Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Titel: Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
Vom Netzwerk:
Hand inzwischen von einem kompakten Gespinst weißer Fäden umhüllt war, das sich langsam in Richtung der Schulter vortastete. Auch die Liane wirkte seltsam verändert, aufgedunsen und fettig.
    Als Vincent nach Cumminos Anweisungen Stücke aus den Früchten schnitt und sie miteinander in seinem Feldgeschirr zu einem seltsamen Salat mischte, verkniff er sich jede Bemerkung darüber, wie stark sich die Abbildungen in der Datenbank von dem unterschieden, was er da zusammenrührte. Es war ja nicht seine Hand, um die es hier ging.
    Vincent rührte ein letztes Mal um und betrachtete das Ergebnis seiner Bemühungen. Er hätte es nicht essen wollen. Es sah, wenn man ehrlich war, genauso aus wie das, was ein Mensch direkt aus seinem Magen heraus in eine dunkle Ecke fallen ließ, wenn er etwas Verdorbenes zu sich genommen hatte.
    Was soll’s, dachte Vincent, es ist alles nach Kundenwunsch hergerichtet, und trug das Feldgeschirr zu Cummino hinüber.
    »Na ja, ein leckerer Obstsalat ist das nicht gerade«, sagte der, ehe er das Zeug aß. Es schien auch geschmacklich alles andere als das zu sein. Cummino musste sich sichtlich überwinden, um das Wundermittel herunterzuwürgen. Er machte lange Pausen zwischen dem Kauen und dem Schlucken.
    Vincent wurde nach einiger Zeit ein immer noch halbvolles Gefäß überreicht.
    Cummino rülpste, und sein Atem stank erbärmlich.
    »Noch ein einziger Bissen«, flüsterte er, »und alles ist wieder draußen.«
    »Das will ja keiner«, sagte Vincent und überlegte, was er mit dem restlichen Gemisch anfangen sollte. Zunächst fotografierte er es; das sah so herrlich widerlich aus.
    Und Leandro Cummino, Angehöriger jener stolzen Familie, die so reich und einflussreich war, dass sie stolz ihre hellen Stirnsträhnen zur Schau stellte, Leandro hatte dieses Töpfchen Kotze gegessen.
    Vincent sah sich um. Wohin damit? Schließlich suchte er sich eine Stelle zwischen all den Ästen und Stämmen, wo es sehr tief hinab zu gehen schien, und warf das eklige Zeug kurzerhand hinab. Samt dem Feldgeschirr. Aus dem hätte er sowieso niemals wieder etwas essen wollen.
    Dieses Problem wäre gelöst, dachte er und wandte sich wieder Cummino zu.
    »Ist denn schon«, wollte er zu fragen anfangen, aber offenbar hatte der seltsame Cocktail bereits zu wirken begonnen. Cummino war leichenblass und hatte Schweißtropfen auf der Stirn. Langsam ging er auf die Knie, und seine Hand sank herab. Die Spinnweben, die sie umhüllt hatten, schmolzen zu schleimigen Fäden zusammen und bildeten nur mehr eine lose Verbindung zwischen der Liane und der wunden Haut der Faust Cumminos.
    »Nicht zu fassen«, sagte Vincent, »es hat tatsächlich funktioniert.«
    Er stützte seinen Kumpel, aus dem die Kraft heraussickerte wie Wasser aus einem löchrigen Schlauch. Das rotzähnliche Zeug, zu dem die Spinnweben geworden waren, löste sich mit einem schmatzenden Geräusch ab. Vincent schleppte den viel zu schweren Cummino zu der hölzernen Wand hinüber, an der auch der Paravent lehnte. Dort ließ er ihn hinunter, so dass Leandro halb saß, halb lag. Dann sah er nach, was die Liane angerichtet hatte.
    Die Hand, aus ihrem Gefängnis befreit, sah aus wie ein rohes, unvollständig enthäutetes Stück Bratenfleisch. Aus den zahllosen Einstichen der wolkengebirglichen Angriffsliane sickerte kein Blut, sondern eine zähe, gelblich schimmernde Flüssigkeit.
    Die Körperflüssigkeit des Riesengestrolchs?, überlegte Vincent, der zwar kein Blut sehen konnte, dieses Zeug aber noch viel widerwärtiger fand.
    Er sah zu der Liane hinüber, die feist und geschwollen herabbaumelte, mit einer merkwürdigen Ausstülpung an der Stelle, an der Cummino, der Schwachkopf, sie angefasst hatte. Weitere Lianen senkten sich langsam rings darum herunter, wie Angeln, die sich harmlos zu den Fischen hinab bewegen.
    Hier hängt alles miteinander zusammen, überlegte Vincent. Er machte ein Bild von der heimtückischen Kletterpflanze und ihren Geschwistern. Dann betrachtete er den schlaffen Leib Cumminos. Der fing an, seltsam zu riechen. Und es war nicht nur schlechter Atem.
    Waren das die Wunden, die sich zersetzten? Es duftete durchdringend nach ... ja, nach was denn? Vincent rümpfte die Nase. Eine Wurstscheibe roch so, wenn sie zu lange in einem gut geheizten Raum auf einem Teller gelegen hatte und glitschig geworden war.
    »Danke«, flüsterte Cummino, der seine Hand vor sich hielt wie einen gegen seinen Willen angeschraubten Fremdkörper. Angewidert und fassungslos

Weitere Kostenlose Bücher