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Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Titel: Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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komplizierten Muster umeinander bewegten, machte die Sache nicht besser. Es sah aus wie in diesen Naturfilmen, in denen die Korallenfächer in der See vor Bahia de Janeiro in unterseeischen Strömungen majestätisch vor sich hin wogten.
    Aber sie waren hier nicht unter Wasser, sondern sie kletterten durch einen Busch. Nun ja, es war ein sehr großer Busch, der einmal komplett um den ganzen Planeten herumreichte, aber eben doch nur ein verdammter Busch. Keine Strömungen, keine Korallen.
    »Vermutlich ist es besser, woanders langzugehen«, sagte Cummino und wollte kehrtmachen.
    Etwas hielt ihn fest.
    »Was in aller Päpste Namen ...«, fluchte Cummino und sah reflexartig über die Schulter. Aber er konnte dort niemanden sehen, der ihn gepackt hatte.
    »Deine Hand«, sagte Vincent. Seine Stimme zitterte.
    Jetzt sah Cummino es auch. Die Liane, an der er sich festgehalten hatte, war nicht einfach irgendeine Liane gewesen. Sie hatte ober- und unterhalb der Stelle, an der seine Faust den grünschwarzen Strunk gepackt hatte, eine Unzahl von kleinen Schuppen oder Lamellen abgespreizt, und aus dem irgendwie feucht-fleischernen Material darunter waren zahllose feine Haare gesprossen, fast durchsichtig. Cumminos Hand war von diesem abstoßenden Spinngewebe fast völlig bedeckt und an der Liane festgeklebt.
    »Oh«, sagte Vincent. »Schau mal, wer da ist.«
    Ein Wolkentaucher war aus dem Dunkel herangeflattert und elegant an der Liane gelandet. Seine beiden Mäulchen schnupperten aufgeregt an den Gespinsten herum.
    Cummino konnte die Begeisterung Vincents nicht teilen.
    »So ein Dreck«, murmelte er und riss mit aller Kraft an der Liane.
    Es fühlte sich an, als wolle ihm jemand zugleich die Haut vom Handrücken und die Nägel aus den Fingern reißen. Cummino schnappte lautlos nach Luft, während der Wolkentaucher beleidigt abdrehte und in der tropfenden Dunkelheit verschwand.
    »Jetzt hast du ihn verscheucht«, meinte Vincent. »Was ist denn?«, fragte er dann verständnislos und blickte in die Augen Cumminos, die sich mit Tränen füllten.
    »Das verdammte Ding ist an meiner Hand festgewachsen«, erklärte Leandro, als er wieder reden konnte.
    Vincents Blick wanderte von dem feinen Gespinst an der Hand hinüber zu Cumminos kräftiger Gestalt, und ein leises Lächeln deutete den Gedanken an, der ihm durch den Kopf ging.
    »Dann mach es doch ab«, sagte er.
    »Schwachkopf!«, fauchte Cummino. »Gib mir das Messer!«
    Vincent fummelte eine Weile an den Schlaufen und Verschlüssen des Rucksackes herum, ehe er das Messer in die freie Hand des Gefesselten legen konnte. Der fing an, oberhalb seiner Hand auf die Liane einzuhacken. Jedesmal, wenn die Klinge gegen den grünschwarzen Strick prallte, durchfuhr ein gleißender Schmerz seinen Arm, vibrierte durch seinen Brustkorb und endete in der Magengrube als wachsende Übelkeit.
    Vincent kam schadenfroh auf eine gute Idee und fertigte ein paar Aufnahmen an, die er Cummino niemals im Leben zeigen würde.
    »So wird das nichts«, sagte Leandro nach einem halben Dutzend äußerst qualvoller Hiebe. Er musste mehrmals durchatmen, ehe er wieder sprechen konnte. Beim nächsten Schlag würde er zu wimmern anfangen und sich ins Dickicht hinein erbrechen. Und das kam nicht in Frage, wenn Vincent dabei war.
    »Wir müssen uns etwas anderes ausdenken.«
    Vincent legte den Kopf schräg.
    »Was anderes.«
    Er tat so, als müsse er überlegen.
    »Etwas, das mit heißem Licht schneiden und Sachen gründlich kaputtmachen kann? Etwas, das man Laserpistole nennt? Etwas, das du nicht mitnehmen wolltest, weil es zu gefährlich zu transportieren wäre und auf einem so zurückgebliebenen Planeten sowieso völlig unnötig?«
    Cummino starrte den Schwächling verblüfft an. Kaum steckte er in einer lächerlichen Situation fest, probte der doch tatsächlich den Aufstand. Unfassbar.
    Andererseits hatte er recht. Ein kraftvoller Laser wäre eine gute Idee gewesen ... die Cummino höchstselbst verworfen hatte.
    »Du bist nicht lustig, Vincent«, sagte Cummino nur. Er hatte befürchtet, bei einer Einreisekontrolle mit einer solchen Waffe erwischt zu werden. Er konnte ja nicht ahnen, dass die sogenannte Einreisekontrolle lediglich aus ein paar Funksprüchen bestand. Dass nur Bordlisten mit einer winzigen Raumstation ausgetauscht wurden, auf der genau ein Mann Dienst tat.
    Er starrte seine gefesselte Hand an. Die rasch wuchernden Sprossen oder Keimlinge – was auch immer das war – hatten sie mittlerweile

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