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Violett ist nicht das Ende

Violett ist nicht das Ende

Titel: Violett ist nicht das Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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Einstellung überdenken. Richtig?«
    »Nein.«
    »Oh.«
    »Ausgeschlossen.«
    »Jule …«
    »Dann muss Ewa gehen!« Ihre Stimme bebte. »Ich hab mich schon einmal auf diese Kinderscheiße eingelassen und mich verbogen, um meinen Freund zu halten. Damals habe ich in unserer Wohnung gestanden, allein vor dem Spiegel, verheult nach der OP und ich sah Scheiße aus. Abgrundtief Scheiße, und hab mich gefühlt wie der unnützeste Haufen Dreck! In diesem Moment hab ich es mir geschworen, bei allem, wirklich bei allem, was mir auch nur irgendwie einen Funken bedeutet: Nie, niemals wieder, diese gottverdammte …«
    »Jule, ssscht …«
    »Ich hab’s mir geschworen. Mir.«
    »Ssscht, Jule, ich habe verstanden. Es tut mir leid.«
    »Nein!« Jule wischte sich über die feuchten Wangen. »Mir tut es nämlich leid. Mir! Weil ich Ewa nicht glücklich machen kann. Denken Sie ernsthaft, mir gefällt die Vorstellung, dass Ewa mein Leben lebt und nicht ihres? Dass sie irgendwas aufgibt? Für mich? Weiß Gott nicht! Ich werde ihr alles geben, alles, was ich hab, und hoffen, dass es ihr irgendwie reicht. Und ich lasse sie ziehen, wenn ihr eines Tages eine Familie wichtiger wird als ich. Damit hab ich Erfahrung und ich werfe auch keine Steine, es ist okay, aber …«
    »Was?«
    Sie stöhnte. »Boar, Kacke, ey, warum kann Ewa nicht einfach schon ein Kind haben? Oder mir ihren Schwangerschaftstest unter die Nase halten und sagen: Jule, guck mal, positiv, ich zieh das jetzt durch. Bleibst du an Bord?«
    »Jule, Sie meinen …«
    »Ja, ja, schon klar«, grätschte Jule dazwischen. »Das klingt voll unromantisch, sorry. Aber Ewa ist so viel stärker als ich. Die haut ein Krümel nicht aus der Spur. Mich schon! Als Mutter bin ich eine Fehlbesetzung, das krieg ich nicht, ich will das nicht, aber zahlen kann ich, diese Pampers-Preise, Alter, scheißteuer. Ich lass sie dann doch nicht im Stich, Mensch! Mit meinem Bausparvertrag könnten wir das hinkriegen. Keine Ahnung, wie hoch der inzwischen ist, müsste ich gucken. Bestimmt kann ich auch mal paar Monate zu Hause bleiben, so als Babysitter, und einspringen, wenn Ewa gerade dreht oder Nummer zwei möchte und langfristig kürzer treten muss.
    Ich meine, irgendwie kriegen wir ihre Zwerge schon groß. So mit Flamingos gucken im Zoo und so, oder ich kutschier die zum Ballett. Meinetwegen auch zum Handball. Keine Ahnung, wie Ewa das sieht, aber mir wär’s wurscht. Soll den Mäusen ja Spaß machen, nur muss ich mich bei Jungsthemen erst einlesen. Mathe bis zur fünften geht. Pausenbrot schmieren, vorlesen, kaputtes Knie heilpusten, das krieg ich hin, das weiß ich. Nur wenn die Zwerge zum Martinstag gleich Laternen mit Schnickschnack wollen, wird’s echt hardcore. Aber ich versuch’s. Notfalls muss ich Ewa fragen, wenn ich’s voll verbastelt hab. Ich wette, die kann das alles. Drachen bauen. Oder ein Zelt aufstellen, damit wir mit unseren Kleinen mal im Garten schlafen können. So richtig abenteuermäßig, mit Taschenlampe und Sterne zählen, und später kuscheln wir alle zusammen und singen Schlaflieder, bis unsere Mäuse vor sich hinschnorcheln mit ihren Schmusetierchen in den Mini-Fingern und roten Ewa-Ohren und wir …«
    »Jule …«
    Jule fuhr herum. Mit Socken und Strickjacke stand ihre Süße in der Küchentür.
    »Oh. Stehst du dort … schon länger?«
    »Ja.«
    »Oh.«
    »Jule, was faselst du da?«
    »Ich … ich hab nur … weißt du, ich hab einfach …«
    »Mensch, du hast … du hast … gerade wirklich … Scheiße!« Ewa stürzte durch die Küche, schmiss die Klamotten in die Ecke und sich selbst in Jules Arme.
    Die lag gleich rücklings auf der Eckbank, niedergestreckt von ihrer Süßen, die auf ihr hing, zitterte, rettungslos losschluchzte und sie so fest an sich drückte, dass Jule Sterne sah. Selbst zwischen all den Tränen, die auf einmal ungehalten ihre Wangen hinabliefen. Warme Tränen. Schöne Sterne. Bunte Bilder im Kopf und im Herz ein weiches Gefühl von Zukunft. Ihrer Zukunft.
    Ein Gefühl von Glück …
    Geborgen in Ewas Umarmung hatte Jule die Augen geschlossen. Versunken in all den Bildern, die sich in ihrem Kopf anhäuften wie eine Lawine. Ein Leben mit Ewa. Inklusive Knirpse mit Knopfaugen und roten Ohren. Die waren da auf einmal und turnten rum, kickten mit dem Fußball eine Delle ins Cabrio und sauten Tomatensoße quer über den Tisch. Trotzdem gab es abends eine Geschichte zum Einschlafen plus Gute-Nacht-Kuss, und die Knirpse lächelten sie an. Der eine mit

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