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Violett ist nicht das Ende

Violett ist nicht das Ende

Titel: Violett ist nicht das Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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einen runter, bis es kaum noch zu ertragen ist.« Mama Bogacz nickte leicht. »In manchen Nächten bin ich schweißgebadet aufgewacht und habe mich in der Toilette eingeschlossen, damit mein Mann nicht merkt, wie mir die Tränen in Strömen runterliefen.«
    »Ich hab mal eine Mülltonne umgetreten. Im Park. Nachdem mich so eine fette Aso-Tussi mit Kinderwagen nach dem Weg zum Spielplatz gefragt hat.«
    »Wie dumm, Jule.«
    Sie zog den Kopf ein. »Ich weiß.«
    »Ich meine uns Frauen. Wir geben uns die Schuld, weil wir sie sonst niemandem geben können. Einerseits lecken wir unsere Wunden. Trotzdem reißen wir sie tief in uns immer wieder auf, weil der Schmerz das Einzige ist, was uns bleibt von diesem Verlust. Im ersten Moment. Und weil wir denken, wir müssten uns als Versager bestrafen. Obwohl ein verlorenes Kind weiß Gott Strafe genug ist. Es dauert, bis man das begriffen hat, akzeptiert und loslässt.«
    »Kann man das?«, fragte Jule.
    Mama Bogacz nickte heftig. »Oh ja, man kann. Jule, ich weiß, wie schwer es fällt, darüber zu sprechen, und ich bewundere …«
    »Ja, pfff, hoffentlich nicht mich. Krümel habe ich nicht im Griff. Da laufe ich weg. Der Tritt kam von Ewa. Sie rollt das alles auf. Die schubst und hält mich, verstehen Sie?«
    »Gut. Sehr gut.« Ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. »Jule, es war übereifrig von mir, das Thema Enkel sofort anzusprechen. Zumal ich aus eigener Erfahrung weiß, wie schwierig es sein kann. Kinder sind Geschenke. Und jetzt, da Sie mir von Krümel erzählt haben, wird mir einiges klar, aber …«
    »Aber?«
    »Wohin soll eine Beziehung wachsen, sich entwickeln, wenn der Weg nicht klar ist? Jede ernstgemeinte Reise braucht ein Ziel. Die wichtigsten Weichen stellt man am Anfang. Und, wie vorhin erwähnt: Eltern haben Visionen. Nicht aus purem Egoismus, sondern weil ich meine Ewka kenne, wirklich kenne, und sie …«
    »Bestimmt eine fantastische Mutter wäre, ja«, vervollständigte Jule den Satz. »Wenn Ewa von Kindern spricht, ist dieses Leuchten in ihren Augen, Wahnsinn. Wie sie über Natalias Paulina redet oder mit … Krümel, also das war … Sie hat dieses Gefühl, dieses Gespür. Ich fürchte … ich habe dieses Talent einfach nicht, so von Natur aus. Tut mir leid.«
    »Das muss es nicht, Jule. Nicht meinetwegen. Ewka hat recht. Mit drei eigenen Kindern werde ich gewiss eines Tages Großmutter. Ich freue mich darauf. Zu sehen, wie alles weitergeht. Dass die Welt nicht stillsteht. Mich haben meine Kinder sehr bereichert, deshalb … Ich will offen zu Ihnen sein, Jule. Darf ich?«
    Jule nickte.
    »Wenn Sie Polnisch könnten, wüssten Sie, wie viel Ewka an Ihnen liegt. So entschlossen habe ich sie selten erlebt. Höchstens beruflich. Bei Gefühlen noch nie. Ewka kämpft für Sie, Jule, sehr sogar. Offenbar ist es ihr vollkommen egal, welche Opfer sie dafür bringen muss. Das imponiert mir. Aber es gefällt mir nicht. Weil ich mir als Mutter natürlich Sorgen um meine Tochter mache und nicht möchte, dass sie in ihrer Beziehung auf der Stecke bleibt.«
    »Ich doch auch nicht.«
    »Jule, deshalb wünsche ich Ewka eine eigene Familie, die …«
    »Herrgott, wie stellen Sie sich das vor?« Jule klang schroffer als beabsichtigt, nur nervte das Thema. »Sollen wir rumtelefonieren, ob sich irgendein Kumpel beim nächsten Porno netterweise ein steriles Becherchen vorhalten könnte? Ey, das ist doch kein Selbstläufer mehr, jeder Schuss ein Treffer und ein Thorsten nach neun Monaten.«
    »Andere Frauenpaare werden auch schwanger.«
    »Aber die wollen das ja«, sagte Jule laut. »Dieses Planen, dieses Hoffen, hat’s geklappt oder nicht, die Enttäuschung und ständig die Angst, diese beschissene Angst. Nach … Krümel und allem, ich pack das nicht noch mal.«
    »Da unterschätzen Sie sich«, sagte Mama Bogacz ruhig. »Auf Dauer kostet es mehr Kraft, sich in einem Verlust zu vergaben, als einen Neustart zu wagen. Jule, Sie haben ein Kind verloren, und es kann wieder passieren, muss aber nicht. Oft läuft die nächste Schwangerschaft reibungslos. Die Hürde ist nicht Ihr Körper, sondern Ihr Kopf. Und ich habe durchaus verstanden, dass Sie sich für keine gute Mutter halten. Warum auch immer. In diese Rolle wächst man rein. Niemand macht alles richtig, und niemand macht alles falsch. Man stemmt das zusammen als Paar, man …«
    Jule hob die Hände. »Wenn Ewa irgendwann ein Kind möchte, weil es ihr wichtig ist, wirklich wichtig, dann …«
    »Dann werden Sie Ihre

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