Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vintermørket

Vintermørket

Titel: Vintermørket Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.S. Nightsoul
Vom Netzwerk:
mich auf den Weg zurück. Ich war nicht sonderlich überrascht, dass er nicht nach mir rief, sondern mich einfach gehen ließ. Dieser Moment hatte etwas Endgültiges.
     
    ***

Vier
     
    Der Tag war an mir vorbei gezogen. Langsam. Zäh, wie Kaugummi. Ich lag auf der Couch, Flauschi auf der Decke zwischen meinen Beinen. Versonnen streichel te ich den Kater und lächelte schwach aufgrund des leisen Schnurrens. Skor und Sorcha sahen fern, die Mädels waren ausgeflogen, zu irgendeiner vorweihnachtlichen Feier gegangen, die im Nachbarsdorf stattfand. Thore hatte ich nicht mehr gesehen.
     
    In zwei Tagen würde das Fest der Liebe sein und ich fühlte mich völlig fehl am Platz. Ich wirkte wie ein Eindringling in der Familie, obwohl ich sie alle schon so lange kannte. Nur war es nicht mehr wie früher.
     
    Ich sah auf die Uhr und erhob mich. Rasmus sprang schlaftrunken von mir, machte einen Katzenbuckel und gesellte sich zu Skorlan.
     
    „Ich gehe dann mal ins Bett. Schlaft schön, ihr beiden.“
     
    Sorcha lächelte mir zu. Skor winkte grinsend. Müde stieg ich die Treppe rauf, machte einen Abstecher ins Bad und ging schließlich ins Zimmer. Da der Flur dunkel war, erkannte ich sofort, dass ich nicht alleine wäre.
     
    Ich fand Thor auf dem Bett sitzend vor. Er war oberkörperfrei, hielt sich die linke Schulter. Er wirkte angestrengt, hatte die Lippen zu einem dünnen Strich gepresst, die Augen ein Stück weit zusammengekniffen. Merkwürdigerweise sah er aus, als hätte er Schmerzen.
     
    Ich konnte nicht verhindern, dass ich ihn einen Augenblick lang ansah. Seine gut definierte Brust wahrnahm, die Bauchmuskeln, die sich leicht unter der Haut abzeichneten.
     
    „Ein eingeklemmter Nerv?“, riet ich, während ich die Tür hinter mir schloss. Thore zuckte zusammen und sah auf.
     
    „Ja.“
     
    „Soll ich dir helfen?“
     
    Verwirrung lag in seinem Blick, aber schließlich verneinte er nur mit einem stummen Kopfschütteln. Ich zuckte mit den Schultern und legte mich ohne ein weiteres Wort ins Bett.
     
    Die nächste halbe Stunde bemühte ich mich ernsthaft, einzuschlafen. Konnte es aber nicht, da Thore ständig stöhnte. Meine Geduld war am Ende. Mit einem genervten Seufzen schwang ich mich aus dem Bett.
     
    „Jetzt reicht es. Umdrehen!“, befahl ich ihm, da er immer noch auf der Bettkante saß und an irgendetwas herumbastelte. Allerdings machte er keine Anstalten, sondern schaute mich nur irritiert an.
     
    „Warum?“
     
    Mit gekonntem Griff packte ich seine Schulter und fand auf Anhieb die richtige Stelle. Thore fluchte derbe. Ich ignorierte es, fing an, die Muskulatur zu massieren. Ich drückte und bog die Schulter, bis sich der Knoten unter der Haut löste, strich die Verspannung aus den Muskeln, befreite Thore von den größten Schmerzen. Nahm zufrieden sein erleichtertes Seufzen wahr. Vorsichtshalber ließ er das Gelenk einmal kreisen. Der Nerv war ausgeklemmt.
     
    Ich wurde mir gewahr, dass ich immer noch die Hand auf seiner Haut hatte, die Wärme spürte und das Zucken seiner Muskeln. Schlagartig vernahm ich auch, wie nah ich ihm war. Beinahe in Zeitlupe hob er den Kopf. Seine Lippen waren leicht geöffnet, die Augen klar. Kaum merklich ließ ich die Hand über die Schulter gleiten, über die weiche Haut, spürte die Muskeln zucken. Thore fühlte sich unglaublich gut an.
     
    „Danke“, meinte er rau. Als hätte ich mich verbrannt, zog ich die Hand zurück und räusperte mich. Ich ging wieder ins Bett, zog die Decke so hoch wie möglich. Meine Handinnenfläche kribbelte, gar so, als hätte ich warmes Wasser drüber laufen lassen. Ich war empfänglich für Berührungen, für Nähe, nur war Thores reiner Selbstmord.
     
    „Kein Problem. Gute Nacht.“
     
    Thore ließ mit der Antwort auf sich warten, bis schließlich ein leises: „Nacht“, ertönte und er das Licht löschte.
     
    ***
     
    Der nächste Tag fing schon schlimm an, aber zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ein Teil von mir tatsächlich sterben würde.
     
    Wieder einmal hatte ich mich wegen einer Banalität mit Thore gestritten, weswegen ich den ganzen Vormittag über eher in mich gekehrt war. Ich bemühte mich wirklich ein erträglicher Gast der Familie zu sein, leistete Sorcha und Skor Gesellschaft, wusste aber zugleich, dass ich in meiner Rolle kläglich versagte.
     
    Gegen Mittag kam Thore in die Küche, in der ich gerade den Abwasch machte, und trug eine Miene zur Schau, wie zehn Tage Regenwetter. Ich wusste sofort,

Weitere Kostenlose Bücher