Violas bewegtes Leben

Titel: Violas bewegtes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Trigiani

Vom Netzwerk:

Gründungstag solchen Spaß machen würde.
    Ich ziehe meine Videokamera heraus, um den Bereich hinter der Bühne zu filmen. Ich drücke auf den Aufnahmeknopf und dann auf Audio:
    »Violas Tagebuch, die Fortsetzung. Vor euch seht ihr einen Haufen Objekte, die große Ähnlichkeit mit Theaterrequisiten haben. Und so ist es auch. Das hier ist mein erstes Theaterprojekt. Im Programmheft werde ich als Bühnendesignerin bezeichnet, obwohl ich eigentlich nichts mit diesen schäbigen Holzstühlen und Tischen, die man auf der Bühne sieht, zu tun habe, sondern vielmehr mit den Hightech-Landschaftsbildern, die hinter den Schauspielern zu sehen sind, wenn sie ihreSzenen spielen. Es schien mir wichtig, diesen Moment festzuhalten, weil er vielleicht eines Tages, wenn ich zurückblicke, den entscheidenden Augenblick darstellt, wo ich einen Fuß ins Theater setzte und für immer geblieben bin. Wer weiß? Ich bin mir nicht sicher. Ich bin erst vierzehn, und natürlich können sich die Dinge noch ändern. Aber hier stehe ich in diesem Moment nun mal. In der Prefect Academy. South Bend, Indiana.«
    Ich beende die Aufnahme und speichere das Datum.
    Das Theater riecht nach buttrigem Wachs und frischer Farbe. Ich gehe auf die Bühne und schaue ins Publikum. Ich schließe die Augen und stelle mir eine Bühne voller Ballerinas vor oder Weltkriegssoldaten oder eine Dinnerparty in den Dreißigerjahren, bei der die Damen elegante Abendkleider tragen. Ich öffne die Augen wieder und frage mich, ob das Gefühl, das ich in diesem Moment in mir spüre, der »Bazillus« ist. Grand erzählt immer davon, wie sie als Mädchen vom »Theaterbazillus« infiziert wurde, als wäre es ein Virus, der durch einen hindurchjagt und den man nie wieder loswird. Und ich glaube, das könnte tatsächlich stimmen. Schaut euch Grand an. Sie ist schon über sechzig und immer noch von diesem »Bazillus« befallen. Ich frage mich, ob ich mich wohl auch angesteckt habe.
    Ich schaue nach oben und spähe aus schmalen Augen am grellen Schein der Arbeitsbeleuchtung vorbei. In den Sparren über der Bühne, wo komplizierte Geflechte aus Flaschenzügen, Seilen, Drähten und Balken für die Bühnenbilder und die Beleuchtung hängen, sehe ich etwas Rotes aufblitzen.
    Was ich da sehe, jagt mir einen furchtbaren Schrecken ein. Weil ich nicht zu den Leuten gehöre, die stocksteif stehen bleiben, wenn sie Angst haben, laufe ich schnell über die Bühne, in hastigen kleinen Schritten wie eine Geisha. Vor der Treppe,die in den Zuschauerraum führt, beschleunige ich meine Schritte. Ich greife meinen Laptop und meinen Rucksack vom Bühnenrand und eile den Gang entlang Richtung Lobby.
    »Ich bin’s nur«, höre ich eine Stimme.
    Langsam drehe ich mich um, voller Panik, was ich gleich sehen werde.
    Mrs. Belldoin, die Putzfrau, schiebt ihren mit Putzutensilien beladenen Wagen durch die Tür auf die Bühne. Sie sieht mich und meinen Gesichtsausdruck und dass ich meinen Rucksack umklammere wie ein Kissen nach einem bösen Traum und sagt: »Ich wollte dich nicht erschrecken.«
    »Macht nichts.«
    »Du weißt, dass das Gebäude um acht abgeschlossen wird?«, fragt sie.
    »Ich weiß.« Doch anstatt hinauszugehen, bekomme ich wieder Mut, hauptsächlich, weil Mrs. Belldoin es mit jedem Schurken aufnehmen könnte und es nichts zu fürchten gibt, wenn sie da ist. Deshalb gehe ich zum vorderen Bühnenrand und schaue nach oben, an den Seilen, Flaschenzügen, Kabeln und Lampen vorbei zu dem Metallgerüst an der Decke. Das Rot ist verschwunden, nicht aber der Parfümduft. Er liegt immer noch deutlich in der Luft.

    Liebe Viola,
    ich habe Tante Naira angerufen und sie gefragt, ob es möglich ist, dass die rote Frau dich verfolgt und die Orte, die du aufsuchst, mit ihrem Parfüm benetzt. Sie sagte, Geister würden nicht ständig den Ort wechseln. Sie bleiben in einem Gebäude, bis sie verjagt werden. Deshalb hast du es vielleicht nicht mit einem normalen Gespenst zu tun, sondern mit etwas anderem. Was, weiß ich nicht. Sie hat auch empfohlen, du solltest deine Augen untersuchen lassen. Rote Blitze könnten auch auf
ein medizinisches Problem hinweisen – zum Beispiel Kurzsichtigkeit. In unserem Alter ist das scheinbar weit verbreitet.
    Tag Nachmanoff geht mit zwei Mädchen gleichzeitig: Lucy Caruso und Maxine Neal. Echt wahr, mit beiden! Natürlich verabredet er sich nicht mit beiden zur gleichen Zeit, aber keine hat was dagegen. Ist doch unglaublich, oder?
    Viele liebe Grüße, Caitlin
    (Oh, es kann