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Virga 01 - Planet der Sonnen

Titel: Virga 01 - Planet der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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Füße noch eine und noch eine Stufe tiefer, und dann drehte er sich um und rannte die Treppe hinunter, als hätte er tatsächlich ein anderes Ziel. Irgendwann kam er an dem Foto von Fanning mit der Abschlussklasse vorbei. Er blieb stehen und starrte das Datum an, das dort geschrieben stand, bis sich eine Hand auf seine Schulter legte und jemand seinen Namen sprach.
    Als er sich an dem anderen Diener vorbeidrängte, begann sich die Welt um ihn zu drehen - und als er wieder zu sich kam, kniete er in einer der Dienstbotentoiletten und übergab sich heftig in das Becken.

5
    Admiral Chaison Fanning zog sich Hand über Hand das Andockseil hinauf und landete mit einem perfekten Freifall-Salto auf dem Achterdeck der Krähe . Er hatte das Manöver als jüngerer Mann ebenso oft geübt wie das Tragen der Admiralitätsuniform mit präzise zurechtgezogener Jacke, fleckenlos gewienerten zehenfreien Stiefeln und sauberen, manikürten Zehennägeln. Die Männer suchten auf jedem nur denkbaren Gebiet nach Schwächen - die einen konnten keinem Mann mit dünner Stimme folgen, andere konnten keinen Offizier respektieren, der nicht gelegentlich lächelte. Manchmal kam es ihm vor, als hätte er in den letzten zwanzig Jahren sechzig verschiedene Rollen zu spielen gelernt, für jede Sprosse auf der Karriereleiter eine eigene.
    Wenn man einen Hafen verließ, hatte das in einem ganz bestimmten Stil zu geschehen; es galt, den Fliegern Vertrauen und Sicherheit einzuflößen, damit sie nicht zurückschauten und seine Befehle widerspruchslos befolgten.
    Die Krähe war nicht das Flaggschiff der Flotte. Sie war ein mittelgroßer Kreuzer, der erste Alterserscheinungen zeigte und vor etlichen Jahren überholt worden war, um Slipstreams schrumpfende Winterflotte
zu verstärken. Dennoch war sie ein gutes Schiff: dreißig Meter lang, etwa zehn Meter im Durchmesser, von zylindrischer Grundform, aber mit geschwungenen Enden, die in bedrohlich spitzen Rammspornen ausliefen. Um den dicken Holzrumpf zogen sich Luken und Geschützpforten, durch die man je nach Bedarf Gewehre, Raketenwerfer, Bremssegel oder Meuterer schieben konnte. Viele der Luken standen offen, solange das Schiff noch vor den drei Kilometer von der Admiralität entfernten Andockgerüsten schwebte. Die Sonne stand hinter den Dockanlagen, so dass deren vergitterte Laufstege langgezogene Schattenkurven auf den bernsteinfarbenen Schiffsrumpf zeichneten, während einzelne Lichtzungen willkürlich irgendein Detail der Innenausstattung beleuchteten. Das Schiff war im Innern in viele ineinandergreifende Zellen unterteilt. Deren Wände bestanden meist aus Holzgittern, durch die man Männer bei der Arbeit oder die braunen Seitenwände von fest verzurrten Kisten unter braunen Planen sehen konnte. Einige der Zellen wie etwa die Waffenkammer und das Raketenmagazin waren riesige Metallklötze. Und zum Bug des Schiffes hin, gleich hinter der Brücke, drehte sich träge eine Trainingszentrifuge. Ihre rotierenden Seiten wirkten wie ein Mandala aus Bekanntmachungen der Admiralität, Holzwänden und Leitungsrohren. Die Männer waren verpflichtet, jeden Tag ein paar Stunden in der Zentrifuge zu verbringen, und das würde auch Fanning tun; niemand sollte auf dieser Reise seine Trainingsform verlieren.
    Kapitän John Sembry salutierte dem Admiral. Seine Mannschaft schwebte hinter ihm im Luftraum, alle
Zehen schauten exakt in die gleiche Richtung. »Das Schiff ist bereit zum Auslaufen, Sir«, verkündete Sembry.
    Chaison vergewisserte sich mit einem raschen Blick, dass alles an Ort und Stelle war und die Männer fleißig arbeiteten - oder sich zumindest diesen Anschein gaben. Wenn wirklich alles bereit war, genügte Letzteres. »Sehr schön, Kapitän. Ich bin auf der Brücke. Weitermachen.« Er drehte sich um und zog sich Hand über Hand durch einen schmalen Gang unter der Zentrifuge in Richtung Bug.
    Auf dem Weg zur Brücke warf er einen Blick in seine Kabine. Venera war nicht da. Ihr Gepäck auch nicht. Wütend setzte er den Weg fort, bis er den zylinderförmigen Raum gleich hinter der vorderen Raketenbatterie erreichte. Navigator und Steuermann warteten schon und sahen ihn fragend an. Sie hatten ihre Befehle noch nicht erhalten und rechneten mit der Anweisung, Kurs auf Mavery zu nehmen. Er würde ihnen eine Überraschung bereiten.
    Aber wohl noch nicht gleich. »Wo ist sie?«, fragte er einen Maat. Der Mann nahm Haltung an und schwebte langsam von seinem Posten weg nach oben.
    »Telegraf hat gemeldet, sie sei

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