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Violett ist erst der Anfang

Violett ist erst der Anfang

Titel: Violett ist erst der Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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und trieben sie tiefer in die Sitzpolster. Trommelwirbel, hach, Knutschfleck Nummer drei.
    Gott Süße, lass uns knutschen, so lange wir noch können. Wer weiß, welche krummen Geschäfte wir mit diesem dubiose Kai-Uwe Holzfeld machen müssen …

KAPITEL 16

    Es war noch immer Samstag, trotzdem hatte diese Szene das Zeug zum Freitagabend-Krimi im Zweiten. Die schäbige Haustür des schmuddeligen Mehrfamiliengebäudes hatten sie bereits passiert, ohne Dietrich und Fußkick, es war einfach offen gewesen. Nun bezogen sie Position an der Wohnungstür, Ewa links und Jule rechts. Tja. Klingeln bei Kai-Uwe Holzfeld. Jule war äußerst mulmig zumute. Auch Ewa schien sich zu rüsten, knöpfte ihr Hemd bis oben hin zu und schlug verwegen den Kragen hoch. Matula, du bist raus. Ab jetzt kümmert sich die Bogacz um böse Buben.
    Oder schämte sich Frau B. lediglich für ihren angenagten Hals? Nein, unmöglich. Knutschfleck Nummer drei war ein Meisterwerk. Lüsterner Expressionismus. Ach, wären sie doch nur im Taxi geblieben. Der züngelnde Kurztrip auf Wolke Sieben war himmlisch gewesen, ein kostbarer Moment, jedoch waren zwanzig Euro schnell verraucht. Instinktiv hatte Jule zum Hunderter gegriffen, woraufhin Ewa sie ruppig aus dem Wagen gezerrt und ihr unromantisch einen Vogel gezeigt hatte. Tja.
    »Gut.« Ewa räusperte sich. »Bei drei klingel ich und … Mensch, warum bist du denn so hibbelig?«
    »Hast du ein Pfefferspray mit?«
    »Nein. Wieso?«
    »Aber du kannst doch hoffentlich irgendwas Spektakuläres, oder? Außer Polnisch. Bitte sag ja, Süße.« Karate, Kanonenkugeln mit den Zähnen aufhalten oder …
    »Früher auf dem Eis konnte ich den doppelten Axel.«
    »Super, Schatz.« Jule zwang sich zu einem Lächeln. Juhu, Überfallskommando mit Eisprinzessin. Und ich kann Bühnenfechten und Stepptanz. Kai-Uwe, du bist so was von tot.
    »Entspann dich, Jule. Der Typ steht auf Alicjas Liste.«
    »Eben! Wenn Polen so heiraten wie sie saufen, ey, gute Nacht.«
    »Jule!« Anpfiff.
    »Hab nichts gesagt.« Unschuldiger Augenaufschlag.
    »Brav.« Ewas Hand ging zum Knopf neben dem Namensschild.
    Jule hielt die Luft an, einen Moment, eine ganze Weile und atmete irgendwann laut aus. »Wolltest du nicht klingeln?«
    »Hab ich doch.«
    »Aha. Warum passiert dann nichts?«
    »Ist anscheinend kaputt.«
    »Lass mich mal.«
    Ewa verdrehte die Augen. »Jule, wenn das Ding klemmt, kannst du auch nichts machen.«
    Tocktock. Zaghaft klopfte Jule gegen die Tür und spürte dabei Ewas amüsierten Blick im Nacken . Na, feilst du an einen Mädchen-Spruch, Bogacz? Pfff. Eine Schweitzer hatte mehr drauf. Angestachelt ballte Jule die Faust und hämmerte los. »Aufmachen, Poli-äh-Postpaket!«
    Rums und quietsch, die Tür schwang auf. Alarmiert blickten die beiden sich an.
    »Jule, es … ist offen.«
    »Das sehe ich, Herrgott!«
    »Und, äh, jetzt?«
    Gute Frage. Jule grübelte, während in ihrem Hirn das klassische Drehbuch für einen Krimi aufblätterte. »Ich geh rein und du gibst mir Deckung.« Ich ruf die Bullen hätte auch gepasst, Schweitzer. Scheiße. Egal. Jule beamte sich an irgendein Set, fantasierte sich Kameramänner ins Bild, packte ihre Freundin entschlossen am Kragen und schob sie vor sich her als Schutzschild in die Wohnung.
    Uff, geschafft. Sie waren drin, und kein Kugelhagel zwang sie in die Knie.
    Jule blickte sich schnell um. Also Geschmack hatte er, der Kai-Uwe. Tapeten in einem warmen Terrakotta-Ton verliehen dem quadratischen Flur ein mediterranes Flair. Diverse Spiegel mit wuchtigem Goldrahmen und eine antike, glänzende Kommode mit verspielten Schnitzereien zeugten von Asche auf dem Konto. Innerlich machte Jule dankbar Kreuzzeichen. Wer hier lebte, dealte gewiss nur mit Tischkärtchen. Nichts rührte sich. Lediglich ein dumpfes Prasseln drang zu ihnen, und eine schmetternde Gloria Gaynor mit »I will survive«. Gloria, ich liebe dein Motto!
    »Offenbar ist Kai-Uwe im Bad«, kombinierte Ewa.
    Jule nickte stumm. Der Gedanke an eine Dusche schmerzte und Neid brodelte in ihr hoch, also ging sie ein paar Schnitte und linste als Ablenkungsmanöver durch eine offene Zimmertür. »Mensch Süße, guck mal.« Ein Klavier, ein Klavier! Sogar ein Flügel …
    »Jule!«, vernahm sie noch Ewas Warnung, doch zwecklos. Der Sog war zu groß. Jule tigerte los, seufzte, streichelte liebevoll über das schimmernde Holz, nahm auf dem breiten Hocker Platz und entblößte gierig die Tasten.
    »Spinnst du? Komm sofort wieder her«, zischte

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