Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Violas bewegtes Leben

Titel: Violas bewegtes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Trigiani
Vom Netzwerk:
fragen, was du wissen möchtest«, sagt Catilin hilfsbereit.
    Hinter mir wird die Tür zugeschlagen.
    »Skypst du wieder?«, fragt Suzanne.
    »Ja. Komm her, dann kannst du Andrew und Caitlin kennenlernen.« Ich stehe von meinem Stuhl auf, damit Suzanne sich setzen kann.
    »Hi.« Suzanne schaut in die Kamera.
    »Hi«, sagen Caitlin und Andrew gleichzeitig.
    »Ich bin Suzanne. Ich muss im unteren Stockbett schlafen, weil an der Mautschranke in Indiana Stau war und ich deshalb als Letzte hier ankam. Das finde ich ziemlich doof.«
    »Hey Suzanne, ich wusste gar nicht, dass du so nachtragend bist«, sage ich scherzhaft.
    Suzanne schaut lächelnd zu mir hoch. »Und wie.«
    »Schön, dich kennenzulernen, Suzanne«, sagt Caitlin.
    »Ein tolles Stirnband hast du da«, sagt Suzanne zu ihr.
    »Hab ich bei einem Straßenhändler hier um die Ecke gekauft«, erklärt Caitlin.
    Junge, wie ich die Straßenhändler mit ihrem Kram vermisse. Einmal habe ich sechs Paar Sportsocken mit dunkelblauenStreifen für fünf Dollar ergattert. Und eine limettengrüne Einkaufstasche aus Kunstleder. Ich mag gar nicht daran denken, welche Modeneuheiten mir dieses Jahr entgehen. So was gibt es in Indiana nirgends.
    »Es ist echt cool.« Suzanne nickt anerkennend und rutscht dann wieder von meinem Stuhl. »Gut, ich muss los. Bis dann, Leute.«
    Ich setze mich wieder vor meinen Laptop.
    »Sie ist nett«, sagt Caitlin.
    »Ich geh zum Abendessen.« Suzanne nimmt ihren Mantel und winkt mir zum Abschied.
    »Ich komme gleich nach«, sage ich zu ihr. Andrew hat kein Wort gesagt. »Andrew, alles in Ordnung mit dir?«
    »Sie ist eine Göttin«, sagt er. (Ich habe ja gesagt, dass Suzanne superhübsch ist.)
    Caitlin und ich lachen. »Oh Mann. Suzanne ist für Andrew das, was Tag Nachmanoff für uns ist.«
    Andrew ist immer noch ganz sprachlos. Ich finde es etwas peinlich für ihn, gleichzeitig bin ich auch ein bisschen verletzt. Als wäre sie das erste hübsche Mädchen, das er zu sehen bekommt. Na ja, vielleicht ist sie das auch. Nicht gerade ein Kompliment für Caitlin und mich, aber was soll’s.
    »Ich glaube, ich muss jetzt gehen«, sagt Caitlin. »Andrew?« Sie dreht sich zu ihm.
    »Ja. Wir sollten aufhören.«
    Andrew und Caitlin loggen sich aus. Nie im Leben werde ich Andrews Gesicht vergessen, als er Suzanne auf dem Bildschirm erblickt hat. Es war wie in einem dieser Science-Fiction-Filme, wo die Sonne ganz hell strahlt, kurz bevor ein Raumschiff landet. Ich finde, Andrew hat echt kein Feingefühl. Er hat nochnie zugegeben, ein Mädchen auch nur zu mögen. Er ist zwar mein allerbester Freund auf der Welt, bis ich sterbe, aber er ist und bleibt eben ein Junge. Ich hätte nur nie gedacht, dass er so ein Junge ist. Ich bin nicht die Einzige, die sich seit Beginn der neunten Klasse verändert hat, so viel steht fest.

SECHS
    Mrs. Zidars Büro liegt in einem Seitenflügel des Atriums, neben der Kapelle, in der ich bislang noch nicht gewesen bin. An ihrer Bürotür hängt das berühmte »Halte durch, Schätzchen!«-Poster mit dem Kätzchen, das mit den Vorderpfoten an einer Wäscheleine hängt.
    Ich hole meine Kamera aus der Hülle und filme einen langsamen Schwenk von den Fenstern zur Tür, falls ich später noch einen Kommentar dazu aufnehmen möchte. Dann schalte ich die Kamera aus und stecke sie wieder in das Etui, bevor mein Termin beginnt.
    Fairerweise muss man sagen, dass Mrs. Zidar ein Büro gefunden hat, das abseits liegt und größtmögliche Vertraulichkeit gewährleistet. Wenn man sich dazu durchgerungen hat, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist es nicht unbedingt nötig, dass die gesamte Schülerschaft es mitbekommt, weil der Schulpsychiater sein Zimmer direkt in der Schulaula hat. Im Übrigen könnte ich auch aus einem anderen Grund bei Mrs. Zidar vorbeischauen, zum Beispiel weil ich mich für forensische Psychologie anmelden möchte (niemals!). Niemand kannaus meinem Besuch hier schließen, dass ich eine psychologische Beratung brauche.
    Die übrigen Verwaltungsbüros befinden sich im Geier-Kirshenbaum-Bau, das heißt, selbst wenn man Mrs. Zidar ein ganz schreckliches Geheimnis offenbart, braucht sie eine ganze Weile, bis sie rüber zu Mrs. Grundman, der Schulleiterin, gerannt ist, um einen von der Schule schmeißen zu lassen. So gerne ich auch nach Hause fahren würde — bis meine Eltern zurückkommen, habe ich kein Zuhause mehr, und die PA ist immer noch besser als ein Erziehungsheim in einer Kleinstadt irgendwo in der Einöde

Weitere Kostenlose Bücher