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Vintermørket

Vintermørket

Titel: Vintermørket Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.S. Nightsoul
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dass etwas nicht stimmte, und ahnte Grausames.
     
    „Was ist los?“, krächzte ich. Scheinbar stand mir die Angst ins Gesicht geschrieben, denn Thore nickte langsam. Seine Augen waren dunkler, Schmerz verschleierte ihre sonstige Klarheit. Das Handtuch, das ich bis eben gehalten hatte, fiel lautlos zu Boden. Apathisch sah ich meinen einstigen Freund an und schluckte den Kloß in meinem Hals.
     
    „Rex liegt im Sterben“, meinte Thore mit belegter Stimme.
     
    Ich ließ alles stehen und liegen, rannte aus der Küche, über den Hof. Ich hatte weder Jacke, noch Schuhe an. Ein paar Mal wäre ich auf dem glatten Boden beinahe ausgerutscht, konnte mich im letzten Moment aber noch fangen.
     
    Das Scheunentor stand offen. Hastig ging ich ins Innere und ließ den Blick über die Hunde gleiten. Heute waren sie ungewöhnlich still, tummelten sich vor einer Box und winselten. Ich schritt darauf zu, entdeckte Rex, der leise hechelnd im Heu lag, die Augen starr nach vorne gerichtet hatte. Mit zugeschnürter Kehle ließ ich mich neben ihm nieder. Sein Fell war stumpf, seine Atmung nur noch ganz schwach. Ich beugte mich über ihn. Legte meinen Kopf an sein Herz. Sanft umschlang ich den schwachen Körper mit den Armen, zog ihn vorsichtig zu mir heran.
     
    Rex hob mühsam den Kopf, schien zu lächeln, als er mich erblickte. Mit zitternder Hand streichelte ich ihm über die Stirn, flüsterte zusammenhangslose Worte. Sie sollten ihn beruhigen, stattdessen dienten sie dazu, meine Angst und Panik nicht an die Oberfläche brechen zu lassen.
     
    Ich wollte ihn nicht gehen lassen, ihn irgendwie an das Leben binden. Aber mit jeder weiteren Minute, die verstrich, wusste ich, dass es kein Entkommen vor dem Tod gab. Wie lange würde es dauern, bis das Leben gänzlich verblasste, wie lange würde er noch leiden müssen? Fragen zermarterten mir das Hirn. Ich klammerte mich an Rex fest, hob ihn auf meinen Schoss und lehnte mich an die hölzerne Wand der Box.
     
    Ich nahm nichts um mich herum wahr. Sah nur den Hund vor mir. Bilder vergangener Tage zogen vor meinem inneren Auge vorbei. Erinnerungen von schönen Zeiten. Rex als Welpe in meinen Armen, Thore neben mir lachend.
     
    Er hatte mir den Husky geschenkt, der in all den Jahren ein wichtiger Teil von mir geworden war. Ich hatte ihn im Stich gelassen, einfach alleine. Diese Schuld ließ mich innerlich zusammenbrechen.
     
    Die Erinnerungen überschatteten meinen Schmerz. Krampfhaft hielt ich mich an ihnen fest. Ich dachte an all die Momente, in denen ich mit Rex zusammen war, spielte, lachte, Thore an meiner Seite. Ich hatte nie gewusst, was Rex alles für mich getan hatte. Unbewusst. Welche zentrale Rolle er in den vergangenen Jahren eingenommen hatte.
     
    Bis heute. Bis zu diesem Zeitpunkt.
     
    Er war das Verbindungsstück zwischen Thore und mir. Erst durch ihn hatte sich eine Freundschaft entwickelt, dessen letzter Rest am heutigen Tage mit dem Wind davon getragen würde. Ich würde nicht nur meinen geliebten Husky verlieren, sondern auch den Menschen, der beinahe mein Lebensinhalt war.
     
    Diese Tatsache wurde mir schmerzlich bewusst. Die Tränen standen mir in den Augen, aber dennoch konnte ich nicht weinen. Ich blinzelte, spürte Qual und doch wurde alles von Taubheit überlagert.
     
    „Bleibe bei mir, bitte!“, flehte ich tonlos. Das Winseln der anderen Huskys klang wie ein Leidgesang, untermalte meine hoffnungslose, naive Bitte. Den Tod konnte man nicht aufhalten. Er kam, nahm Leben mit sich. Ohne Rücksicht auf Verluste. Ich hatte es bereits durch, wusste, wie es war, Menschen zu verlieren. Beide Arten des Gehens waren grausam.
     
    „Wieso du … warum gehst du, wenn ich dich doch brauche, Rex? Ist das meine Strafe dafür, dass ich dich solange Zeit alleine gelassen habe?“
     
    Rex konnte den Kopf nicht mehr heben. Dennoch sah er mich an, als wüsste er, was ich sagte. Ich hätte gerne verstanden, was er mir mitteilen wollte. Aber mir blieb nur dieser Blick, der jede Minute immer trüber wurde.
     
    „Es tut mir leid, hörst du Rex? So leid!“, flüsterte ich und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Ein Zittern durchlief meinen Körper, das mich gänzlich lähmte. Ich war unfähig irgendetwas zu machen, sah auf Rex und auf mich, als würde ich neben den beiden stehen, wie ein Fremder auf die Szene herabsehen. Die Hand immer noch in seinem Fell vergraben flüsterte ich Worte der Entschuldigung. Immer wieder, wie ein endloses Mantra.
     
    Brachten diese Floskeln in dem

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