Violet - Verletzt & Versprochen & Erinnert (German Edition)
vorbeikommt und mich aufsammelt. Den Kopf zwischen den Knien, die Beine angezogen. Ich muss wirklich kläglich aussehen. Nach einer halben Ewigkeit - ich glaube, ich habe sogar etwas geschlafen - höre ich Stimmen. Kristen und ein Mann.
Sie sind nah, entfernen sich aber irgendwie schon wieder von mir. Ich stehe auf. Uff, meine Beine sind wie betäubt. Die beiden müssen irgendwo hier in dem Wirrwarr der Gänge sein.
„Sie kann sich an nichts erinnern“, sagt Kristen.
„Du hast ihre Erinnerungen gelöscht? Das war so nicht abgemacht“, sagt er zornig.
„Sie ist am Leben, so wie du es wolltest. Du kannst sie mitnehmen. Die Amnesie war nicht rückgängig zu machen. Sorry Adam. Es war schon zu spät.“ Die Stimmen werden leiser. Ich kann sie kaum noch hören. Seine Stimme ist tief, männlich. Ist mir sympathisch, trotz des Zorns den sie versprüht. Kristen ist sachlich und kalt und sie sprechen von mir, da bin ich mir sicher. Soll ich rufen und mich zu erkennen geben? Nein, ich versuche ihnen zu folgen und will mehr hören.
Wieder stellt sich mir eine Gabelung in den Weg. Verflucht, dieses irre Schneckenhaus treibt mich noch in den Wahnsinn. Kein Weg führt in die Richtung in der das Gespräch langsam verstummt.
Ich gehe nach rechts, intuitiv und mache so schnell ich kann. Aber jeder Schritt quält meine Oberschenkel und mein Herz pocht vor Anstrengung. Jetzt stehe ich vor einer Tür die nicht eine gerade Linie hat. Kristen und der Mann kann ich nicht mehr hören. Ich lausche nicht, klopfe nicht, mache die Tür ohne zu zögern auf. Sie geht auf?! Ein Wunder?
Eisige Kälte schlägt mir entgegen. Ein Labor wie in einem Buch, an das ich mich nicht erinnern kann, aber dessen Bilder mir vor das innere Auge kommen. Frankensteins Labor. Reagenzgläser so groß wie tragende Säulen in einer Kathedrale. Schläuche, Apparate so fremdartig und chaotisch, ja fast schon kitschig. Lampen, Lichter, Generatoren. Ich kann fast alles beim Namen nennen, nur das nicht, was in der Reagenzsäule keine fünf Meter von mir entfernt schwebt. Es ist die Quelle der eisigen Kälte. Ganz sicher, ich kann es spüren.
Es ist ein Lebewesen ganz sicher, aber so eines habe ich noch nie gesehen. Nein STOP! Stimmt nicht. Es sieht aus wie meine Tattoos. Aber mein Gehirn liefert keine Wörter für dieses Etwas, das Sinn machen würde.
Es sieht mich an mit seinen abnormalen Augen die voller Hass sind und dann spuckt mein Gehirn doch noch ein Wort aus.
Eine Bestie?
Ein Schmerz durchzuckt meine Schulter. Ich mach mir vor Schreck fast in die Hose und werde herumgerissen und die Tür hinter mir fällt zurück ins Schloss. Ein Riese hält mich an der Schulter fest. Der größte Teil seines Gesichtes besteht aus Kinn. Der Körper aus Fleisch und aus Muskeln, die deutlich unter der roten Lederuniform hervortreten. Der erste Mann dem ich begegne ist ein Muskelfreak in rotem Superheldenaufzug Größe XXXL. Irgendwie steht ihm das Monsterkinn sogar ganz gut, wenn er nicht so böse schauen würde.
„Du tust mir weh!“, sage ich mickrig. Er mustert mich, schätzt wohl ab, ob ich eine Gefahr für ihn darstelle. Was für ein Witz. Ich müsste hüpfen um ihm eine aufs Kinn zu hauen, das zugegebenermaßen, wenn ich es erreiche, nur schwer zu verfehlen wäre. Ich muss grinsen. Er nicht.
„Ich muss das melden!“, sagt er und so wie er das ausspricht, hört es sich für mich echt bedrohlich an. Melden in der Form, ob ich hingerichtet werde oder so ähnlich. Mir läuft ein eisiger Schauer über den Rücken. Was für wirre Gedanken! Wo kommen die nur her? Hinrichten, weil ich eine Tür aufgemacht habe die lieber geschlossen bleiben wollte. Das Bild der Bestie erscheint vor meinem inneren Auge. Was ist das für eine Welt, in der es Bestien gibt, die wie Tattoos aussehen.
„Musst du das wirklich? Ich meine ich suche die Toilette und habe mich nur verlaufen“, sage ich und es klingt nicht halb so überzeugend wie ich es wollte. Er legt den Kopf schief, schaut an mir hinab und ich nehme Notiz davon, wo seine Blicke haften bleiben. Jetzt wünsche ich mir, dass mein Top sich nicht so eng um meine Kurven spannen würde. Er betrachtet mich mit diesem gewissen anzüglichen Blick. Ich fühle mich unbehaglich. Was soll das? Und woher weiß ich, dass er anzüglich schaut. Ich geb´s auf. Diese Gehirnlöschsache ist zu viel für mich.
„Ok, ich hab geschwindelt. Ich muss gar nicht aufs Klo. Ich suche Kristen und habe mich einfach verlaufen.“ Hört sich schon
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