Villapark - Koestlbachers zweiter Fall
nicht oft genug sagen,
so eine Klein, die hat selten ein Beamter im Vorzimmer. Vielleicht einer
in der freien Wirtschaft, der sich seine Sekretärin selbst aussuchen darf
und der keine Ehefrau hat, die beim Aussuchen mitbestimmt. So einer, der
eventuell zumindest optisch auch so einen Augenschmaus wie die Klein.
Die Anna hatte aber zu keiner Zeit einen Einfluss darauf, was für eine
Sekretärin ihrem Edmund zur Hand gehen würde. Und die bei der Kripo stellen nur
nach Eignung ein. Das Aussehen zählt da rein gar nichts. Ungefähr so, wie wenn
der Staat Lehrerinnen einstellt. Wo kämen wir da auch hin, wenn eine
Verbeamtung vom Aussehen abhängen würde? Erstens wäre das unfair denen
gegenüber, bei denen die Gene diesbezüglich schlechter gemischt. Von der
rechtlichen Gleichstellung unserer Bürger einmal ganz abgesehen. Und zweitens
hätten wir dann womöglich zudem noch Lehrermangel. Und dann wär’s schnell
vorbei mit der Führungsrolle des Bayerischen Schulsystems im Pisa gebeutelten
Deutschland.
Dass die Klein eine war, an der niemand, nicht einmal eine andere Frau,
vorbei gehen konnte, ohne sich nach ihr umdrehen zu müssen, das hat dem
Köstlbacher seine Arbeit schon jeden Tag versüßt. Und weil die Klein zudem noch
eigenständig denken konnte, drum quasi perfekte Sekretärin. Aber zu behaupten,
der Köstlbacher nur gerne Polizist, weil Klein im Vorzimmer, da wiederum
würdest du zu weit gehen.
Das alles ging dem Polizeihaupkommissar Köstlbacher aber heute nicht durch
den Kopf, als der die geplante Observierung auf dem Domplatz abbrach, um
zurück ins Präsidium in der Bajuwarenstraße zu fahren. Bei der Hitze
konnte er nur noch an sein kühles Nordzimmer denken. Auf einen Kaffee von der
Klein freute er sich allerdings trotzdem, auch wenn der seine Schweißdrüsen
nicht gerade dazu anregen würde, ihre Tätigkeit zu verringern. Aber Kaffee eben
Kaffee! Und ohne Kaffee keine neue Gehirntätigkeit mehr möglich.
»Weiß du was?«, sagte der Köstlbacher zum Liebknecht. »Wir fahren zurück
zum Präsidium. Hier richten wir eh nichts mehr aus. War überhaupt eine
Schnapsidee von mir, hierher zu kommen. Der Typ ist zwar im Moment unsere
einzige Spur, aber mehr schon nicht auch. Bloß weil ein paar Leute ihn mit dem
Opfer gesehen haben wollen! Damit können wir ohnehin nichts ausrichten.«
»Mir klingt das aber eher danach, dass dir die Bullenhitze hier zu
schaffen macht und du plötzlich keine Lust mehr hast!«, antwortete der
Liebknecht fast eine Idee zu respektlos gegenüber seinem Vorgesetzten.
Aber mit dem Beginn des ›Du‹ zwischen den beiden ist der letzte Rest Respekt, den der Liebknecht vorher noch
vor dem Köstlbacher gehabt hat, ganz verloren gegangen. Nicht, dass das dem
Köstlbacher völlig egal gewesen wäre, wie sein Kollege mit ihm seither redet.
Aber andersrum war es seitdem natürlich auch so, dass der Köstlbacher den
Liebknecht oft auch einmal saudumm kommen konnte, so wie du es eben nicht
machen würdest, wenn du ›Sie‹ sagen müsstest.
»Blöder Hund!«, entgegnete daher der Köstlbacher auf die Äußerung vom
Liebknecht. »Ich hab’ einfach was Wichtigeres zu tun, als mich hier
rumzudrücken und mir eins abzuschwitzen, wo nicht einmal sicher ist, ob
unsere Zielperson überhaupt da ist, beziehungsweise zumindest da gewesen ist.«
Und da kam ihm, wie schon so oft, wenn er gerade körperlich und mental
am Aufgeben war, ein Geistesblitz:
»Geh’ doch mal zu den Fuzzis von der MZ hin. Die haben doch schon bei
unserer Ankunft Fotos gemacht. Sie sollen uns Abzüge all ihrer Fotos
zuschicken! Heute noch!«, meinte der Köstlbacher.
»Immer ich!«, maulte der Liebknecht kaum vernehmlich. Aber getan hat er
natürlich sofort, was sein Chef von ihm verlangte, weil eines trotz dem ›Du‹ dem Liebknecht selbstverständlich
klar: Chef war immer noch der Köstlbacher und sonst keiner. Vom Dr. Huber
einmal abgesehen. Aber der hat noch nie einen von ihnen angesprochen. Der Dr.
Huber tritt den ganzen Kriminalern gegenüber immer nur über den Köstlbacher
als Mittelsmann auf. Der muss dann auch alles ausbaden, was der Dr. Huber ihm
an den Kopf wirft.
Wenn der Köstlbacher beim allmorgendlichen Briefing schlechter Laune
ist, dann gibt es in aller Regel nur zwei Gründe dafür: Entweder Zoff mit
seiner Anna oder der Dr. Huber hatte ihn vorher schon zur Schnecke gemacht.
Wenn der Köstlbacher seinen Unmut dann gezielt an ganz bestimmten
Kolleginnen oder Kollegen ausgelassen hat, dann war
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