Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
VIRALS - Tote können nicht mehr reden - Reichs, K: VIRALS - Tote können nicht mehr reden

VIRALS - Tote können nicht mehr reden - Reichs, K: VIRALS - Tote können nicht mehr reden

Titel: VIRALS - Tote können nicht mehr reden - Reichs, K: VIRALS - Tote können nicht mehr reden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
Vom Netzwerk:
vergangener Zeiten.
    Ein einziger Blick beseitigte die letzten Zweifel.
    Die Überreste stammten fraglos von einem Menschen, der in über einem Meter Tiefe begraben worden war.
    Ich ging in die Hocke, um den Schädel näher zu betrachten.
    »Oh Gott!«
    Ich zeigte auf ein kleines Loch mitten auf der Stirn. Es war rund und scharf begrenzt.
    »Verdammt, ist das etwa ein Einschussloch?«, fragte Ben.
    »Sieht ganz so aus.« Meine Stimme zitterte leicht.
    Die Jungs sahen mir zu, wie ich das Skelett von Kopf bis Fuß begutachtete.
    »Alle anderen Knochen sind unbeschadet. Ich werde versuchen, das Geschlecht festzustellen.«
    »Wie willst du das machen?«, fragte Hi.
    Auf der Seite im Dreck liegend, betrachtete ich die rechte Beckenschaufel. »Sieht insgesamt nach einem breiten Becken
aus.« Ich drehte den Kopf, damit ich die Bauchseite sehen konnte. »Der Schambeinbereich ist länglich, und die Stelle darunter, wo sich die beiden Hälften treffen, ist wie ein U, nicht wie ein V geformt. Das alles sind weibliche Merkmale.«
    Ich rief mir einen Tipp von Tante Tempe in Erinnerung und suchte das Hüftbeinloch.Ohne das Skelett zu verschieben steckte ich meinen Daumen hinein. Dort war genug Platz, um ihn zu bewegen.
    Die Jungs stöhnten auf.
    »Seid keine Babys«, sagte ich. »Manchmal muss man ein Skelett eben auch berühren.«
    »Und?«, fragte Ben.
    »Weiblich.«
    »Wie alt war sie?« Shelton schien sich ein klein wenig beruhigt zu haben.
    Ich schob mich vor bis zum Schädel und betrachtete die Suturen, die feinen, schnörkeligen Nahtstellen zwischen den Schädelknochen. Diejenigen, die ich erkennen konnte, waren weit offen.
    Ich schaute in den Mund.
    »Gesundes Gebiss. Die Weisheitszähne sind noch nicht voll durchgebrochen.«
    Dann widmete ich mich wieder dem Torso. »Eine schmale knorpelartige Schicht an den Enden der langen Röhrenknochen verknöchert, wenn deren Wachstum beendet ist. Man nennt sie Epiphysenfuge. Diese Fuge am Oberschenkelknochen hat sich nicht ganz geschlossen. Dasselbe gilt für die Clavicula.«
    »Die was?«, fragte Ben.
    »Das Schlüsselbein«, riefen Shelton und Hi unisono.
    »Daran erkennt man, dass sie noch ziemlich jung war«, erklärte ich.

    »Wie jung?« Hi.
    »Unter zwanzig.« Ich war wie benommen.
    »So wie Katherine Heaton«, flüsterte Shelton.
    Dem Skelett einen Namen zu geben, machte die Tragödie sehr real. Dies war kein Experiment, kein Abenteuer für ein paar junge Wissenschaftsfreaks. Ich kniete in dem einsamen, anonymen Grab einer jungen Frau.
    Einer Jugendlichen, die vor langer Zeit ermordet, begraben und vergessen worden war.
    »Rufen wir die Polizei.« His Stimme war todernst.
    Ich nickte. »Es dämmert schon. Mach so viele Fotos wie du kannst, bevor es dunkel wird.«
    Ben, Shelton und ich suchten unsere Werkzeuge zusammen. Als ich einen Spatel vom Boden aufhob, hörte ich leises Klirren.
    Ich wusste sofort, um was es sich handelte.
    Während ich mir die Erde von den Fingern wischte, sah ich, was ich mit meinem Spatel berührt hatte.
    »Um Gottes willen!«
    Alle drehten sich zu mir um.
    »Damit schließt sich der Kreis.« Ich hielt mein Fundstück in die Höhe. Es glänzte in den letzten rötlichen Strahlen der untergehenden Sonne.
    Eine zweite Erkennungsmarke, identisch mit der in meiner Tasche.
    Leserlich.
    Francis P. Heaton.
    Das letzte Tageslicht nahm eine graue Färbung an.
    Am liebsten hätte ich losgeheult. Alle Schleusen geöffnet und mir die Augen aus dem Kopf geweint. Aber das kam nicht infrage. Niemals.
    Ich presste die Kiefer aufeinander und wischte mir mit dem
Handrücken eine Träne von der Wange. Ich fügte die Erkennungsmarke meinem wieder verschließbaren Plastikbeutel hinzu und verstaute die anderen Sachen in meinem Seesack. Stöcke, Leine, Schaufeln, Spatel.
    Die Jungs waren so unbeholfen, wie Jungs eben sind, wenn sie mit weiblichen Gefühlen konfrontiert werden. Da sie nicht wussten, was sie sagen oder wie sie reagieren sollten, ignorierten sie mich einfach.
    Tiefe Trauer erfüllte mich. Katherine Heaton war tot. Ich hatte ihr Skelett ausgegraben. Happyend ausgeschlossen.
    Unvermeidlich verwandelte sich meine Trauer in Wut und verhärtete sich zu einem Entschluss.
    Das Verbrechen war ein Faktum. Es handelte sich um einen widerwärtigen Mord. Jetzt war es an der Zeit, den Mörder zu finden.
    In Gedanken sprach ich mit Katherine, legte einen stummen Eid ab. Irgendjemand wird für diese Schandtat bezahlen. Vier Jahrzehnte machten keinen Unterschied. Der

Weitere Kostenlose Bücher