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Virga 01 - Planet der Sonnen

Titel: Virga 01 - Planet der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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Fanning-Vorfahren drohend auf ihn herab; die Schreie, das Dröhnen in der Ferne, all das verlieh der Nacht eine Atmosphäre von Unwirklichkeit. Hayden überholte mehrere Personen auf der Treppe, darunter einen Flottenattaché; sie übersahen ihn alle. Als er den Treppenabsatz zum zweiten Stock erreichte, hörte er aus dem Büro des Admirals leises Gemurmel. Fanning war also doch da.
    Aber er war nicht allein. Die Tür war angelehnt. Hayden blieb davor stehen. Fanning sprach mit jemandem, leise und in schneidigem Ton. Hayden fiel plötzlich ein, dass er genau da war, wo Miles und die anderen Angehörigen der Widerstandsbewegung ihn hätten haben wollen, wenn er sich ihnen angeschlossen hätte. Dann schoss ihm der verwegene Plan durch den Kopf, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Vielleicht könnte er Fanning töten, lebend entkommen und mit strategisch wichtigen Informationen zu Miles zurückkehren. Also lauschte er.
    »… will das alles nicht glauben. Er wird mit dem Alter viel zu vertrauensselig.« Hayden erkannte Fannings Stimme, die er bisher immer nur durch geschlossene Türen gehört hatte. Redete der Admiral nur mit einer Person, oder hielt er da drin eine Besprechung
mit dem ganzen Stab ab? Hayden fand keine Position, von der aus er unbemerkt durch den Türspalt hätte spähen können.
    »Aber wir haben klare Befehle«, ließ sich ein anderer Mann vernehmen. »Wir sollen unverzüglich mit der Zweiten Flotte nach Mavery fliegen und dort reinen Tisch machen.«
    »Wir brauchen die Zweite Flotte nicht, um Mavery auszulöschen«, sagte Fanning verächtlich. »Und das weiß auch der Alte. Er fürchtet, die Ersten Familien könnten sich auf meine Seite schlagen und der Flotte befehlen, sich diese Konzentration von Schiffen im Sargassum näher anzusehen. Wenn er uns alle nach Mavery schickt, ist das nicht möglich.«
    »Er hält die Flotte im Sargassum nicht für eine Bedrohung?«
    »Er glaubt nicht, dass sie real ist.« Hayden hörte Papiere rascheln. »Gut. Hier sind die Befehle.«
    Stille trat ein, dann hörte Hayden, wie der zweite Mann zischend die Luft einzog. »Das kann nicht Ihr Ernst sein.«
    »Oh doch. Wir werden tun, was der Alte will und Mavery angreifen. Aber ich werde den Teufel tun und im Luftraum hocken, um eine zweitrangige Provinz zu beschäftigen, während jemand anderer mit wehenden Fahnen gegen Rush marschiert.«
    »Aber … aber bis wir so weit sind…«
    »Die Sargassum-Flotte ist noch nicht bereit. Das kann man den Fotos entnehmen. Und wir werden Mavery auch nicht im Handumdrehen niederwerfen; es dauert mindestens zwei Monate, bis die Kämpfe so weit gediehen sind, dass wir nicht mehr abziehen können,
und wer immer hinter der Sache steckt, weiß auch, dass er so lange warten muss. Wir haben Zeit.«
    Der andere murmelte vor sich hin, dann nahm er sich offenbar zusammen. »Es ist ein waghalsiger Plan, Admiral, aber … er hat seine eigene Logik.«
    »Gut. Dann machen Sie sich an die Arbeit, Kapitän. Ich stoße zu Ihnen, wenn die Vorarbeiten hier abgeschlossen sind.«
    Hayden sprang in den nächsten Wäscheschrank und konnte gerade noch die Tür zuziehen, als auch schon ein Flottenkapitän in voller Paradeuniform Fannings Büro verließ und die Treppe hinunterstieg.
    Sobald er fort war, schlüpfte Hayden aus dem Schrank und schlich zur Tür des Büros. Er war sicher, dass sich außer Fanning jetzt niemand mehr darin aufhielt. Sein Mund war trocken, und der Herzschlag dröhnte ihm in den Ohren, während er sich für die Tat wappnete, die er zu vollbringen hatte. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde er die Nacht nicht überleben, aber er hatte eine Schuld zu begleichen.
    »Da sind Sie ja!«
    Er riss die Hand von der Klinke zurück, als hätte er sich daran verbrannt, und drehte sich um. Venera Fanning stand oben an der Treppe. Sie hatte eine Hand in die Hüfte gestemmt und sah ihn wie üblich strafend an. Sie trug Hosen wie für eine Reise und hatte sich einen Rucksack über die Schulter gehängt.
    »Ich brauche einen guten Chauffeur«, sagte sie und ging auf ihn zu. »Und außer Ihnen kenne ich niemanden, der auch außerhalb eines Flugwagens zurechtkommt.«
    »Äh … vielen Dank, gnädige Frau!«

    »Warten Sie hier.« Sie rauschte an ihm vorbei ins Büro und ließ die Tür weit offen. So konnte Hayden zum ersten Mal einen Blick in Fannings Arbeitsraum werfen. Seine Erwartungen wurden enttäuscht. Es herrschte ein heilloses Durcheinander. Regale unterschiedlicher Machart bedeckten alle

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