Villapark - Koestlbachers zweiter Fall
einmal eine Uniform.
Nicht, dass du jetzt aber glaubst, der Köstlbacher extra wegen der Gothic
Frauen in den Villapark. Bestimmt nicht, weil Fototermin für die ganze Gothic
Szene vor dem Dom. Und dort nicht nur Reporter von der Mittelbayerischen am
Werk. Zwischen all den Japanern, die gerade in Regensburg wegen dem
Weltkulturerbe und so, also zwischen denen, da bist du gar nicht mehr
aufgefallen, wenn du quasi als Einheimischer auch deinen Digitalen
herausgezogen hast.
Dabei hat der Köstlbacher nicht einmal selber Bilder gemacht, weil das
der Liebknecht übernommen hat.
»Groß, mit langem schwarzen Mantel und einer tätowierten Glatze?
Richtig so?«, fragte der Norbert Liebknecht seinen Chef.
»Fast richtig!«, antwortete der Köstlbacher. »Die Nr. 4567 quer über den
rasierten Nacken. Vielleicht auch mit Himmlerbrille!«
»Da ist keiner mit einer Glatze dabei! Und mit einem tätowierten
Nacken oder einer Himmlerbrille schon gar nicht!«, brummte der Liebknecht
missmutig, weil trotz der Vielzahl an schwarz bemantelten jungen Männern keiner
von denen eine Glatze hatte.
»Fotografiere die, die einen Hut tragen. Da sind einige dabei. Auch
den da hinten mit dem Zylinder!«, sagte der Köstlbacher.
Irgendwie musste der einen sechsten Sinn dafür gehabt haben für das, was
die beiden Kriminaler, die in Zivil als solche ja nicht erkennbar waren, was
die soeben miteinander gesprochen haben. Weil, kaum hat der Liebknecht seine
Digitalkamera in Position gehoben, da war von dem Typen mit Zylinder
plötzlich nichts mehr zu sehen.
Der Liebknecht senkte den Apparat und schaute noch einmal genau hin.
Aber an der Stelle, wo vorher ganz deutlich der Zylinder zu sehen war, da hatte
sich eine Mollige mit rot gesträhntem Haar breit gemacht. Ihr Dekoltee wäre
durchaus eine Aufnahme wert gewesen, aber nicht für den Liebknecht,
zumindest nicht in diesem Moment.
Der Köstlbacher hatte leider auch nicht beobachtet, wie der Zylindrige sich
verdünnisiert hat. Nicht, dass du jetzt wieder denkst, der Köstlbacher hat
sich von dem ganz offensichtlich aufreizenden Outfit der überwiegenden
Mehrheit der weiblichen Gothics ablenken lassen. Zu verstehen wäre das ja
gewesen, weil wann siehst du schon einmal so etwas in Natura. Am Fernsehen
vielleicht. Aber Fernsehen ist nicht live, und wenn der Flachbildschirm eine
noch so hohe Herztechnik hat und noch so riesig ist. Höchstens im 3D-Kino.
Aber da bringen sie keine Gothics und auch sonst kaum Erotik. Da punkten sie
eher mit Dinosauriern und so, weil dann können die Filme auch für Kinder
freigegeben werden.
»Du glaubst gar nicht, welche grausamen Szenen die im Kino zeigen, obwohl
der Film ab 6 freigegeben ist!«, hat die Anna schon oft zum Edmund gesagt.
»Da brauchen sich die nicht zu wundern, wenn Gewalt zum Problem wird und
für eine gut funktionierende Partnerschaft auf einen Psychotherapeuten
kaum noch verzichtet werden kann. Außerdem tun sie im Kino immer so, als wäre
alles im Leben nur Sex und Liebe gibt’s nur im Märchen!«
Das hat die Anna auch noch gesagt. Und wenn die Anna einmal so etwas sagt,
dann, das kannst du mir glauben, dann ist das echt ein allgemein brennendes
Problem.
Dass der Köstlbacher sich gerade in diesem Augenblick an die Worte seiner
Anna erinnert hat, das kann ich dir ehrlich gesagt nicht so wirklich erklären.
Aber genau diese Worte sind ihm durch den Kopf gegangen.
Ob es nun tatsächlich diese Gedanken gewesen sind, die den Köstlbacher das
Verschwinden des Zylindrigen nicht haben bemerken lassen, oder ob es
vielleicht doch die mittelalterlich angepriesenen Oberweiten waren, die
kurzfristig seine Aufmerksamkeit beeinträchtigten: Tatsache war, dass der junge
Mann mit dem Zylinder weg war, aber all die anderen mit Hut noch auf ihren
Plätzen saßen und auf das Gruppenfoto für die Mittelbayerische Zeitung
warteten.
Natürlich konnte das Zufall gewesen sein! Weil, eines darfst du nicht
vergessen, weder der Köstlbacher, noch der Liebknecht waren sich vorher
sicher gewesen, ob der Gesuchte sich überhaupt in der Gothic Gruppe befunden
hatte. Die Beschreibung, die ihnen vor einer halben Stunde telefonisch von
einem unbekannten Informanten durchgegeben worden ist, die traf, zumindest was
die Kleidung und die Größe betrifft, auf einige der Anwesenden zu. Und so
einen markanten Kahlschädel mit Tätowierung, der angeblich oben mittig
noch eine Handbreit nach hinten gegelte Haarpracht haben soll, den siehst du
einfach nicht, wenn der mit einem
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