Villapark - Koestlbachers zweiter Fall
mussten.
»Die Tante Emma hat gestern mit ihnen gesprochen, als ich schon geschlafen
habe. Es geht ihnen gut! In den nächsten Tagen sind sie auf einer Safari
unterwegs. Vielleicht auch schon heute, das weiß ich nicht mehr. Auf alle Fälle
werden sie sich erst wieder melden können, wenn sie von der Safari zurück sind.
Ich glaube, das Handy geht da nicht überall! Tante Emma hat was von Funklöchern
gesagt!«, sagte die Evi.
»Vermisst du Papa und Mama sehr?«, fragte die Doris.
»Geht so! Mama eigentlich schon!«, sagte die Evi.
»Und Papa?«, bohrte die Doris nach.
»Papa...«, begann die Evi, stockte dann aber überraschend schnell wieder.
»Hast du Probleme mit dem Papa?«, fragte die Doris nun etwas konkreter,
weil es den Anschein hatte, als ob die Evi irgendwas sagen wollte, sich dann
aber doch anders entschieden hatte.
»N .. !«, verneinte die Evi aber nur in aller Kürze und senkte dabei ihren
Blick.
»Sind die Spaghetti bald fertig?«, fragte die Evi, einerseits aus echtem
Interesse, weil Hunger, andererseits, weil sie nicht weiter von ihrer Schwester
ausgefragt werden wollte.
»Noch zwei Minuten!«, antwortete die Doris und verzichtete darauf,
weiter in die kleine Evi zu dringen, weil die ganz offensichtlich nicht über
den Papa reden wollte.
Es sollte das letzte gemeinsame Essen der beiden Schwestern werden.
Als die Doris die Evi später noch in die Hemauerstraße zur Wohnung
der Tante Emma begleitete, konnten beide nicht ahnen, dass sie sich nie
mehr wiedersehen würden.
Die
Mail
(Kapitel 10)
Guten Morgen Bernd Münzer
1 ungelesene Mail
Es war seine erste Handlung im Arbeitszimmer in seinem Haus in der
Reichsstraße, den PC hochfahren und den Posteingang seiner privaten
Mailadresse auf Eingänge hin überprüfen. Nicht, dass der Münzer nach den
gut 2 Wochen in Kenia nur eine einzige Mail in seinem Postfach vorgefunden
hätte. Die geschäftlich genutzten Adressen waren bestimmt jeden Tag angefüllt
mit neuen Nachrichten. Aber die bearbeitete seine Sekretärin im Büro
am Weinmarkt, beim Eisernen Steg, unten an der Donau. Diese rein private
Adresse war der Sekretärin nicht bekannt. Es gab genau genommen nur eine
Handvoll Leute, die sie kannten. Um so seltsamer war es, dass der angezeigte
Absender keiner dieser Leute war. Drum hätte der Münzer die Mail eigentlich
auch nie geöffnet, weil Spam und so. Nur das Betreff von der Mail machte ihn
dann doch neugierig, so sehr neugierig, dass er sie lesen wollte, auch auf das
Risiko hin, sich beim Öffnen einen Virus einzuhandeln.
Betreff: Doris
Wie fühlt man sich, wenn einem eine Tochter genommen wurde? Angst auch die
zweite zu verlieren? Die sollten Sie haben! Angst! Die Welt ist voller böser
Menschen!
Der Gesichtsausdruck vom Münzer versteinerte augenblicklich. Er
war zur Arbeit gefahren, weil er es zu Hause nicht mehr ausgehalten hatte.
Nicht, dass seine Frau Elke nur am Heulen gewesen wäre. Die Doris war nicht ihr
eigenes Kind und ist es trotz aller gegenseitigen Bemühungen auch nie so
richtig geworden. Trotzdem ist die Ermordung seiner Tochter auch ein
Schock für Elke gewesen, zumal sie sich keinen Reim darauf machen konnte wer so
etwas getan haben könnte.
»Warum nur? Warum?«, fragte sie immer wieder, ohne wirklich eine
Antwort darauf zu erwarten.
Als Vater machst du dir da natürlich Vorwürfe, weil du nicht da gewesen
bist, weil du deine Tochter vielleicht falsch erzogen hast, weil du zu wenig
auf ihre Probleme eingegangen bist, weil du ihren Umgang kaum gekannt
hast, weil du sie viel zu oft nur mit Geld abgespeist und viel zu selten Zeit
für sie gehabt hast. Und der alte Münzer, der ganz speziell noch weitere
Selbstkritik. In dieser Depriphase, da hat er sich sogar vorgenommen, sich zu
bessern. Auch wenn er die Doris damit nicht ..., nicht mehr ..., aber
wenigstens die Evi. Er hatte schließlich nun doch nur mehr die eine Tochter!
Wenn du einmal an so einem Punkt angelangt bist, dann hast du selbst auf
die Sinnfragen deiner Frau keine wirklichen Antworten parat. Du bist
momentan einfach nur noch fertig, kannst das Gequatsche der Kripo nicht mehr
haben, willst überhaupt von allem nichts mehr hören und sehen. Die Arbeit
scheint dir der einzige Weg zu sein, deine Gedanken abzulenken, den
Kopf frei zu bekommen, wieder einen vernünftigen Gedanken
fassenzukönnen.
So und nicht anders ging es seit ihrer Rückkunft aus Kenia dem Bernd Münzer.
Nicht einmal die Fußballweltmeisterschaft konnte daran was
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