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Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Titel: Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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die Lösung finden würde. Das epsilonische Raumschiff schien ihr näher und freundlicher als diese Leute. Seine geruhsame und unüberwindliche Abwehr war unpersönlich und absolut. Die dort wollten verletzen. Leider war ihnen das gelungen. Eliza dachte an Lafayette. Grégoire hätte diese Leute einfach weggefegt und die Ordnung hergestellt. Ohne Zögern. Der hätte längst eine aktive rote Linie gefunden und die Selbst-Belebung in die richtigen Bahnen gesteuert. Oder etwas anderes, etwas Entscheidendes, unternommen. Er hätte das alles nicht geschehen lassen, nicht er, mit all seinem Training der Auswahl, seinen Psycho-Schulungen und den unsichtbaren Handgriffen, mit denen er erwachsene Männer winseln lassen konnte. Ach, Lafayette, warum warst du nicht hier. Warum konntest du nicht zufällig im Außensektor sein, als ... als das hereinbrach, was der VILM VAN DER OOSTERBRIJK zugestoßen war, was es auch immer gewesen sein mochte. Die Zentralier waren alle tot. Eliza wusste es. Andernfalls hätte sich etwas getan. Zumindest wären die Schiffbrüchigen versorgt worden, und es stünde früher als gedacht ein Landungsschiff da.
    Schwester Gerda war trüber Stimmung, als Eliza nach Stunden völlig durchnässt ankam. »Wieder einer, der Schluss machen wollte«, sagte sie traurig.
    »Ich weiß«, antwortete Eliza und suchte nach einem richtig guten Satz, den sie sagen könnte, fand jedoch keinen.
    »Bloß gut, dass mein Julian in Sicherheit ist«, meinte Gerda, »den haben sie erst vor ein paar Monaten auf ein andres Schiff geschickt.«
    »Ja?« Eliza sagte es ungläubig. Davon wusste sie nichts. Ein anderes Schiff?
    »Die brauchten dort ganz auf die Schnelle einen Reparaturtrupp, und da ist Julians Team abgegeben worden.«
    Eliza hatte sich nie darum gekümmert, was den Angehörigen der in jener Kammer Zerstrahlten gesagt worden war. Dass es so plumpe Lügen waren, fand sie schlecht. Was hatte man sich davon versprochen? Irgendwann hätte man sowieso mit der Wahrheit herauskommen müssen. Jetzt saß sie da: Sollte Gerda die Wahrheit erfahren? Wem wäre damit geholfen? Also schwieg sie. Jonathan Vliesenbrink hatte auch stillgehalten und nichts über kleine gemeine Gehirnparasiten ausgeplaudert.
    Gerda erzählte weiter; sie blühte auf beim Gedanken an Julian, der auf der Suche nach ihr sei. Eliza verdrängte die jäh in ihr aufsteigende Vorstellung: Wie der Klang der anlaufenden Maschinen den Männern in der Kammer ihr Ende ankündigte und zugleich ihre Schreie übertönte, ehe aus ihren Körpern Staub wurde. Das geht doch nicht, dachte Eliza, alles verheimlicht, bis auf das zerstörte Landungsschiff, das war im allgemeinen Kanal gezeigt worden und kaum totzuschweigen. Aber weder von She Tsi noch von dem eingeschlossenen Trupp noch von den Gleitern weiß hier jemand etwas – außer mir ... Sie sah Lafayettes Gesicht vor sich und jene kleine Plastiktüte, die sechseinhalb Pfund feinen grauen Staub enthielt.
    »Warum hast du mir vorhin dieses Zeichen gemacht?«, fragte Eliza mit mühsam beherrschter Stimme.
    »Was für ein Zeichen?« Gerda schreckte aus ihren Tagträumen um ihren Julian auf.
    »Als man mich vor diese Versammlung ... na gut, diese Regierung geschleppt hatte.«
    Gerda sah die Zentralierin erstaunt an. »Du wolltest doch irgendwas sagen. Ich hab es dir angesehen. Das wollte ich verhindern.«
    »Aber warum?«
    »Weil du mir leid tust.«
    Eliza, völlig verdutzt, starrte Gerda an und war zu keiner Entgegnung fähig. Eben waren ihre Gedanken abgeschweift: die verlockende Vorstellung einer heißen, dampfenden Tasse des guten serafimischen Kaffees. Sie hätte sich gern mit den anderen an einen Tisch gesetzt.
    »Du kommst mir vor«, sagte Schwester Gerda, »wie so eine Art von ... Dinosaurier. Deine Artgenossen sind ausgestorben, die Bedingungen haben sich verändert, und du schaffst es nicht, auf die veränderte Welt einzugehen. Du bist nach wie vor die Zentralierin, die Inversfeldtechnikerin, und dabei haben beide Begriffe ihre Bedeutung verloren, weißt du. Die Zentrale ist Schrott. Inversfeldtechnik gibt es auf diesem Planeten nicht. Auch diese rote Linie, auf die ihr immer so scharf gewesen seid, hat ihre Bedeutung verloren.« Schwester Gerda lächelte entschuldigend, als wolle sie die Härte ihrer Worte mildern. »Du trittst auf, als hättest du das Vortrittsrecht, wie du es im Schiff hattest. Das verletzt die anderen und bringt sie gegen dich auf. Dein Problem ist nicht, dass es eine Regierung gibt, die dir

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