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VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit

VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit

Titel: VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Richtung erstreckte.
    Auf der Insel erkannte ich jetzt einen See, der an der Flanke eines bewaldeten Hügelkamms lag und fast unmittelbar an einen Strand angrenzte, der wie ein riesiges Trümmerfeld aussah.
    Minutenlang betrachteten wir die Landschaft im Osten, ohne irgendwelche neuen Erkenntnisse zu gewinnen.
    » Hm.« Hi trat von einem Bein auf das andere. » Okay.«
    » Wir haben den Mittelteil weggelassen«, sagte Shelton. » Wir müssen irgendwie ›am Glauben festhalten‹.«
    » Und was soll das bedeuten?« Chance verschränkte die Arme.
    » Die Hinweise von Anny Bonny sind meistens ziemlich wörtlich zu verstehen«, sagte ich.
    Hi sog die Luft ein und ging zu meinem Rucksack. » Irgendwie erinnert mich das an die zweite Strophe auf der Schatzkarte, die Sache mit dem ›getreuen Diener‹.«
    » Wie meinst du das?«, fragte ich ihn.
    Hi zog die Schatzkarte heraus und rollte sie auseinander. » Mit dem ›getreuen Diener‹ hatte Anne Bonny doch diesen Hebel gemeint, den man ziehen sollte.«
    » Den Hebel, der so aussah wie Anne Bonnys Kreuz«, fuhr Shelton fort, während er sein Ohrläppchen mit doppelter Geschwindigkeit bearbeitete.
    » Und das Kreuz ist ein Symbol für den Glauben«, folgerte Ben. » Das passt doch zusammen.« Chance nahm das Kreuz aus seinem Rucksack und gab es mir.
    » Ja, das Kreuz ist der Schlüssel«, murmelte ich, » der symbolische Ausdruck ihres Glaubens. Wenn es heißt, man soll am ›Glauben festhalten‹, dann ist damit vielleicht gemeint, man soll das Kreuz festhalten.«
    » Also los, steht nicht so rum.« Shelton war Feuer und Flamme.
    » Und was sollen wir tun?«
    Niemand wusste eine Antwort.
    » Lasst uns noch mal die Anweisungen durchgehen«, sagte Ben. » Schritt für Schritt.«
    Einen Versuch ist es wert.
    » Steh auf dem Aussichtspunkt.«
    Ich stellte mich in die Mitte des Steinkreises.
    » Halte am Glauben fest.«
    Ich nahm das Kreuz in beide Hände und streckte es vor mir in die Höhe.
    » Betrachte die See.«
    Ich wandte mich nach Osten und betrachtete den Atlantik. Blieb in dieser Position stehen und blickte über die mondbeschienene Insel. Suchend. Meine Arme wurden schwer.
    » Und jetzt?«, fragte ich schließlich.
    » Fällt dir was auf?« Hi trat neben mich. » Wenn der Schatz irgendwo da unten begraben liegt, dann müsste es doch einen Hinweis geben.«
    » Falls er noch da ist«, sagte Ben. » Das Gedicht wurde vor dreihundert Jahren geschrieben.«
    » Aber hier hat sich doch nichts geändert«, entgegnete Shelton. » Null Entwicklung. Keine Häuser, keine Kanalisation, keine Fernsehkabel…«
    Ich studierte die Landschaft zu meinen Füßen. » Hi, was sehe ich da eigentlich?«
    » Jack’s Creek. Das ist so eine Art Moorsee, der sich wie eine Amöbe ausbreitet. Seichtes Wasser, das mit Sandbänken und kleinen Inselchen durchsetzt ist.«
    » Wahrscheinlich das Wohngebiet der Krokos«, mutmaßte Chance.
    » Ziemlich ungünstiger Ort, um einen Schatz zu verstecken«, sagte Ben. » Du würdest ihn nie wiederfinden.«
    » Und was ist hinter Jack’s Creek?«, wollte ich wissen. » Genau in Richtung Osten.«
    Hi warf einen Blick auf sein Smartphone. » Ein Hügelkamm, danach ein weiterer Strand.«
    » Aber ich wollte euch ja noch von meiner Intuition erzählen«, sagte Shelton.
    » Jederzeit«, entgegnete ich.
    » Wir haben uns bis jetzt an Bonnys Gedicht gehalten, aber es fehlt noch eine Zeile.«
    » Stimmt.« Ich las die letzte Zeile von Tante Tempes Übersetzung vor. » ›Ein reines Herz führt dich durch das Feld der Knochen.‹«
    » Seht ihr diesen Sandstreifen da unten?« Shelton zeigte auf den mit seltsamen Gegenständen übersäten Strand, der an den Atlantik grenzte. » Der wird Boneyard– Knochenfriedhof– genannt.«
    Ich war wie elektrisiert. » Warum?«
    » Viele Webseiten bezeichnen Boneyard Beach als die Hauptattraktion von Bull Island. Da dort so viel tote Äste und Bäume herumliegen, sieht der Strand wie ein großer Friedhof halb begrabener Riesenknochen aus.«
    » Das passt doch alles!«, rief Hi aus.
    » Aber wir wissen doch gar nicht, wo wir graben sollen«, nörgelte Chance frustriert.
    » Eigentlich sehe ich nicht, was du hier für einen Beitrag leistest«, sagte Ben. » Du bist nur am Meckern.«
    Ich mischte mich in das Gezänk nicht ein.
    Tief in meiner Hirnschale regte sich etwas. Der vage Anflug einer Erinnerung. An was? An etwas, das Shelton gesagt hatte? An das Gedicht von Anne Bonny? Aber die Ahnung weigerte sich, Gestalt

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