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Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Titel: Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Experiment seinen einheimischen Körper samt dem größten Teil seiner Erinnerungen und Gefühle an einen anderen verloren hat, der später irgendwann anfing, sich selbst Toronlukas zu nennen. Und dennoch alles immer noch weiß.«
    Cummino starrte Vincent an.
    »Du magst es für abgedrehtes Zeug halten«, sagte er, »aber es ist wahr. Dieser Lukaschik ist auseinandergerissen und neu zusammengesetzt worden.«
    Er stutzte und dachte darüber nach, ehe er weitersprach.
    »Dieser Lukas ist auseinandergerissen worden, muss es wohl heißen, und der eine Teil landete bei den Resten Torons, und der andere uferte aus in die Wildnis und wurde Lukaschik.«
    »Sag ich doch«, sagte Vincent, »alle verrückt. Immerhin hat er uns die Datenbank verkauft. Zu einem lächerlichen Preis, finde ich.«
    »Ja, und kurz danach kam es mir so vor, als erinnere er sich weder an unser Gespräch noch an die Datenbank. Verrückt beschreibt die Sache ganz gut.«
    Cummino holte eine Taschenlampe hervor und leuchtete das Innere dieser seltsamen Baumkrone ab. Vincent nutzte die Gelegenheit und machte mit dem Ring ein paar Fotos von den Luftwurzeln des Knotens. Oft kam es nicht vor, dass ein so wichtiger Mann wie Cummino eine Pause einlegte und nachdachte.
    Manchmal hatte Leandro inmitten dieser gigantischen Pflanze das Gefühl, es starre jemand zurück, wenn er einen Kegel hellen Lichts in das Dunkel richtete. Das waren nur seine überreizten Nerven. Vielleicht beschrieb verrückt ihr eigenes Vorhaben auch ganz gut.
    Von der ersten Idee, sich mit den sagenhaften Rätselfrüchten daheim auf Atibon Legba eine goldene Nase zu verdienen, bis zu diesem Moment mitten im Wolkengebirge war es ein langer Weg gewesen. Aber wenn sie nur einige dieser Dinger in die Finger kriegen konnten, und zwar die richtigen Früchte, würden sie in den schattigeren Ecken von A. L. fette Gewinne machen und derlei verrückte Expeditionen anderen überlassen können.
    Was für Möglichkeiten diese Hervorbringungen des Dickichts boten, hatte ihnen der seltsame Lukaschik ausführlich erzählt, soweit er in der Lage war, einen Gedanken bis zum Ende zu verfolgen.
    Natürlich hatte er keine Ahnung, auf was für Ideen er Cummino damit brachte. Da gab es nicht nur diese Quillen, die Leandro und seinen Leuten den besten Sex des Universums verschaffen könnten, sondern auch Würzmispeln, unter deren Einfluss man verborgene Lebensformen aufspüren konnte – so dass man lange vor einem Einbruch herausfände, ob die Luft wirklich rein war. Auch Blaurüben wären sehr hilfreich, denn sie schärften das Gehör aufs äußerste. Gute Kombinationen aus Bromnuss und Kremschoten konnten die Drogenpflanzen in den geheimen Gewächshäusern zu neuen Höchstleistungen bringen, was Ausbeute und Wirkstoffgehalt betraf. Vielleicht halfen sie auch dabei, neue Rauschmittel zu finden, unbekannte Wege, sich vollzudröhnen – jeder wusste, wie reich die ersten Verkäufer von Ycorgan geworden waren. Und Cumminos Familie war auf dem besten Weg, etwas Ähnliches fertigzubringen.
    Richtig nützlich würden auch Zeitbeeren sein, mit denen man seinen eigenen Körper auf Übermenschen-Geschwindigkeit beschleunigen kann. Ja, das wäre prima, dachte Cummino, eine neue Ära des Taschendiebstahls beispielsweise. In der Zeit zwischen zwei Kamerabildern in ein Geldhaus hineinspazieren.
    In Gedanken an diese tollen neuen Gelegenheiten sagte er: »Denk doch mal an die ersten Nachrichten über die Rätselfrüchte des Regenplaneten, Vincent. Wir haben das alles für Raumfahrergarn gehalten, wie es in der ‚Laterne’ am Tisch der Kapitäne gesponnen wird.«
    Vincent blieb stehen und blickte auf den Ast, den Cummino entlangzugehen sich anschickte. »Wer sagt denn, dass es nicht tatsächlich alles eine einzige Spinnerei ist ...«
    Er zeigte auf den hölzernen Weg. »Du willst doch nicht allen Ernstes dort weitergehen?«
    Cummino hielt sich an einer Liane fest und spähte dem Verlauf dieses Triebes nach.
    »Gibt es einen Grund, es nicht zu tun? Wir haben noch zweiundzwanzig Früchte einzusammeln, weißt du.«
    »Der Ast hat kein Ende. Und da vorn fängt er an, sich zu bewegen.«
    »Du bist ein Spinner, Vincent!«
    Aber Cummino kam dieser spezielle Weg plötzlich gar nicht mehr so verlockend vor, nachdem er ihn genauer betrachtet hatte. Tatsächlich faserte der stabile Ast nach einem Dutzend Metern in zahllose Zweige auseinander, durch die unmöglich ein Durchkommen war. Dass alle diese Zweige sich in einem langsamen,

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