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VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit

VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit

Titel: VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Vorderpfoten. Starker, muskulöser Rumpf.
    Ein Wolf. Männlich. Mächtig.
    Im fahlen Mondlicht konnte ich seine Färbung erkennen. Der Bauch zimtbraun. Rücken und Schwanz kohlschwarz. Weiße Schnauze.
    Ich schätzte seine Länge auf einen guten Meter, sein Gewicht auf deißig Kilo.
    Mandelförmige Augen musterten mich.
    » Ganz ruhig, großer Junge.« Ich wich einen halben Schritt zurück und ließ die Arme hängen. » Wir sind Freunde.«
    Ein zweiter Wolf erschien, dann ein dritter, beide ihrem Anführer ähnlich, nur kleiner. Ich stand ihnen von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Hi und Shelton rahmten mich ein, Chance verharrte einen Schritt weiter hinten. Wo war Ben?
    » Rechts ist noch einer«, raunte Hi.
    » Links auch«, ergänzte Shelton. » Die sind unruhig.«
    Insgesamt fünf Tiere. Ein bescheidenes Rudel.
    » Wir können zum Boot schwimmen«, schlug Chance vor. » Die mögen doch kein Wasser, oder?«
    » Was ist mit Ben?«, fragte Hi mit brüchiger Stimme.
    » Wir bleiben ganz ruhig«, sagte ich. » Wölfe greifen Menschen nicht an.«
    » Sicher?«, krächzte Hi. » Der eine starrt mich die ganze Zeit an, als wäre ich ein Leckerbissen.«
    Die Wölfe machten tatsächlich einen erregten Eindruck. Der Anführer hatte sich zwar hingesetzt, doch die anderen knurrten und schnüffelten und blickten immer wieder unruhig zum Nachthimmel empor.
    Plötzlich dämmerte es mir.
    » Der Vollmond«, flüsterte ich. » Der macht sie verrückt.«
    » Super«, wimmerte Shelton. » Der macht uns zu Hundefutter.«
    Der Anführer stand abrupt auf. Hechelte. Legte die Ohren an. Brachte den Schwanz in die Horizontale.
    Oh, oh.
    Die übrigen Tiere erstarrten.
    » Scheiße«, zischte Hi. » Wo tritt man einen angreifenden Wolf am besten hin?«
    Shelton zog mich am Arm. » Sprich mit ihnen, Hundeflüsterin. Bring sie zur Vernunft.«
    » Worüber redet ihr da?« Chance’ schweißbedecktes Gesicht glänzte im Mondlicht.
    Doch ich wusste, was Shelton meinte. Ich schaltete alle Gedanken und jeden äußeren Einfluss aus.
    Klick.
    Meine canine DNA erwachte schlagartig zum Leben. Als der Schub durch mich hindurchging, nahm die Welt eine neue Schärfe an.
    Doch etwas war anders als sonst. Diesmal war die Verwandlung wilder und ungestümer als sonst. Mein Blut schoss mit mehr Kraft als je zuvor durch meine Adern. Mein Gehirn wurde von Informationen überschwemmt.
    Das Leittier war angespannt, bellte zwei Mal und machte einen Satz auf mich zu.
    » Ich hab’s auch geschafft«, krächzte Shelton mit erstickter Stimme. » War ziemlich heftig.«
    » Ich hab auch einen Schub!«, stieß Hi aus. » Und wie! Was ist hier los?«
    Beim Anblick der nervösen Tiere ging mir ein Licht auf.
    » Der Vollmond«, flüsterte ich. » Der muss unseren Schub verstärken, unsere Wolfs- DNA aktivieren.«
    » Was redet ihr denn da für ein Zeug?« Chance konnte unsere Augen nicht sehen. » Wir sollten irgendwie zum Boot flüchten!«
    Der Leitwolf zog seine Lefzen zurück. Gefletschte Zähne glänzten im Mondlicht. Er knurrte, sträubte das Fell.
    Sei ganz behutsam.
    Der Leitwolf betrachtete uns als feindliches Rudel, das in sein Revier eingedrungen war. Er war ein Alphatier. Ich war ein Alphatier. Es war nicht wie mit Whisper, einer Wölfin, die den Kontakt zu Menschen gewohnt war. Hier hatte ich es mit einem wilden Tier zu tun, das sich bedroht fühlte und instinktiv seine Familie verteidigte.
    Zentimeter für Zentimeter bewegte ich mich nach vorn, wollte dem Wolf eine Botschaft zukommen lassen.
    Wir wollen euch nichts Böses.
    Ich spürte die unsichtbare Barriere, die meine Gedanken vom Rest der Welt trennte. Versuchte, sie einzureißen.
    Hi und Shelton waren mir nah. Ich versuchte mit aller Macht, meine Gedanken auf sie zu übertragen, doch es gelang mir nicht. Ich konnte keine Verbindung zwischen unseren Gehirnen herstellen.
    Frustriert feuerte ich meine Botschaft dem Leitwolf entgegen.
    Spürte plötzlich den Kontakt zu einem ursprünglichen, kreatürlichen Bewusstsein.
    Ein elektrischer Impuls ging durch mich hindurch, als unsere Gedanken sich vereinten.
    Wir wollen euch nichts Böses.
    Der Leitwolf trat einen Schritt zurück, hob die Schnauze und heulte. Der Rest des Rudels fiel in das Klagegeheul ein.
    Wir wollen euch nichts Böses.
    Klack.
    Ich fiel auf die Knie. Shelton neben mir zitterte. Hiram keuchte und spuckte aus.
    » Was ist passiert?« Chance schien der Panik nahe zu sein. » Seid ihr okay?«
    Ich rappelte mich mühsam auf, ohne unsere

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