Violet - Verletzt & Versprochen & Erinnert (German Edition)
als ich. Da fällt mir ein, dass ich nicht weiß wie alt ich bin. Sechzehn? Siebzehn? Vielleicht auch achtzehn? Sie ist Mitte zwanzig garantiert und hat eine Ausstrahlung zum niederknien.
Ihre Haare sind flammenblau und ihre Augen versprühen grüne Funken. Sie trägt ein schulterfreies violettes Kleid bis zu den Knien und Pumps mit hohen Absätzen. Sie ist tatsächlich nicht besonders groß, hat aber ein umso tolleres Gesicht.
„Wie ich sehe, habt ihr schon Bekanntschaft gemacht. Du und dein Spiegelbild. Und gefällt dir, was du siehst? Ich war so frei und habe dir die Haare gestutzt. Sie sind kürzer geworden, als früher. Aber was rede ich. Daran erinnerst du dich ja nicht.“
Sie tritt einen Schritt näher an mich heran. „Tut mir leid, wenn ich dich so überfahre. Ich habe mich noch nicht einmal vorgestellt. Ich bin Kristen.“ Sie lacht. „Es ist jedes Mal ein Erlebnis. Sorry, aber du solltest dich sehen.“ Ich blicke in den Spiegel und weiß was sie meint.
Ich mache meinen Mund zu und verscheuche den bescheuerten Gesichtsausdruck. Lächle sie an. „Du weißt wer ich bin?“
„Natürlich weiß ich es, aber das spielt keine Rolle. Du bist du.“
„Kannst du mir sagen wie mein Name ist?“
„Ich könnte dir sagen wie dein Name war. Ja, das könnte ich. Aber werde ich es auch tun?“
„Wieso solltest du nicht?“
„Weil? Sagen wir einmal, meine ärztliche Schweigepflicht es mir untersagt mich in die Angelegenheiten anderer einzumischen. Weißt du was ärztliche Schweigepflicht bedeutet?“
„Vielleicht.“
„Gut! Fühlt sich das seltsam an, sich an nichts zu erinnern und trotzdem alles zu wissen?“
„Alles?“
„Naja vieles!“
„Was ist passiert? Warum kann ich mich an nichts erinnern?“
„Kannst du doch. Du weißt wie man spricht wie man sich bewegt wie man kommuniziert. Du kennst doch das Wort kommunizieren? Oder?“
„Ja.“
„Siehst du. Du erinnerst dich.“
„Ich weiß nicht wer ich bin?“
„Komm schon Schätzchen. Wer weiß das schon. Das ist eine philosophische Frage.“
„Ich kenne meinen Namen nicht.“
„Du kannst neu anfangen. Sieh es positiv. Du stehst vor mir. Bildhübsch, aufgeweckt, gesund, sozusagen frisch geboren. Ach wo wir gerade beim Thema sind. Du solltest dich frisch machen, und du solltest dir etwas anderes anziehen, überhaupt mal etwas anziehen.“ Sie grinst und ihr linkes Auge zwinkert mir zu.
„Den Korridor entlang, dann links halten. Dort findest du was du brauchst und ich habe ein paar hübsche Sachen zum Anziehen besorgt. Suche dir einfach etwas aus. Ist alles für dich. Und pass auf, du lagst eine ganze Weile im künstlichen Koma. Deine Muskeln brauchen ein paar Tage, bevor sie sich wieder an die Belastung gewöhnen“, sagt sie, schlendert zu dem Gerät dessen Name ich nicht kenne. Das Piepsen hört abrupt auf, als sie daran herumfummelt.
Kapitel 7
Ich folge so schnell ich kann dem geschwungenen Korridor, der aus purem Licht zu bestehen scheint und öffne die zweite Tür links, so wie die Frau, die Kristen heißt, es gesagt hat. Ich wäre gerne schneller gegangen, aber mein Körper lässt schnelle Bewegungen tatsächlich nicht zu. Da hat sie recht. Alles fühlt sich an wie ...
Leider finde ich keine Erinnerung, mit der ich es vergleichen könnte.
Das Bad ist umwerfend schön. Ein Pool lädt mich zum schwimmen ein, aber ich weiß nicht ob ich das kann. Eine durchgehende Fensterfront eröffnet mir eine atemberaubende Aussicht auf schneebedeckte Berge. Ich bleibe für einen Moment wie hypnotisiert stehen.
Die Anziehsachen liegen auf einer weißen Bank, dahinter sehe ich die Dusche. Voller Vorfreude ziehe ich mich aus, lasse Nachthemd und Baumwollhose auf meinem Weg einfach liegen und öffne die undurchsichtige Glastür. Es dauert einen Moment bis ich verstehe, wie man das Wasser anstellt. Es ist sofort warm. Ich schmuggle mich darunter, schließe die Tür, schließe die Augen und stehe einfach nur da. Mir kommen zwei Worte in den Sinn. Eine Erinnerung kann es ja unmöglich sein. Warmer Sommerregen. Einfach unbeschreiblich - einfach schön.
Ich bleibe eine halbe Ewigkeit so stehen aber irgendwann ist es unausweichlich, dass ich weiter muss. Ich stelle das Wasser ab und als die letzten warmen Tropfen in der Wanne aufschlagen und in tausend Stücke zerspringen, wickle ich mich bereits ein, in ein riesiges weißes, unendlich weiches Handtuch.
Ich gebe der Duschtür einen Schubser und schau mir die Sachen an, die mir Kristen
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