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Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Titel: Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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den Posten verweigert, der dir nach dem Reglement zustünde. Dein Problem ist ein Überlebensproblem.«
    Eliza beobachtete stumm einige Minuten lang, wie Gerda mit ihren Kisten und Schachteln voller Medikamente hantierte. Wie, dachte Eliza, kommt die Frau darauf? Sie verletzen die Ordnung, halten die Vorschriften nicht ein, missachten die Rangfolgen, spielen eine fade Bounty-Komödie. Und sie sagt, ich hätte ein Überlebensproblem ... Wenn ich über die roten Linien mit der Selbst-Belebung Kontakt habe, geht das hier anders herum.
    »Morgen früh«, sagte Gerda nach einer Weile, »wollen die Jungs eine Expedition ins Gebirge machen. Einer ist jetzt ausgefallen. Und sie könnten jemanden brauchen, der sich richtig auskennt mit der OOSTERBRIJK – wir sind Siedler, die paar Leute von der ehemaligen Besatzung lassen sich an einer Hand abzählen. Die meisten Leute in diesem Lager haben nicht den blassesten Schimmer von Raumschifftechnik.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Eliza unschlüssig.
    »Es wäre wichtig für uns. Sehr wichtig, bestimmte Dinge dort herauszuholen«, setzte Schwester Gerda hinzu, »und für dich wäre es wichtig. Dein Ansehen ist nicht besonders gut, weißt du.«
    »Ja. Ich glaube, ich gehe mit.« Elizas Beweggründe blieben Gerda verborgen. Sie konnte kaum ahnen, welche Art von Sorgen sich die Frau mit der Elektronik im Arm machte. Sie konnte nicht wissen, dass sich Eliza fühlte wie das epsilonische Raumschiff, das bettelnd und klagend einen fernen blauen Planeten umkreiste, und niemals Antwort bekam. Kein freundliches Wort, kein scherzhaftes Stupsen mit dem Finger, kein Gelächter.
    Am Abend gab es ein Fest, dessen Anlass Eliza nicht herausfinden konnte. Die Leute saßen beim »Regierungsgebäude« zusammen, aßen und tranken und begrüßten, dass Eliza sich am Gang ins Gebirge beteiligen wollte. Den Eindruck, es handle sich um eine Abschiedsfeier, verdrängte Eliza. Abschied, ohne Hoffnung auf Wiedersehen, nein danke. Mancher, der zur Zentralierin hinübernickte, ließ einen Unterton von Schadenfreude spüren. Anderen, die sachlich und freundlich die »Jungs« verabschiedeten, merkte sie pure Angst an. Angst vor dem Gebirge, vor einem grandiosen Haufen Schrott. Wieder andere stellten ihr zögernd Fragen nach dem epsilonischen Raumschiff und ob sie wirklich die Erde mit eigenen Augen gesehen habe. Eliza lernte die »Jungs« kennen. Marek war dabei, auch der stämmige Sommersprossige und einer aus der Eskorte von heute Vormittag, der sich als Joern vorstellte – mit o und mit e und nicht einfach nur mit ö, wie er betonte. Die Namen der anderen konnte Eliza sich nicht merken. Sie würde nichts mit ihnen zu tun haben, die zweite Gruppe sollte auf der von Elizas Team gebahnten Marschroute folgen. Es ging um Medikamente und einige Geräte, vor allem um die Erkundung zugänglicher Segmente, in die Menschen umziehen könnten. Möglicherweise, und das erwähnte Tina nur am Rande, gelang es diesen beiden Gruppen, Spuren vom ersten Dreier-Team zu finden, von dem man nie wieder gehört hatte. Eliza horchte auf, als sie die Namen zweier Karnesen hörte – ob es sich bei jenem Jonathan Vliesenbrink um denselben handelte, der sich damals so furchtbar mit Grégoire gestritten hatte? Sie wagte es nicht, danach zu fragen.
    Tina hatte erklärt, es gebe Anzeichen für eine planetare Fauna, der man aus dem Wege gehen wolle. Noch wurde die Absturzstelle von Tieren gemieden, noch wirkte der Schock. Hier musste die Hölle gewesen sein, als die Masse der VILM VAN DER OOSTERBRIJK vom Himmel fiel. Der Durchmesser des Ruinenfeldes belief sich grob geschätzt auf über vierzig Kilometer, eine durchschnittliche Höhe des Gebirges von zweihundert Metern vorausgesetzt. Sinnlose Berechnungen, die niemand bestätigen oder widerlegen konnte. Es war ohne Weiteres möglich, dass die von hier aus kompakt wirkende Masse von Lichtungen und Inseln durchsetzt war. Keiner konnte sicher sein, ob die herabstürzenden Teile des Weltenkreuzers sich über einen Kontinent verteilt hatten oder nahe beieinander aufgetroffen waren. Solange niemand wusste, aus welchem Grund sich das Schiff zerlegt hatte, waren solche Spekulationen müßig. Nichtsdestotrotz erfreuten sie sich großer Beliebtheit.
    Als der Abend fortgeschritten war, gab es einen kleinen, bezeichnenden Zwischenfall. Eliza hatte im Gespräch mit Marek, der sich als heller Kopf erwies, eine Bemerkung gemacht über das unglaubliche Glück, dass es überhaupt Überlebende bei der

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