Sie?«,
fragte die Gabelsberger.
»Aber wenn Sie den Brief doch schon über drei Jahre hatten, dann
wussten Sie doch die ganze Zeit schon davon! Warum erst jetzt Ihre Skrupel?«,
fragte der Köstlbacher.
»Was in dem Brief steht, ist lange vorbei. Bestimmt verjährt! Nichts
auf der Welt kann was daran ändern, was geschehen ist. Und was wirklich
geschehen ist? Wer weiß das schon? Aus dem Brief geht’s nicht wirklich hervor.
Der Bernd hat bestimmt ganz genau gewusst, was die Doris gemeint hat. Und
deshalb brauchte das die Doris auch nicht explizit ausdrücken. Ich glaube, da
sind Dinge passiert, die lassen sich einfach nicht in Worte fassen!«,
antwortete die Gabelsberger und fuhr, das Thema wechselnd, fort:
»Beim letzten Mal auf seinem Schreibtisch, da hat er’s nicht mehr gebracht,
wenn Sie verstehen, was ich meine. Kein Wunder, bei all dem Stress! Ich
hätte sogar Verständnis gehabt. Aber er hat mich eine alte, vertrocknete
Schlampe genannt! Das und der Brief! Das Maß war voll! Wie hätten Sie da
reagiert?«
Der Köstlbacher gab ihr keine Antwort. Er zuckte nur mit beiden Achseln in
die Höhe. Diese Frau hatte eine seltsame Art der Rechtsauslegung. Es war nicht
seine Sache, sie darüber aufzuklären. Darüber würde ein Gericht zu
befinden haben.
Frau Koch brachte die Gabelsberger nach Hause. Es würde ein paar Tage in
Anspruch nehmen, bis eine Anklageschrift aufgesetzt und eine richterliche
Entscheidung bezüglich einer Inhaftierung getroffen werden konnte. Da der
Angriff auf den Münzer Notwehrcharakter und so, blieb die Gabelsberger bis
zur Verhandlung vielleicht sogar auf freiem Fuß.
Das
Phantombild
(Kapitel 33)
Der Weg zu seiner Pinnwand, die er neu gestalten und an der er sich
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