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Violett ist erst der Anfang

Violett ist erst der Anfang

Titel: Violett ist erst der Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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entscheidenden Rennen. Schweigen. Regentropfen zogen Jule in den Bann, die wilde Muster auf die Seitenscheibe zeichneten. Auf fremden Straßen passierten sie unbekannte Kulissen und überall schwebende Regenschirme bunt im Grau. Stumm aß Jule weiter, welch langweilige Fahrt mal wieder, und hirnte über erlösenden Smalltalk. Sie schnupperte. »Riechst du das, Süße?«
    »Was?« Sofort reckte Ewa die Nase in die Luft, als witterte sie durchgeschmorte Reifen. »Wo? Was? Was riechst du?«
    »Oregano.« Und mich. Gott, hoffentlich reicht dieses Mini-Deo den Tag über. »Schmeckt lecker. Mit Kräutern kenn ich mich zwar nicht so aus, aber Oregano …«
    Ewa verpasste dem Lenkrad einen Hieb. »Es ist Grün!«
    Jule schnaubte. »Komm, so viel weiß ich selbst.«
    »Warum fährt dieser Elefantenrollschuh nicht? Scheiß Smart!«
    »Äh … ja, bestimmt. Ich mag Oregano eigentlich ganz gerne«, nahm Jule den Faden wieder auf. »Es sei denn, man haut zu viel drauf. Das wär natürlich Scheiße. Das Zeug knallt ziemlich, intensiver Geschmack, wie ich finde, und …«
    »Ja, ja.« Ewa stöhnte auf. »Hup mich ruhig voll, du Schnepfe! Wo soll ich denn hin? Saudumme Kuh, du saudumme.«
    »Oregano ist nicht nur ein Gewürz, sondern auch eine Heilpflanze. Wusstest du das? Ich glaube, aus der Familie der Lippenblütler und …«
    »Mann, Jule!«
    Dieser Anranzer ließ Jule aufblicken. »Was ist?«
    »Ey, dein blödes Kraut kannst du in der Pfeife rauchen.«
    »Ach ehrlich? Das geht?«
    »Jule!«, lautete der knackige Anpfiff, der so viel Charme hatte wie ein Sitz-Platz-Aus-Kommando für Fiffi.
    »Was denn?«, antwortete Jule pampig. »Mit Drogen kenne ich mich nicht aus, Herrgott! Über Oregano weiß ich lediglich, dass …«
    »Oregano ist mir scheißegal!«
    »Aha.« Jule kratzte sich am Kopf. »Aber meintest du nicht vorhin, du kochst gerne?«
    »Und ob ich gleich koche!« Ewa klang ungehalten.
    »Schlechte Laune oder wie?«, erkundigte sich Jule und kombinierte. »Lass mich raten – Hunger? Willst du mal abbeißen?« Liebevoll wedelte sie mit der Pizzatasche lockend durch Ewas Blickfeld, doch die stieß die Hand knurrend beiseite. »Aha. Demnach hast du keinen Hunger.«
    »Ich habe immer Hunger!«
    »Aha.« Genervt verdrehte Jule die Augen. »Und was passt dir dann nicht an dieser, meiner Pizzatasche?«
    »Boar, Jule, ey! Tut mir bitte einen Gefallen und halt die Klappe! Siehst du nicht, was hier los ist? Ich muss mich konzentrieren, zum Kuckuck!«
    »Oh. Na klar. Du fährst. Verstehe. Mensch, dann sag das doch!« Frauen, pfff, von wegen Multi-Tasking-fähig. Ohne weiteren Kommentar verschlang Jule den letzten Happen, zerknüllte die Papiertüte und warf sie achtlos hinter sich. »Süße, dürfte ich bitte noch eine Frage stellen?«
    Ewa seufzte. »Na gut. Welche?«
    »Ist das da der Hauptbahnhof?«
    »Ja.«
    »Dachte ich mir«, sagte Jule. »War der da nicht eben schon einmal?«
    »Ja.«
    »Süße, müssen wir zum Hauptbahnhof?«
    »Nein.«
    »Aha. Warum eiern wir dann die ganze Zeit dran vorbei?«
    »Jule!« Anpfiff.
    »Was denn?« Verteidigung. »Ich wollte dich ja nur darauf aufmerksam machen, dass wir eventuell gerade ein klitzekleines bisschen im Kreis fahren. Möglicherweise.«
    »Ich weiß«, entgegnete Ewa durch zusammengepresste Zähne und ihre Wangen glühten bedenklich, als sie dem Lenkrad erneut einen ruppigen Klaps verpasste.
    »Schön. Und könntest du dir unter Umständen vorstellen, diese unnötigen Extraschleifen zu unterlassen? Mir ist nämlich ehrlich gesagt der Bahnhof vollkommen schnurz.«
    Ein lautes Schnaufen. »Jule, wärst du bitte so gütig und wirfst einen Blick auf dein iPhone mit der Karte?«
    »Gern. Nur was soll uns das konkret bringen, Fräulein?«
    »Komm, eine popelige Straßenkarte wirst du doch lesen können. Oder siehst du mit den Linsen auch nichts?«
    »Ui, ein Blindenspruch zur Abwechslung.« Jule verschränkte die Arme. »Besten Dank, Bogacz.«
    »Jule, zick nicht rum.«
    »Wer zickt? Du ja wohl«, erwiderte Jule angepisst und pustete sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Ich gestehe nur, dass mich Karten verwirren.«
    Ewa stöhnte auf. »Sei bitte kein Mädchen, Jule.«
    »Ich bin aber eines, Herrgott! Ob es dir nun passt oder nicht. Und da ist übrigens schon wieder der Bahnhof.«
    Ewa warf ihr einen lodernden Seitenblick zu. »Ey, noch einmal das Wort Bahnhof, und ich steig aus!«
    »Du sitzt am Steuer.«
    »Dann fahr du doch!«
    Jule lachte auf. »Hach ja, der Klassiker. Du weißt

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