Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)
alles verantwortlich war. Barbara verzog das Gesicht, weil Nummer sieben in eine übelkeiterregende Torkelbewegung geriet.
»Nach der Signatur des Signals gibt es keinen Urheber; aber die Machart, die absolute Perfektion, die pure Bosheit darin hat einen. Es gibt nur eine Macht im bewohnten Kosmos, die sich die unglaublichen Kosten einer derart perfekten Piratenarbeit leisten kann. Diese verdammten verdrahteten Maden.«
»Ich konnte die Bruderschaft noch nie leiden.«
»Ich auch nicht. Allerdings frage ich mich, welchen Vorteil sich die Goldenen davon versprechen – und eins steht fest: Diese Typen tun nur etwas, das sich für sie in Heller und Pfennig auszahlt.«
Ein Summen erfüllte das Cockpit, irgendwelche Aggregate schalteten sich geräuschvoll ein. »Was passiert jetzt?«
»Wenn wir Glück haben«, sagte Barbara, »fährt das System wieder hoch, als wäre nichts geschehen, und wir können Nummer sieben über der Oberfläche abfangen.«
»Unter der Oberfläche wäre nicht so gut.«
»Wer dumme Witze machen kann, der lebt noch.« Sie grinsten einander gequält an, während das Licht wieder anging und die ersten Anzeigen auf den Konsolen zurückkehrten. Nummer sieben lud alle Betriebssysteme neu und orientierte sich. Ein Lebewesen hätte einen Schreck bekommen, aufzuwachen und sich im freien Fall durch die Wolken eines unbekannten Planeten wiederzufinden. Den Rechnern war das egal. Sie waren nicht dafür gebaut, schreckhaft zu sein. Nummer sieben stabilisierte sich und begann, den freien Fall abzubremsen. Die Emittoren jaulten unter der Überlastung. Dann wollte der Gleiter wissen, wo er war und wohin es gehen sollte. Barbara wurde es plötzlich ganz kalt. Der Rechner griff auf die Dateien aus dem Landeschiff zu. Irgendwo da drin steckte das Killersignal. Was, wenn Nummer sieben ein weiteres Mal paralysiert wurde? Sie rechnete nach, um wie viel sie gefallen waren, und schüttelte den Kopf. Einen weiteren Neustart der Systeme würden sie kaum überleben.
»Jonathan«, sagte sie, »bitte isoliere die Datenbanken aus dem Landeschiff. Je mehr davon blockiert ist, desto besser.«
»In Ordnung«, brummte er, »aber das wird nicht lange funktionieren. Was hast du vor?«
»Ich? Gar nichts. Aber der Rechner hier in Nummer sieben hat vor, die Daten aus dem Landeschiff einzulesen. Und da drin steckt irgendwo das Ungeheuer, das die VILM VAN DER OOSTERBRIJK erledigt hat. Das Ungeheuer, das auch uns beinahe erledigt hätte.«
»Oh«, sagte Jonathan. Dann begann er, auf die Tastatur einzuhämmern; glücklicherweise behinderte ihn der aufgeschlitzte Arm dabei nicht. Barbara zeichnete auf, was passiert war, und deponierte es in einem besonders geschützten Speicher. Sie dachte nach und legte zusätzlich eine Kopie im Flugschreiber ab. Das sollte als Sicherheit genügen. Es war ihr vollkommen egal, dass das Speichern fremder Datenpakete im Flugschreiber verboten war. Den konnte man nämlich nicht löschen. Hoffentlich kann man das nicht, dachte sie. Nummer sieben tauchte wieder aus den Wolken herunter, heulend und mit zu hoher Geschwindigkeit. Seitlich und tief unten konnte Barbara die Trümmerwüste sehen. Irgendwo in der Nähe befand sich das Lager, in dem Tina sicherlich seit Tagen nicht mehr an die Rückkehr des Erkundungstrupps glaubte.
»Scheiße«, stellte Jonathan trocken fest. »In diesem System stimmt irgendetwas nicht. Wir sollten landen. Je eher, desto besser.«
Barbara wollte ihm eine schroffe Antwort geben, als das Durcheinander im Rechnersystem über Jonathans Versuche, Ordnung zu schaffen, siegte. Ein Feuerwerk von widersinnigen Impulsen jagte durch die Steuerung. Nummer sieben bockte, rüttelte und aktivierte plötzlich die Triebwerke. Als trudelndes Geschoss ging der Gleiter ab und bohrte sich in die Wolken.
»Verdammt«, fauchte Barbara und versuchte, die Maschine wieder unter Kontrolle zu bekommen. Das erwies sich als schwierig – zwar konnte sie die Steuerung benutzen, aber die Impulse wurden verzerrt und verfälscht. Der Gleiter beschrieb eine enge Korkenzieherspirale, kippte jäh auf die Seite und beschleunigte rasant in Richtung Planetenoberfläche.
»Ich kopple Speicherbänke ab«, rief Jonathan, »halt bitte das verflixte Ding ruhig. Wenigstens ein bisschen.« Er begann, seine Sicherheitsgurte zu lösen.
»Bist du verrückt? Was hast du vor?«
Jonathan gab keine Antwort, und Barbara wusste auch warum. Der Karnese hangelte sich nach hinten, und er musste sich mächtig anstrengen, im
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