Villapark - Koestlbachers zweiter Fall
ändern, obwohl
der Bernd unter anderen Umständen 100% Deutschland-Fan.
*
Die letzten Tage stürzte sich der Münzer nur noch in seine Arbeit, war
täglich als erster im Geschäft und schloss als letzter am Abend ab. Jeden
Morgen begann der Bernd mit seinen Privatmails. Eine alte Gewohnheit. Waren
seit Tagen nur Beileidsbezeugungen. Kondolenzmails über Kondolenzmails.
Von Geschäftspartnern! Aber, um so einer Mail einen persönlichen Anstrich zu
geben, mit dem Vermerk ›privat‹ versehen.
Er las diese Mail kaum durch, überflog sie nur. Immer wieder und jeden
Tag aufs neue öffnete der Münzer diese mysteriöse Doris-Mail. Als hoffte
er, irgendwann einmal einen Geistesblitz zu haben, was denn diese Mail zu
bedeuten hätte.
Das Schlimmste bei der ganzen Sache war, dass der alte Münzer mindestens
genau so viele Feinde wie Freunde hatte. Vielleicht waren es sogar noch mehr
Feinde als Freunde.
Wenn du dein Leben so richtig in Ellenbogenmanier lebst, dann bleibt es
einfach nicht aus, dass du aneckst, dass die Zahl derer wächst, die dein
Geschäftsgebaren missbilligen und dir deinen Erfolg neiden.
Und der Münzer schon Hornhaut an seinen Ellenbogen. Gut, das mit seiner
Doris, so etwas traute er trotz allem keinem seiner Feinde zu. Was hätte
das auch bewirken sollen? Man bringt doch nicht aus Rache die Tochter eines
Mannes um, mit dem man ein finanzielles Hühnchen zu rupfen hat. Mord, das ist
doch eher was, das aus Eifersucht oder aus einem Hass heraus passiert. So
einen Hass gegen ihn selber, den konnte sich der Münzer ja gerade noch
vorstellen. Aber dann würde man doch ihn ermorden wollen und nicht seine
Tochter, die mit seinen Geschäften rein gar nichts zu tun hatte. Und dann noch
diese zusätzliche Angstmache in Hinblick auf seine verbliebene Tochter
Evi!
Der Kripo gegenüber hat der Münzer Bernd freilich solche Überlegungen nicht
zur Sprache gebracht. Warum auch hätte er das tun sollen? Das eine oder andere
Geschäftsgebaren von ihm war am Rande der Legalität gewesen,
vielleicht sogar etwas über diesen Rand hinaus. Kommt schließlich
immer auf die Sichtweise an. Und er würde den Teufel tun und sich jetzt da in
Ermittlungen gegen ihn hineinzumanövrieren, die mit seiner Doris absolut
nichts zu tun hatten und die seine Doris schon gar nicht mehr lebendig
machten. Dieser Hauptkommissar Köstlbacher, der sollte sich lieber
auf Ermittlungen im ehemaligen Umfeld der Doris konzentrieren, anstatt in
seinem Leben herumzustochern.
Aber jetzt diese Mail! Irgendetwas musste getan werden! Doris war tot.
Ermordet! Brutal ermordet! Obwohl er mit seiner Tochter in letzter Zeit alles
andere als einer Meinung gewesen ist, ihr Verlust brannte ihn innerlich aus.
Irgendwie hatte er die Situation noch nicht so richtig realisiert. Die Emma
hatte die Leiche der Doris identifiziert. Er hatte die Doris nur lebend in
Erinnerung. Wahrscheinlich war das auch der Grund, warum er sich gar nicht so
richtig vorstellen konnte, dass die Doris nun nicht mehr plötzlich zur Türe
hereinkommen würde, was sie auch hier im Büro ab und zu getan hatte, wenn auch
nur, weil ihr das Geld wieder einmal ausgegangen war.
»Wünschen Sie Kaffee, wie immer?«, fragte die Sekretärin vom Münzer, die
urplötzlich im Zimmer stand.
»Ist alles in Ordnung mit Ihnen, Herr Münzer?«, setzte sie noch hinzu, weil
sie ihr Chef erschrocken wie einen Geist anstarrte und sein Gesicht dabei
an Farbe verlor, was trotz der immer noch satt vorhandenen Urlaubsbräune
deutlich auffiel.
»Nein, nein! Ja, ja!«, stotterte der Münzer. »Ich meine nein, keinen
Kaffee! Danke! Und ja, es ist alles in Ordnung mit mir! Bitte lassen Sie mich
alleine! Und keine weiteren Störungen! Von Ihnen nicht und auch sonst von
niemandem!«
Frau Gabelsberger war zwar etwas überrascht, dass sie so angefahren wurde,
aber wegen der besonderen Situation, in der sich ihr Chef nach der Ermordung
seiner Tochter befand, brachte sie doch auch wieder Verständnis auf. Ohne
dem alten Münzer sein rüdes Verhalten nachzutragen, zog sie sich wieder in ihr
Vorzimmer zurück, um sich dort weiter ihrer endlosen Arbeit zu widmen.
Und wieder starrte ihn die Mail auf dem Bildschirm seines PCs an.
Da hast du gerade mal zwei oder drei Zeilen vor dir stehen und bist
unfähig, sie zu lesen. Stimmt nicht ganz, weil gelesen hast du sie
inzwischen bestimmt schon hundert Mal. Aber erst jetzt dringt es langsam zu dir
durch, dass die Mail sich nicht nur an dich wegen deiner ermordeten
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